Mein Vater ist sehr schwer erkrankt und es kann nach ärztlicher Einschätzung in der nächsten Zeit die Frage der Erbschaft akut sein. Mein Vater hat nebst den Ersparnissen einige Schulden gebaut. Er hat mir auch eine Vollmacht erteilt, wo unter anderem steht, dass ich
- über Vermögensgegenstände jeder Art verfügen darf;
- Verbindlichkeiten eingehen darf;
- Willenserklärungen bzgl. den Konten abgeben darf.
Frage 1.: wenn ich als Bevollmächtigte meinen Vater vertrete, auf meine Erbschaft aber verzichte könnten desto trotz mir die Ersatzansprüche angemeldet werden? Also werde ich in dieser Situation die Schulden meines Vaters mit übernehmen?
Frage 2.: Meine Mutter (Frau meines Vaters) hat Anspruch auf Witwerente. Gibt es für sie ebenso ein Gefahr, dass mit dem Antragstellen die Schulden meines Vaters automatisch mitübernommen werden könnten?
gemäß § 164 BGB
wirken Erklärungen die in fremdem Namen abgegeben werden immer nur für und gegen den Vertretenen.
Zitat:
§ 164 - Wirkung der Erklärung des Vertreters
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
Soweit Sie also dem jeweiligen Gegenüber die Vollmacht anzeigen und ein Geschäft für Ihren Vater abschließen müssen Sie hier keine persönliche Haftung befürchten, auch nicht wenn einmal der Erbfall eintritt. Wenn Sie dann das Erbe wegen Überschuldung ausschlagen wollen sind ggf. auch die Schulden erfasst, die Sie im Namen Ihres Vater aufgenommen haben.
Persönlich würden Sie nur bei einem Missbrauch der Vollmacht haften oder wenn Sie nicht ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie im Namen Ihres Vater handeln.
Wegen der möglichen Witwenrente Ihrer Mutter brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, diese wird unabhängig davon gewährt, ob die Erbschaft ausgeschlagen wird oder nicht. Ihre Mutter muss dann auch nicht von der Witwenrente die Schulden Ihres Vaters bezahlen.
Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke
Rückfrage vom Fragesteller12. Januar 2021 | 11:15
Sehr geehrter Herr Fricke,
vielen Dank für Ihre Antwort sowie für die ausführliche Beschreibung zu dem Vorgehen!
ich habe eine Nachfrage und zwar: es ist leider der Erbfall bei mir aufgetreten (mein Vater ist gestorben) und ich mein Wunsch auf den Erbschaftsausschlag bei dem zuständigen Standesamt gemeldet habe. Ich befürchte aber, dass ich dabei auf die Fristen nicht aufgepasst habe, könnten Sie mir bestätigen, ob ich immer noch das habe, mich auszuschlagen:
- mein Vater ist am 16.10.2020 gestorben, ich wurde von dem zuständigen Krankenhaus sofort informiert.
- die offizielle Sterbeurkunde habe ich am 21.11.2020 erhalten.
- ich habe mich am 29.12.2020 bei dem Standesamt meines Wohnortes telefonisch gemeldet, mein Wunsch geäußert und einen Termin zum 15.01.2021 zwecks der Abstimmung zum weiteren Vorgehen vereinbart.
telefonisch wurde mir mitgeteilt, dass ich höchstwahrscheinlich schon außer Frist bin, da die unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Sterbefalls beginnt, und nicht nach der offizieller Erteilung der Sterbeurkunde.
Für Ihre Rückmeldung bin ich dankbar und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt12. Januar 2021 | 13:00
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst einmal mein herzliches Beileid.
Eigentlich ist die Ausschlagung innerhalb von 6 Wochen nach dem Todesfall (oder zumindest dessen Bekanntwerden) beim Nachlassgericht zu erklären, das Standesamt kann diese nicht wirksam entgegennehmen und außerhalb der Frist sind Sie auch.
Sie können aber die Annahme der Erbschaft anfechten weil Sie sich über die Werthaltigkeit getäuscht haben. Dazu sollten Sie jetzt aber besser einen Anwalt vor Ort aufsuchen und diesen damit beauftragen. Wenn die Anfechtung nicht funktioniert würden Sie dann ansonsten die Schulden erben und wenn die Anfechtungserklärung nicht korrekt und stichhaltig ist würde das Gericht diese nicht anerkennen.