Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz, dass wirksam geschlossene Verträge einzuhalten sind. Wenn Sie einen Betreuungsvertrag mit der Tagesmutter über einen längeren Zeitraum abgeschlossen haben, haben Sie daher grundsätzlich auch das vereinbarte Entgelt hierfür zu zahlen. Die von Ihnen zitierten Klauseln würde ich daher auch nicht als Vertragsstrafe einstufen, sondern als Ausschluss der Kündigung vor Betreuungsbeginn. Aufgrund der 8-wöchigen Kündigungsfrist würde die Kündigung daher erst zwei Monate nach Betreuungsbeginn wirksam werden, und für diese zwei Monate fordert die Tagesmutter das entsprechende Entgelt. Eine zweimonatige Kündigungsfrist wurde bei einem Betreuungsvertrag höchstrichterlich für zulässig erklärt, BGH, Urteil vom 18. Februar 2016 - Az. III ZR 126/15
.
Allerdings können Sie sich ggf. trotzdem gegen die Forderung wehren. In Betracht käme eine fristlose Kündigung gemäß § 627 BGB
. Die Betreuung durch eine spezielle Tagesmutter kann als Dienst höherer Art eingestuft werden. Entscheidend ist, ob ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen geschlossen wurde - dann wäre § 627 BGB
nicht einschlägig. Wurde der Vertrag zu einem festen Monatsgehalt für länger als ein Jahr abgeschlossen, wäre ein Berufen auf § 627 BGB
schwierig.
Es bliebe dann noch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB
, wenn die Betreuungsleistung in der Probephase mangelhaft war.
War eine fristlose Kündigung nicht möglich, befinden Sie sich mit Beginn der vereinbarten Betreuung im Annahmeverzug, wenn Sie Ihr Kind nicht zur Tagesmutter geben, und die Tagesmutter dürfte die vereinbarte Vergütung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist verlangen. Allerdings muss sie sich gemäß § 615 Satz 2 BGB
auf ihren Vergütungsanspruch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was sie infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Schuldete die Tagesmutter gemäß Vertrag z.B. auch Verpflegung, muss sie diese gesparten Kosten von der Vergütung abziehen. Wenn der Platz bis zum Betreuungsbeginn neu besetzt wird, muss sie sich die daraus resultierenden Einnahmen anrechnen lassen - dies kann dazu führen, dass ihr Vergütungsanspruch Ihnen gegenüber komplett erlischt. Eine einseitig vorformulierte Klausel im Betreuungsvertrag, die der Tagesmutter auch bei Neubesetzung des Platzes die volle Vergütung zusprechen würde, wäre wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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