Sehr geehrte Fragesteller,
vielen Dank für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Verbindlichkeiten aller Art können grundsätzlich durch ein Strafversprechen gesichert werden. Insbesondere in Verträgen über eine freie Mitarbeit ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe üblich. Was die Wirksamkeit des Vertragsstrafeversprechens angeht, so müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Die Vertragsstrafenklausel ist im Falle eines Formularvertrages mit besonderem Hinweis zu versehen und darf nicht ohne Hervorhebung oder unter falscher oder missverständlicher Überschrift vereinbart werden, da sonst eine sogenannte überraschende Klausel vorliegt.
2. Die Höhe der Vertragsstrafe soll nach billigem Ermessen festgesetzt werden, wobei zumindest eine Obergrenze im Vertrag festzulegen ist. Für die Angemessenheit der Strafe sind alle Umstände des Verwirkungstatbestandes maßgebend, insbesondere das Interesse des Gläubigers, das er an der Durchsetzung der Verpflichtung hat, und das verhältnismäßige Gewicht des Verstoßes gegenüber der mit der Strafe beabsichtigten Wirkung. Das bloße Fehlen eines Schadens im Einzelfall ist nicht entscheidend. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners ist bedeutungsvoll, aber nicht allein ausschlaggebend. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist neben Ihrem erheblichen wirtschaftlichen Interesse an der Rückgabe der Projektunterlagen ggf. auch die Auftragssumme zu berücksichtigen. Nach meiner ersten Einschätzung dürfte die Summe von EUR 2.500,- jedoch die Grenze der Unverhältnismäßigkeit nicht überschreiten.
Nachdem mit der Vertragsstrafenklausel beabsichtigt ist, dass die freien Mitarbeiter die ihnen überlassenen Materialien nach Abschluss des Projekts herausgeben, sollte die Bedingungen für die Rückgabeverpflichtung auch hieran geknüpft werden. Ich schlage daher folgende Formulierung vor: „Unterlagen, die der Auftragnehmer im Rahmen seiner freien Mitarbeit erhalten hat, sind von ihm sorgfältig und gegen die Einsichtnahme Dritter geschützt aufzubewahren. Nach Beendigung der freien Mitarbeit an dem Projekt auf das sie sich beziehen und für die der Auftragnehmer sie benötigt hat, spätestens jedoch mit Beendigung der freien Mitarbeit sind die Unterlagen an den Auftraggeber zurückzugeben. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ist ausgeschlossen. Für jeden Fall der schuldhaften Verletzung dieser Verpflichtungen wird eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500,- vereinbart. Weitergehender Schadensersatz sowie die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bleiben vorbehalten.“
Die Fälligkeit der Rückgabeverpflichtung tritt hiernach mit der Beendigung des Projekts bzw. der Beendigung der freien Mitarbeit ein. Da die Verwirkung der Vertragsstrafe nach § 339 BGB
den Eintritt des Verzuges voraussetzt, müssen Sie den säumigen freien Mitarbeiter hiernach schriftlich auffordern, die Unterlagen innerhalb von z.B. 7 Tagen (nach Zugang der Aufforderung) zurückzugeben. Das Schreiben sollten Sie aus Beweisgründen per Einschreiben und Rückschein versenden. Kommt der (ehemalige) freie Mitarbeiter dieser Aufforderung nicht nach, sind die Verzugsvoraussetzungen nach § 286 BGB
erfüllt, so dass die gerichtliche Durchsetzung der Vertragsstrafe erfolgversprechend sein wird. Sie können entweder das gerichtliche Mahnverfahren einleiten - dies ist dann sinnvoll, wenn nicht zu erwarten ist, dass der freie Mitarbeiter hiergegen Widerspruch einlegt – oder Sie erheben sogleich eine Zahlungsklage.
Nach der von Ihnen zitierten Klausel ist die Rückgabeverpflichtung erst nach 7 Tage nach Ihrem Aufforderungsschreiben fällig, so dass hiernach zusätzlich die Verzugsvoraussetzungen geschaffen werden müssen. Würde die Vertragsstrafe ohne eine weitere Mahnung (im Sinne des § 286 BGB
) eingeklagt werden, werden folglich die Voraussetzungen des § 339 BGB
nicht vorliegen. Bestehende Verträge mit der von Ihnen zitierten Vertragsstrafeklausel könnten im Wege einer Vertragsänderung „berichtigt“ werden.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 13.12.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Sehr geehrte Frau Petry-Berger,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Wenn ich Sie richtig verstehe, dann müssen wir - wegen der jetzigen Gestaltung der Vereinbarung - nach der Aufforderung zur Herausgabe der Unterlagen zusätzlich noch mahnen, damit Verzug begründet wird.
Um das Verfahren bis zur möglichen Umgestaltung unserer Vereinbarungen abzukürzen, könnten wir aber doch im Moment auch den gerichtlichen Mahnbescheid als "Mahnung" für uns nutzen oder wäre das auch erst bei bereis eingetretenem Verzug möglich? Meine Überlegung hierbei ist, dass wir durch den Mahnbescheid gleich die Mahnung haben und bei einem Widerspruch dann ohnehin zur Klage übergehen können. Vielleicht gibt es ja sogar keine Widerspruch, so dass dies weiterhin von Vorteil wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
im Wege des Mahnverfahrens kann nur ein Zahlungsanspruch geltend gemacht werden, der bereits entstanden ist. Der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe setzt nach § 339 Satz 1 BGB
voraus, dass sich der Schuldner in Verzug befindet. Dies bedeutet, dass der Anspruch erst mit Eintritt des Verzuges entsteht. Sie werden daher das Mahnverfahren nicht - wie beabsichtigt - für sich nutzen können. Vielmehr werden Sie den Schuldner bei bestehenden Verträgen, denen die von Ihnen zitierte Klausel zugrunde liegt, erst in Verzug setzen müssen und können hiernach das Mahnverfahren einleiten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger