Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Das System der Strafverfolgung ist an sich am hehren Grundsatz der Resozialisierung der Täter ausgerichtet.
Die Realität sieht leider anders aus. Da steht das Interesse des Staates an der Strafverfolgung im Vordergrund, nachdem im Strafprozess des Interesse an der Verurteilung Angeklagter befriedigt wurde.
Deshalb werden gesetzliche Hafterleichterungs-Vorschriften sehr restriktiv gehandhabt.
Im Fall ihres Bruders ist nach der Verurteilung die Revision bereits verworfen worden. Aber auch wenn bisher keine Gesamtstrafe gebildet wurde, stehen jetzt zwei Urteile zu jeweils mehr als 2 Jahren Haft im Raum. Selbst wenn jetzt nachträglich doch noch eine Gesamtstrafe gebildet würde, ist eine Bewährung nicht in Aussicht.
Also muß Ihr Bruder die Haft antreten.
Jetzt ist er "flüchtig" und hat sogar Verwandte, die in Tirol leben. Damit hat er selbst einen neuen Haftgrund geschaffen, der sofort einen Haftbefehl nach sich gezogen hat.
Ein Antrag auf Strafaufschub ist gem. §§ 455 StPO ff gesetzlich vorgesehen. Nur wenn wichtige Gründe vorliegen, kann der bereits angeordnete Antritt der Haft ausgesetzt werden.
Es müssen ganz erhebliche und persönliche Härten vorliegen, die außerhalb der Straftat und deren Verfolgung ihren Ursprung haben. Darüber hinaus wird Ihrem Bruder unterstellt werden, dass seine jetzigen psychischen Probleme vorgeschoben sind.
Die mit einer Verurteilung zu einer Haftstrafe verbundenen Folgen für die Täter wie der Verlust des Jobs, der Wohnung und sozialer Beziehungen sind eine typische Folge der Haft.
Das trägt für sich keinen Antrag auf Haftaufschub und erst Recht kein Gnadengesuch.
Die mentalen und psychischen Folgen sind vorhersehbar und müssen einkalkuliert werden.
Die ärztlichen Atteste, durch die Depression und Suizidgedanken Ihres Bruders bestätigt wurden, sind berücksichtigt worden.
Im Übrigen ist Ihr Antrag auf Haftaufschub bis zu Vollendung einer Therapie bereits abgelehnt worden, mit dem Angebot, eine neue JVA mit sofortiger Therapie auszuwählen. Das ist bereits ein Entgegenkommen.
In der Haft wird Ihr Bruder ggf. sogar zur Ruhe kommen und ärztliche betreut werden.
Eine aufschiebende Wirkung auf die Vollstreckung der Strafe ist mit entsprechenden Anträgen nicht verbunden und die "Flucht" Ihres Bruders wird die vorläufige Vollstreckungsaussetzung nicht fördern. Ohne festen Wohnsitz wird die Aussetzung der Vollstreckung des Haftbefehls noch unwahrscheinlicher.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Soweit ich ich weiß, lebt er auf der Straße und in Obdachlosen Unterkünften. Zumindest lässt es dein eingerichtetes Postfach bei der Caritas vermuten.
Wir haben aus eigenem Interesse und mit der JVA in Verbindung gesetzt, und es wurde uns mitgeteilt dass die Diagnosen aus dem Arztbericht dort nicht alle behandelt werden können.
Wie geht es jetzt weiter mit dem Haftbefehl? Er wird lediglich an der letzten bekannten Anschrift immer wieder aufgesucht, obwohl der Vermieter dort des Öfteren mitteilte dass er dort nicht mehr wohnt.
Da Ihr Bruder keinen festen Wohnsitz mehr hat, ist die Vollstreckung des Haftbefehls am Wohnort zwar ausgeschlossen, obwohl das weiter versucht werden wird, bis die Wohnung abgemeldet ist.
Die Polizei wird jedoch weiterhin nach Ihrem Bruder suchen und ihn sofort verhaften, wenn sie ihn auffindet.