Sehr geehrte (r) Ratsuchende(r),
aufgrund der gemachten Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes versuche ich Ihre Fragen wie folgt zu beantworten. Jedoch weise ich darauf hin, dass diese Plattform nur einen ersten Überblick verschaffen kann und unter Umständen keineswegs den Weg zu einem Rechtsanwalt ersetzt.
Sie haben keinen schriftlichen Vertrag mit Ihrem ehemaligen Stromversorger geschlossen. Dennoch haben Sie für die Dauer Ihres Aufenthalts in der Wohnung Strom bezogen und verbraucht. Es ist daher davon auszugehen, dass trotz fehlender schriftlicher Vereinbarung ein Vertrag zustande gekommen ist. Dieser kann nämlich auch konkludent, also aufgrund des Verhaltens der Vertragspartner, abgeschlossen werden. Gültig sind dann die ortsüblichen, zu erwartenden Konditionen.
Aufgrund dieses Vertrages müssen Sie den gelieferten (verbrauchten) Strom auch zahlen. Jedoch müssen Sie nur den tatsächlich verbrauchten Strom zahlen. Auf eine Schätzung Ihres Stromlieferanten müssen Sie sich nicht einlassen. Hier liegt es jedoch an Ihnen, dem Stromversorger die Zählerstände nach Ihrem Auszug mitzuteilen. Dies sollten Sie dringend nachholen, falls das noch nicht geschehen ist.
Grundsätzlich ist es aber erlaubt, dass der Stromversorger den Verbrauch schätzt und anhand der Schätzung abrechnet, solange Sie nicht die konkreten Zählerstände angeben.
Und ja, der Stromversorger darf auch eine Rechnung für den Vorjahresverbrauch stellen. Der Anspruch auf Stromzahlung verjährt nämlich im Rahmen der Regelverjährung, also mit Ablauf des dritten Jahres nach Entstehung des Anspruchs.
Eine Rechnung ist auch nicht anfechtbar, weil zuvor keine Abschlagszahlungen gefordert wurden.
Anders beurteilt sich die Sache nur dann, wenn der Strom aufgrund des Vertrages mit Ihrem Vormieter(in) quasi weiter geliefert wurde. In diesem Fall fehlt es schon an einem konkludenten Vertragsschluss. Das hieße, Sie wären in diesem Fall nicht Vertragspartner und daher gegenüber Ihrem Stromversorger nicht zur Zahlung verpflichtet. Allenfalls könnte ein Ersatzanspruch des Dritten, also des Vormieters, gegen Sie in Betracht kommen. Wie jedoch der tatsächliche Sachverhalt ist, lässt sich aufgrund Ihrer Beschreibung nicht genau klären. Hier müsste bei dem Stromversorger selbst nachgehakt werden.
Es tut mir leid, Ihnen keine anderen Nachrichten machen zu können.
Mit freundlichen Grüßen,
Vielen Dank für die Antwort.
Um sicher zu gehen, dass ich das richtig verstanden habe:
Der Stromversorger ist also auch nicht verpflichtet, z.B. spätestens jährlich die Nebenkosten abzurechnen bzw Strom abzulesen?
Doch. Der Stromversorger ist verpflichtet, spätestens innerhalb eines Zeitraumes abzurechnen, der ein Jahr im wesentlichen nicht überschreitet. Das heißt, dass die jeweilige Abrechnungsperiode im wesentlichen nicht länger als zwölf Monate sein darf.
Dennoch verjährt eine Rechnung des Stromversorgers nicht vor Ablauf von drei Jahren, auch wenn sie nicht bei Ihrem Rechnungsadressaten (also bei Ihnen) zugegangen ist.