Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Dies vorausgeschickt wird das Folgende ausgeführt:
1.
Ich unterstelle, dass Ihre Tante im Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung voll geschäftsfähig gewesen ist, so dass unter diesem Gesichtspunkt die Verfügung rechtlich unbedenklich ist.
Das gemeinschaftliche Testament spricht auch nicht dagegen, da Ihre Tante im Januar 1998 den Status der Alleinerbin inne hatte, so dass die Verfügung insgesamt nicht zu beanstanden ist.
2.
Jeder vom Vormundschaftsgericht eingesetzte Betreuer ist verpflichtet, das zum Vermögen des Betreuten gehörende Geld mündelsicher anzulegen (vgl. §§ 1806
, 1807 BGB
).
Vor diesem Hintergrund war die Betreuerin verpflichtet, das Aktienpaket aufzulösen und das aus dem Verkauf stammende Geld wieder mündelsicher anzulegen.
Die Verfügung Ihrer Tante konnte von der Betreuerin nur angefochten werden, wenn Ihre Tante im Zeitpunkt der Willenserklärung nicht mehr geschäftsfähig gewesen ist. Anhaltspunkte liegen hierfür nicht vor, da der Ankauf der Aktien im Januar 1998, demnach weit vor Einrichtung der gesetzlichen Betreuung stattgefunden hat.
3.
Hier wäre zu prüfen, ob nicht die gesetzliche Betreuerin verpflichtet gewesen ist, das Guthaben aus den verkauften Aktien mündelsicher anzulegen. Dies hängt im Wesentlichen auch von der Höhe des Erlöses ab.
Selbst wenn man in der Verfügung Ihrer Tante eine Schenkung sehen wollte, könnte dieser Anspruch wegen der eingetretenen Verjährung nicht durchgesetzt werden.
4.
Nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage wäre dies nicht zulässig. Die Schwester Ihrer Tante müsste darlegen und beweisen, dass Sie einen Anspruch auf den Wert des Aktienpaketes hat.
5.+6.
Eine Anzeige- bzw. Informationspflicht der Bank ist hier nicht anzunehmen.
Die Verfügungsberechtigung der Schwester Ihrer Tante sollte ja erst nach deren Ableben wirksam sein.
Regressansprüche gegenüber der Bank scheiden nach meiner Auffassung aus.
Ein Regressanspruch käme allenfalls gegen die Betreuerin in Betracht, wenn der Verkauf der Aktien überhaupt nicht notwendig gewesen ist. Dies könnte aber nur dann angenommen werden, wenn es sich um konservative Anlagen gehandelt hat, bei denen keine schwerwiegenden Verluste eintreten konnten.
Diese Frage kann hier aber nicht abschließend beurteilt werden, da insoweit die positive Kenntnis des gesamten Sachverhalts fehlt.
Die Schwester Ihrer Tante sollte aber jedenfalls Einsicht in die Betreuungsakte beantragen. Dies ist ohne Weiteres möglich, da sie insoweit als Miterbin ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann.
Sie sollten sich in jedem Fall von einem im Erbrecht tätigen Kollegen vertreten lassen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Für eine kostenlose Rückfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Die moderne Kommunikation ermöglicht insoweit auch die Überbrückung größerer Entfernungen.
Antwort
vonRechtsanwalt Karlheinz Roth
Hauptstraße 16 a
25488 Holm
Tel: 04103/9236623
Web: https://www.kanzlei-roth.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Karlheinz Roth
Danke für die prompte und aufschlussreiche Stellungnahme. Zur Abrundung der Situation hätte ich noch eine Nachfrage:
Ad 2: Hätte die Betreuerin den aus dem Verkauf des Aktienpakets stammenden Erlös nicht nur mündelsicher anlegen müssen, sondern gemäß der seinerzeitigen Willenserklärung der betreuten Tante auch diese Verfügung, letztlich Schenkung, wieder berücksichtigen müssen. Denn diese Willenserklärung wurde ja auch beim Ankauf des Aktienpakets schriftlich mit Namens- und Adressnennung der begünstigten Schwester im Wertpapier-Ankaufsschein der Bank schriftlich festgehalten.
Ad3: Ich vermute die Wertpapiere wurden 2001 oder 2002 verkauft, wäre damit eine Schenkung im Jahr 2009 bereits verjährt?
Ad4: Ist die schriftliche Verfügung auf dem Wertpapier-Ankaufsschein nicht ein ausreichender Beweis, dass ihr dieses Aktienpaket bzw. der entsprechende Geldwert nach dem Tod der Tante zusteht?
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihren Nachtrag.
Ad 2:
Das wäre nach meiner Ansicht nur dann der Fall gewesen, wenn Ihre Tante auch den Fall einer gesetzlichen Betreuung bedacht hätte und für diesen Fall bestimmt hätte, dass die Verfügung von der Betreuerin zu beachten gewesen wäre.
Von einer derartigen Konstellation haben Sie aber nichts berichtet.
Ad 3:
Bei einer Schenkung gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren.
Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (31.12.1998) und der Gläubiger (Schwester Ihrer Tante) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (Erblasserin) Kenntnis erlangt hat.
Hier wäre konkret zu prüfen, wann Ihre Schwester davon erfahren hat, dass nach dem Tod Ihrer Tante über das in Rede stehende Aktienpaket verfügen soll.
Ad 4:
Diese Auffassung lässt sich in juristischer Hinsicht durchaus hören. Allerdings bedarf es der Auslegung, was die Erblasserin mit der Verfügungsberechtigung tatsächlich gemeint hat.
Sollten die Aktien der Schwester unentgeltlich zugewendet werden oder sollte sie für alle in Betracht kommenden Erben hierüber bis zur Auseinandersetzung verfügen ?
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst eine orientierende Hilfe geben konnte.
Für eine abschließende Beurteilung mögen Sie aber bitte noch einen Kollegen mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen
K. Roth
- Rechtsanwalt -
info@kanzlei-roth.de
www.kanzlei-roth.de