Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Frage 1:
Ob der Beherbergungsbetrieb zur Bewertung des Gebiets miteinbezogen werden kann oder muss, hängt davon ab, ob die Wohngebäude und der Beherbeegungsbetrieb optisch und funktional eine Bebauung "im Zusammenhang" bilden.
Sie beschreiben die Situation so, dass sich das kleine Hotel "an der nördlichen linken Ecke" des Wohngebiets befindet, also noch Bestandteil desselben ist. Auch unterscheidet es sich äußerlich nicht vo der übrigen Bebauung. Damit ist es Teil eines im Zusammenhang bebauten Gebiets, das für dessen Einstufung mitheranzuziehen ist.
Dies gilt auch dann, wenn die Lärm-Immissionen nicht bis zum Hotel reichen.
Frage 2:
Nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO
können in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise zugelassen werden "kleine Betriebe des Beherbungsgewerbes" und "Läden (...), die zur Deckung des täglichen Bedarfs der Bewohner dienen".
Ein kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes (6 Zimmer mit 12 Betten) mit angeschlossenem Restaurant führt deshalb nicht dazu, dass aus einem reinen ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO
wird. Das Verwaltungsgericht Schwerin geht unter Verweis auf das rechtswissenschaftliche Schrifttum davon aus, dass ein Beherbergungsbetrieb von sechs Zimmern mit 12 Betten noch ein kleiner Beherbergungsbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO
, § 34 Abs. 2 BauGB
darstellt (Urteil vom 20.12.2012 - Aktenzeichen: 2 A 1577/10
; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 3 Rn. 19.3; Stange, BauNVO, 2010, § 3 Rn. 51, jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem Betrieb um den ersten seiner Art handelt, der damit für das Gebiet nicht prägend ist.
Problematisch ist allerdings das Restaurant, das sich in dem Hotel befindet. Schank- und Speisegaststätten sind in einem reinen Wohngebiet nicht einmal ausnahmsweise zulässig und führen zu seiner Einstufung als allgemeines Wohngebiet (OVG Berlin, Beschluss vom 05.12.2003, Aktenzeichen: 2 S 30.03
).
In dem vom VG Schwerin entschiedenen Fall handelte es sich um eine Frühstückspension.
Im Ergebnis dürfte die Entscheidung des Kreisrechtsausschusses zutreffend sein, dass sich durch das Retaurant das reine Wohngebiet in ein allgemeines Wohngebiet umwandelt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt
Wenn ich zu Frage 2 geschrieben habe "Ein kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes (6 Zimmer mit 12 Betten) mit angeschlossenem Restaurant führt deshalb nicht dazu, dass aus einem reinen ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO wird.", ging ich zuerst davon aus, dass ein Restaurant, das nur der Versorgung der Hotelgäste und der Einwohner des Wohngebiets dient, unschädlich ist. Je mehr ich jedoch die Rechtsprechung durchgesehen habe, kann ich dies nicht aufrecht erhalten. Die Rechtsprechung ist wirklich sehr streng, was die Unvereinbarkeit von Restaurants in reinen Wohngebieten angeht. Das Äußerste, was für zulässig gehalten wird, ist ein "Hotel garni" mit Frühstücksraum für die Gäste.