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Vollstreckungsankündigung durch Zoll

| 23. Juni 2017 22:02 |
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Inkasso, Mahnungen


Beantwortet von

Rechtsanwalt Roger Neumann

Zusammenfassung

Kann die Debeka mir immer neue Mahnbescheide schicken, ohne die Widersprüche zu bearbeiten?

Die Debeka kann aus öffentlich-rechtlichen Beitragsbescheiden sofort vollstrecken, ein Gerichtsurteil ist dafür nicht notwendig. Wenn kein Widerspruch gegen den ursprünglichen Bescheid eingelegt wurde, ist dieser rechtskräftig. Auch wenn ein Widerspruch eingelegt wurde, hat dies keine aufschiebende Wirkung und die Beitragsforderung muss zunächst gezahlt werden. Die Krankenkasse ist nicht verpflichtet, Ratenzahlung zu ermöglichen oder Forderungen zu stunden.

Es geht um Krankenkassenbeiträge der Debeka BKK. In den Monaten Februar bis April 2016 war ich arbeitslos ohne Anspruch auf ALG 1, ALG 2 wurde mir auch nicht gezahlt, eine Klage läuft vor dem Sozialgericht.
Vorher war ich in einer Ausbildung mit KV über Debeka, Kündigung in der Probezeit, seit Mai 2016 bin ich wieder in einer Ausbildung (Duales Studium) mit ca. 300 Euro netto Vergütung und weiterhin KV bei der Debeka.
Die Debeka forderte für die drei Monate der Arbeitslosigkeit ca. 500 Euro Beitrag, die ich nicht zahlen konnte und kann. Dies habe ich mitgeteilt und um Stundung gebeten bzw. Ratenzahlung in niedrigen Raten.
Darauf reagierte die Debeka in keiner Weise, sondern schickt seit Oktober 2016 monatlich Mahnbescheide mit Rechtsbehelf.
Gegen die Bescheide habe ich Widerspruch eingelegt, diese wurden nicht bearbeitet.
Nun habe ich eine Vollstreckungsankündigung vom Zoll/Vollziehungsbeamten bekommen.
Es gibt keinen Gerichtstitel oder etwas Vergleichbares.
Frage: Kann die Debeka mir immer neue Mahnbescheide schicken, ohne die Widersprüche zu bearbeiten und muss ich den beauftragten Vollstreckungsbeamten in die Wohnung lassen? Wie kann ich mich wehren?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ich muss eingangs klarstellen, dass Ihre Frage ohne Durchsicht des Grundbescheides sowie der nachfolgenden "Mahnbescheide" nicht abschließend beurteilt werden kann.

Eines will ich zu Anfang unmissverständlich klarstellen: aus öffentlich-rechtlichen Beitragsbescheiden kann sofort vollstreckt werden. Sie sind vollstreckbare Titel. Ein Gerichtsurteil braucht es dazu nicht.

So, wie es sich mir darstellt, geht es um eine Forderung aus 2016 in Höhe von etwa 500,- €, die vermutlich als solche berechtigt ist. Es ist zu unterstellen, dass diese Forderung zu zunächst einmal mit Bescheid festgesetzt wurde. Mir ist nicht klar, ob auch gegen diesen ursprünglichen Bescheid Rechtsmittel eingelegt wurde oder nur gegen die nachfolgenden Mahnungen. Ihre Schilderung deutet darauf hin, dass Sie damals nur um Stundung gebeten, aber kein Rechtsmittel eingelegt haben.

Wenn kein Rechtsmittel eingelegt wurde, ist der Bescheid rechtskräftig. Wurde dagegen Rechtsmittel eingelegt, so hatte die Einlegung des Rechtsmittels aber keine aufschiebende Wirkung, was bedeutet: Die Beitragsforderung ist erst einmal trotzdem zu zahlen. Wenn man im Rechtsmittelverfahren oder nachfolgendem Prozess obsiegt, wird das Geld natürlich zurückgezahlt.

Ob ein dann vielleicht noch möglicher Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und Aussetzung der Vollziehung erfolgversprechend wäre, kann ohne Kenntnis des gesamten Vorgangs nicht beurteilt werden.

Ich verstehe Sie aber so, dass es Ihnen weniger um die Berechtigung des Anspruchs auf die 500,- € geht, sondern um die Berücksichtigung Ihrer Unfähigkeit, den Betrag aufzubringen.

Warum die Krankenkasse auf Ihre Briefe nicht reagiert und statt dessen Mahnungen schickt, kann ich nicht sagen. (Ich verwende hier den Ausdruck "Mahnungen", weil nach Ihrer Schilderung gerichtliche Mahnbescheide im Rechtssinne gerade nicht ergangen sind.) Ich vermute, dass mit den Mahnungen jeweils neue Kosten festgesetzt werden, wogegen dann Widerspruch eingelegt werden könnte. Wenn allerdings die Grundforderung berechtigt und der Betrag nicht gezahlt ist, wären Ihre Widersprüche unberechtigt und zurückzuweisen. Von daher ist die Frage, ob die Krankenkasse zum Nichtstun in diesem Punkt berechtigt ist, von untergeordneter Bedeutung. (Es ist klar: die Krankenkasse sollte einen Widerspruch bearbeiten; wenn er aber zurückzuweisen ist, nützt Ihnen das nichts.)

Tatsache ist zudem, dass die Krankenkasse nicht verpflichtet ist, Ratenzahlung zu ermöglichen oder Forderungen zu stunden.

In der Zwangsvollstreckung durch den Zoll als Vollstreckungsbehörde gelten aber die Pfändungsschutzvorschriften der ZPO analog.

Sie müssen den Vollstreckungsbeamten nicht in Ihre Wohnung lassen, es sei denn er hätte einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss (Art. 13 Abs. II GG ). Dieser wird erst nach einem vergeblichen Vollstreckungsversuch erlassen. Er wird in der Regel auch nur beantragt, wenn die Vermutung naheliegt, dass in der Wohnung nennenswerte pfändbare Habe zu finden sein wird.

Sie müssen aber damit rechnen, das Vermögensverzeichnis abgeben zu müssen, mit der Folge eines Eintrags in das Schuldnerverzeichnis, der wiederum auch einen Schufa-Eintrag nach sich ziehen wird. Die damit verbundenen Nachteile will man natürlich wegen einer Forderung von nur 500,- € eher nicht auf sich nehmen.

Allerdings sind die Vollstreckungsbeamten befugt und in der Regel auch gehalten, mit den Schuldnern Ratenzahlungsvereinbarungen zu treffen. Das ist zumeist dann unproblematisch, wenn das Ratenzahlungsangebot eine Tilgung der Gesamtschuld innerhalb von 12 Monaten ermöglicht und die erste Rate sofort gezahlt werden kann. Wenn noch genug Zeit ist, kann vielleicht schon die erste Rate direkt an die Krankenkasse gezahlt und dem Vollstreckungsbeamten nachgewiesen werden als Zeichen, dass es Ihnen Ernst ist.

So wie sich die Sache mir darstellt, kann ich Ihnen nur empfehlen, diesen Versuch zu machen. Alles andere macht die Angelegenheit nur teurer und insgesamt unangenehmer.

Schlussendlich wiederhole ich meinen Hinweis, dass eine abschließende Beurteilung nur bei Kenntnis aller Unterlagen möglich wäre.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 24. Juni 2017 | 09:48

Vielen Dank für die ausführliche Auskunft. Der Grundbescheid wurde auch mit Widerspruch angefochten, der Widerspruch nicht bearbeitet. Die Debeka hat nicht einmal auf meine Mitteilung zur Adressänderung reagiert und insoweit richtet sich die Vollstreckungsankündigung gegen die falsche Adresse. Ich bin praktisch mittellos, das weiß die Debeka und strengt dennoch eine Vollstreckung an.Ich möchte ja gerne Schulden begleichen, kann es aber definitiv nicht.
Nun gibt es ja seit Juli 2013 das "Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung". Ist aufgrund dieses Gesetztes in meinem Fall die Debeka nicht verpflichtet, die Schulden zu erlassen oder zumindest zu stunden?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Juni 2017 | 18:54

Sehr geehrter Fragesteller,

Gern beantworte ich Ihre Nachfrage:

Mit dem von Ihnen genannten Gesetz wurde § 256 a SGB V eingeführt, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge ermäßigt und Säumniszuschläge erlassen werden können.

Nach § 256 a Abs. 4 SGB V regelt das nähere dazu der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

Dieser hat in seiner Regelung vom 4.9.2013 dazu geregelt, dass ein Erlass oder eine Ermäßigung des Beitrags ausscheidet, wenn der Nacherhebungszeitraum nicht mehr als drei Monate umfasst, § 1 Abs. 1 letzter Satz und § 2 Abs. 1 letzter Satz der Regelung. Für den Erlass der Säumniszuschläge ist wiederum geregelt, dass dieser nur bei einem Erlass oder einer Ermäßigung des Beitrags möglich ist, § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 der Regelung.

Da bei Ihnen nur drei Monate Rückstand bestehen ist ein Erlass oder eine Ermäßigung des Beitrags nicht möglich. Da der Beitrag nicht erlassen oder ermäßigt werden kann, werden auch die Säumniszuschläge nicht erlassen.

Das bedeutet, dass Ihre Zahlungspflichten in voller Höhe bestehen bleiben und die Krankenkasse zum Erheben und Eintreiben der Beiträge gesetzlich verpflichtet bleibt.

Der Gläubiger darf alle vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen durchführen, auch wenn der Schuldner mittellos ist, auch dann, wenn der Gläubiger das weiß.

Natürlich wird die Zwangsvollstreckung am Ende erfolglos sein. Es ist aber in diesem Bereich "daily business", dass die Zwangsvollstreckung jedenfalls bis hin zur Abgabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner durchgeführt wird. Auch Gehalts- oder Kontenpfändungen werden mangels pfändbarem Einkommen oder Guthaben erfolglos sein, sind aber erst einmal möglich.

Es ist mir persönlich unverständlich, dass die Krankenkasse auf Ihre unterschiedlichen Eingaben in keiner Weise reagiert und auch Ihre Widersprüche unbeachtet lässt. Ich weise aber noch einmal darauf hin, dass nach meinem Eindruck eine ordnungsgemäße Bearbeitung Ihnen wirtschaftlich und im Hinblick auf die laufende Vollstreckung keinen Vorteil bringen wird. Natürlich basiert diese Einschätzung auf meinem nicht ganz vollständigen Bild, das ich von der Sache habe.

Wenn eine Vollstreckungsmaßnahme angekündigt ist an einem Ort, an dem Sie gar nicht mehr wohnen, wird diese Maßnahme natürlich ins Leere gehen. Das wird Ihnen im Moment etwas Aufschub verschaffen. Aber letztlich wird die Gegenseite die Vollstreckungsmaßnahmen auch an der richtigen Adresse durchzuführen wissen.

Wenn es Ihnen also definitiv nicht möglich ist, die rückständigen Beiträge zu zahlen, und zwar auch nicht ratenweise, so werden vermutlich die negativen Folgen (Abgabe der Vermögensauskunft usw.) auf Sie zukommen.

Der einzige Tipp, den ich Ihnen dann noch geben kann wäre, so schnell wie möglich eine Schuldnerberatung aufzusuchen.

Es tut mir wirklich leid, keine günstigere Auskunft geben zu können.

Mit freundlichen Grüßen, Rechtsanwalt Roger Neumann

Bewertung des Fragestellers 24. Juni 2017 | 19:03

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