Sehr geehrter Ratsuchender,
so wie Sie den Sachverhalt schildern, dürfte Ihnen hier kein Widerrufsrecht hinsichtlich der beiden mit dem Fitness-Studio geschlossenen Verträge zustehen.
Zwar gibt es grundsätzlich die Möglichkeit eines Widerrufs, wenn Sie als Verbraucher von einem Unternehmer zum Abschluss eines Vertrages bestimmt worden sind, und zwar unter anderem dann, wenn dies anlässlich einer von dem Unternehmer (in seinem Interesse) durchgeführten Freizeitveranstaltung geschieht, siehe § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB
.
Nach Ihren Angaben handelte es sich hier jedoch eher um eine reine Verkaufsveranstaltung, und keine Freizeitveranstaltung. Dies ist natürlich im Einzelfall nicht ganz leicht voneinander abzugrenzen, da häufig das Verkaufsangebot und das Freizeitangebot miteinander verbunden sind. Es geht darum, dass der Verbraucher davor geschützt werden soll, aus einer vom Unternehmer herbeigeführten besonders entspannten, freizeitlich unbeschwerten Stimmung heraus einen Vertrag abzuschließen, weil er sich diesem Angebot nur schwer entziehen kann, sei es aufgrund der örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten, aufgrund eines Gruppenzwangs (etwa bei sog. Kaffeefahrten) oder aufgrund empfundener Dankbarkeit für das Unterhaltungsangebot (vgl. Bundesgerichtshof BGH <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%202002,%203100" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 10.07.2002 - VIII ZR 199/01: "Grüne Woche Berlin" 1999 keine Freizeitveranstaltung im Sinn...">NJW 2002, 3100</a>; NJW 2004, 362
).
Um ein Widerrufsrecht begründen zu können, muss also eine Verkaufssituation gegeben sein, bei der das Freizeiterlebnis im Rahmen der Veranstaltung (oder deren Ankündigung) im Vordergrund steht. Der (angebliche) Unterhaltungswert muss vom eigentlichen Verkaufs- oder Werbezweck der Veranstaltung ablenken (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1269
). So sehe ich den von Ihnen geschilderten Fall jedoch nicht, soweit mir die Einzelheiten bekannt sind. Denn hier wurden die Passanten ja ganz offen und gezielt auf einen Vertragsabschluss angesprochen, ohne dass ein besonderes Unterhaltungsprogramm angeboten wurde. Eine reine Werbeaktion fällt nicht unter die Vorschrift des § 312 BGB
.
Vor der Überrumpelungssituation als solcher ist der Verbraucher im Falle eines Vertragsabschlusses nur geschützt, wenn eine „Haustürsituation" vorliegt, also in den eigenen vier Wänden und am Arbeitsplatz (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB
), oder aber wenn er von dem Unternehmer in Verkehrsmitteln, oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen überraschend angesprochen wird (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB
). Letzteres ist nach Ihren Angaben nicht eindeutig der Fall, da es sich anscheinend um den privaten Parkplatz des Fitness-Studios handelt. Sollte sich der Stand dagegen auf öffentlichen Straßen und Wegen befunden haben, kommt ein Widerrufsrecht zunächst in Betracht.
Allerdings schildern Sie auch, dass der Vertrag nicht auf das Ansprechen hin zustande gekommen ist, sondern Sie erst einen Tag später auf eigene Initiative hin den Vertrag unterschrieben haben. Dann wird man jedoch nicht sagen können, dass Sie zu dem Abschluss des Vertrages „bestimmt" worden sind. Es fehlt außerdem an dem erforderlichen Überraschungsmoment.
Andere Widerrufs-, Rücktritts- oder Anfechtungsrechte sind aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich.
Leider kann ich Ihnen daher keine für Sie günstigere Auskunft geben, hoffe jedoch, diese war hinreichend und verständlich. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
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