Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
Bei der Ermittlung der Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers ist das Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorrangig zu berücksichtigen.
Welche Personen zur Bedarfsgemeinschaft zählen, regelt § 7 Abs. 3 SGB II
(Norm im Anhang zitiert). Nach § 7 Abs.3 SGB II
gehört u.a. zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einstehen zu wollen. Maßgeblich ist somit eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Zwischen den Partnern muss eine so enge Bindung bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann.
Mittlerweile hat der Gesetzgeber in § 7 Abs.3a SBG II festgelegt, bei welchen Voraussetzungen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft vermutet wird. Für eine solche Vermutung ist erforderlich, dass
1. der Hilfsbedürftige seit länger als einem Jahr mit dem Partner zusammenlebt oder
2. befugt ist über das Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen oder
3. wenn die Partner mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben oder
4. Kinder bzw. Angehörige im Haushalt versorgen.
Bei Vorliegen einer dieser Voraussetzungen wird eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vermutet.
Bereits dem Wortlaut des § 7 Abs.3 SGB II
ist zu entnehmen, dass bei getrennten Wohnungen eine eheähnliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht angenommen werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg 21.06.2006 - L 29 B 314/06 AS ER
). Durch das Erfordernis des „Zusammenlebens“ der Partner „in einem gemeinsamen Haushalt“ wird der Regelungsbereich in räumlicher Hinsicht näher bestimmt. Der Gesetzgeber grenzt damit solche Beziehungen aus, welche räumlich voneinander entfernt geführt werden und nicht über einen gemeinsamen Haushalt verfügen (vgl. Sozialgericht Aurich, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: S 25 AS 326/06 ER).
Zudem bedarf es für die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft auch grundsätzlich einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft (LSG Hessen 24.07.2006 - L7 86/06 ER).
Für Ihren Fall gilt aufgrund des vorhergesagten Folgendes:
Da Sie derzeit knapp ein Jahr mit Ihrer neuen Partnerin zusammen sind, haben Sie zwar die zeitliche Voraussetzungen für eine Vermutung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft erfüllt. Das räumliche Erfordernis eines gemeinsamen Haushaltes ist jedoch aufgrund der getrennten Wohnungen nicht gegeben. Dass Sie mit Ihrer Partnerin ein gemeinsames Kind haben werden, ist zudem kein zwingendes Indiz für eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II.
Selbst wenn die gesetzliche Vermutung nicht greift bleibt jedoch grundsätzlich zu berücksichtigen, dass bei bestimmten Umständen eine eheähnliche Lebensgemeinschaft angenommen werden kann. Hierbei ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich. Diese Umstände sind jedoch grundsätzlich von der Behörde zu ermitteln und ggf. nachzuweisen. Aufgrund des Wortlautes ist meines Erachtens aber auch hier eine Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich (so auch das Sozialgericht Aurich, s.o.). Insofern kann auch bei mehrmaligen Übernachten Ihrerseits in der Wohnung Ihrer Partnerin eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II nicht angenommen werden, sofern Ihr Lebensmittelpunkt immer noch in der eigenen Wohnung ist.
Gegen die Annahme der Bedarfsgemeinschaft spricht zudem, dass Sie auch getrennte Konten und Haushaltskassen haben, so dass auch eine Wirtschaftsgemeinschaft nicht gegeben ist.
Abschließend möchte ich Sie noch auf Folgendes hinzuweisen: Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Doreen Krüger
Rechtsanwältin
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§ 7 SGB II
[…]
(3)
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
3. als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
a) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c) eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen
[…]
(3a)
Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
1. länger als ein Jahr zusammenleben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
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Antwort
vonRechtsanwältin Doreen Bastian
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