Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten möchte:
Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass auch ich die Voraussetzungen für ein Gnadengesuch nicht als gegeben sehe.
Das Gnadengesuch ist in § 452 StPO
(Strafprozessordnung) und den jeweiligen Gnadenordnungen der Länder geregelt. Vorrang vor einem Gnadengesuch hat das Strafaussetzungsverfahren nach §§ 57 ff. StGB
(Strafgesetzbuch). Ausweislich ihrer Sachverhaltsschilderung beantragten sie bisher noch keine Strafaussetzung.
Das Begnadigungsrecht liegt grundsätzlich bei in den Bundesländern, deren Gerichte im ersten Rechtszug entschieden haben. Die zuständigen Gnadenbehörden sind im Land Nordrhein Westfalen gemäß § 3 Gnadenordnung NW die Gnadenstellen an den Landgerichten, die Vollstreckungsbehörden und die Generalstaatsanwälte.
Das Gnadenverfahren wird durch ein Gnadengesuch eingeleitet. Antragsberechtigt ist der Verurteilte selbst oder jeder Dritte.
Die Begnadigung hat Ausnahmecharakter. Sie dient insbesondere dazu, Unbilligkeiten bei nachträglich bekannt gewordenen oder eingetretenen allgemeinen oder persönlichen Umständen auszugleichen.
Der mit dem Begnadigungsgesuch verfolgte Zweck darf nicht auf anderem Wege erreicht werden. Vorrang hat stets das vorgenannte Strafaussetzungsverfahren.
Bei ihnen kommt vorliegend die Strafaussetzung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe gemäß § 57 Absatz 2 StGB
oder nach Verbüßung von zwei Dritteln gemäß § 57 Absatz 1 StGB
in Betracht.
Voraussetzung für die sog. Halbstrafenaussetzung ist, dass Sie Erstverbüßerin sind, zu einer zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurden und die Hälfte der Freiheitsstrafe, mindestens jedoch sechs Monate verbüßten. Da sie vorliegend zu einer zwei Jahre übersteigenden Freistrafe verurteilt wurden, müssten für die Halbstrafenaussetzung noch weitere besondere Umstände hinzutreten.
Bei der Zweidrittel-Strafaussetzung müssen zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt sein.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick ermöglicht zu haben und stehe für Ergänzungen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion sowie ggf. für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Kämpf
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 28.12.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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können sie mir bitte noch beantworten ob es geht das ich einen antrag auf die verhängte freiheitsstrafe gnadenweise zur bewährung auszusetzen beantragen kann.und was bedeut vorrang vor einem gnadengesuch kann ich wenn der strafantrit kommt dieses dann beantragen vielen dank im voraus
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte.
Die Stellung eines Gnadengesuches ist form- und fristlos, also jederzeit, möglich. Die bereits in der ursprünglichen Beantwortung Ihrer Frage ausgeführt, ist ein solches jedoch wenig erfolgversprechend.
Dies liegt daran, dass das Strafaussetzungsverfahren Vorrang vor einem Gnadengesuch hat. Das bedeutet, dass vor Stellung eines Gnadengesuches alle anderen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen.
Eine bestimmte Frist für den Strafaussetzungsantrag existiert nicht. Es hat sich bewährt, diesen drei Monate vor der möglichen Entlassung zu stellen. Von einer früheren Antragstellung ist abzuraten, da diesem eine Ablehnung wegen Verfrühung droht.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Kämpf
Rechtsanwalt