Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.
Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Grundsätzlich ist Ihr volljähriger Sohn nach § 1603 Abs. 2 BGB
minderjährigen Kindern gleichgestellt, da er sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet und noch bei einem Elternteil wohnt.
Frage 1)
Die Voraussetzungen des groben Undanks nach § 530 Abs. 1 BGB
liegen nicht vor, das es an einer schweren Verfehlung Ihres Sohnes Ihnen gegenüber mangelt (siehe dazu auch unten Frage 2).
Frage 2)
Der Unterhaltsanspruch hängt nicht vom Wohlverhalten Ihres Sohnes ab. Nur eine schwere Verfehlung gegen Sie oder einen Ihrer nahen Angehörigen kann die Aufhebung des an sich gegebenen Unterhaltsanspruches bewirken.
Das Verhalten Ihres Sohnes, der Auszug nach einer Meinungsverschiedenheit und der Umzug zur Kindesmutter, stellt jedoch keine schwere Verfehlung dar. Als schwere Verfehlung kommen in Betracht: tätliche Angriffe, Bedrohungen, Denunziationen zum Zweck beruflicher und wirtschaftlicher Schädigung, bewusst falsche Strafanzeige, Vorwurf sexuellen Missbrauchs, Verstoß gegen die Obliegenheit zur umgehenden Anzeige des Schulabbruchs, schwere Beleidigungen oder der Ausdruck vollständiger Verachtung.
Als Barunterhaltspflichtiger können Sie die Zahlungen einstellen, soweit das Kind die Schulausbildung nicht wirklich wahrnimmt.
Eine hohe Anzahl an Fehlstunden dürfte hiernach jedoch kaum reichen. Es müssen tatsächlich eine Vielzahl von Fehltagen vorliegen, die befürchten lassen, dass ein Schulabschluss nicht erreicht wird.
Eine Verwirkung liegt deshalb nicht vor.
Frage 3)
Da es an einer schweren Verfehlung Ihres Sohnes mangelt (siehe oben Frage 1 und 2) kommt eine Rückforderung des Fahrrads und der gezahlten Beträge für den Urlaub nicht in Betracht.
Frage 4)
Grundsätzlich ist auch das Vermögen zur Deckung des Lebensunterhalts einzusetzen. Ein volljähriger Schüler braucht jedoch nicht den Stamm seines Vermögens einzusetzen, sondern allenfalls die daraus erzielten Einkünfte, im Fall des Barvermögens somit die Zinserträge.
Diese dürften jedoch bei einem Sparkapital in Höhe von € 10.000,- nicht ausreichen, den Lebensunterhalt zu sichern, so dass eine Bedürftigkeit auch weiterhin besteht und somit eine Unterhaltsverpflichtung Ihrerseits.
Insoweit kann Ihr Sohn nach § 1602 Abs. 2 BGB
analog weiterhin von Ihnen Unterhalt verlangen.
Der Besuch der Schule begründet automatisch die Bedürftigkeit, so dass es in § 1602 BGB
keiner Gleichstellung volljähriger Schüler wie in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB
bedurfte (Palandt, Kommentar zum BGB, 2008; § 1602 Rz. 13).
Frage 5)
Der Verdienst wird nicht angerechnet. Da sich Ihr Sohn noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet ist das Erwerbseinkommen überobligatorisch, da ihn keine Erwerbsobliegenheit trifft.
Frage 6)
Diese Frage kann nicht abschließend beantwortet werden, da ohne Kenntnis der Vereinbarung eine verbindliche Aussage nicht getroffen werden kann, ob der Aufenthalt Ihres Sohnes bei Ihnen entscheidend ist.
Im Zweifel ist dabei allerdings davon auszugehen, dass die Spareinlage für Ihren Sohn auch dann zu zahlen wäre, sofern dies beispielsweise zur Ansparung einer Starthilfe für die Eigenständigkeit nach Auszug aus dem Elternhaus sein sollte.
Frage 7)
Da Sie mit Volljährigkeit Ihres Sohnes grundsätzlich barunterhaltspflichtig sind spielt es keine Rolle, dass Sie noch ein Zimmer für Ihren Sohn bereit halten.
Frage 8)
Ja, es ist nur der anteilige Barunterhalt, taggenau zu zahlen, da vorher ein Naturalunterhalt durch die tatsächliche Beherbergung erfolgte, der wertmäßig dem Barunterhalt gleichsteht.
Frage 9)
Ihre Unterhaltspflicht besteht solange, wie sich Ihr Sohn in der allgemeinen Schulausbildung befindet und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Eine weitere Unterhaltspflicht könnte Sie noch während der Berufsausbildung Ihres Sohnes dem Grunde nach treffen, sofern das erzielte Einkommen Ihres Sohnes dabei zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreicht.
Ihr Sohn ist Ihnen gegenüber verpflichtet, seine Schul- bzw, dann Berufsausbildung ohne schuldhaftes zögern zügig zu beenden.
Zudem ist Ihre Sohn Ihnen verpflichtet, nach Aufforderung Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen, § 1606 BGB
.
Frage 10)
Sofern Sie sich mit der Unterhaltszahlung in Verzug befinden, haben Sie die Anwaltskosten als Verzugsschaden zu erstatten.
Der Unterhalt wird grundsätzlich monatlich im Voraus geschuldet, § 1612 Abs. 3 BGB
. Sofern kein Unterhalt gezahlt wird, befinden Sie sich mit der Unterhaltszahlung in Verzug, so dass die Anwaltskosten zu Ihren Lasten gehen, sofern seit dem Auszug aus der bis dahin gemeinsam bewohnten Wohnung mehr als ein ganzer Monat vom 01. bis 30./31. vergangen ist.
Ich hoffe ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.
Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.
Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
Guten Tag Herr Liebmann,
erst einmal vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Zu 4) Inwieweit ändert sich denn die Rechtslage, wenn mein Sohn wie bereits erwähnt, während der Schulausbildung seinen eigenen Hausstand gründet, und damit nicht mehr privilegiert ist?
Ist er dann z. Bsp. verpflichtet den Stamm „seines“ Vermögens einzusetzen?
Zu 6) In der Scheidungsvereinbarung ist keine Aussage zum Aufenthalt bzw. zur Spargeldverwendung getroffen. Muss ich also den noch fehlenden Betrag nachzahlen?
Zu 10) d. h. bei weiteren allgemeinen Rechtsauskünften an die Rechtsanwältin zum Thema Unterhalt, hat mein Sohn die Kosten zu tragen?
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:
zu 4.)
In diesem Fall gilt:
Für den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist auf § 1602 I BGB
abzustellen, wonach nur derjenige unterhaltsberechtigt ist, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Hierzu außerstande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt. Dabei ist allerdings auf Zumutbarkeitserwägungen abzustellen.
In Ermangelung sonstiger Mittel müssen unterhaltsberechtigte Verwandte mit Ausnahme minderjähriger Kinder ebenso wie der Unterhaltsverpflichtete bei beschränkter Leistungsfähigkeit den Vermögensstamm verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht unbillig ist.
Für volljährige Kinder ist die Grenze der Unzumutbarkeit nach der Rechtsprechung des BGH etwas enger zu ziehen als im Rahmen der ausdrücklichen Regelung des § 1577 III BGB
, angenähert etwa dem Begriff der groben Unbilligkeit.
Der Tatrichter hat darüber im Einzelfall nach einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt (BGH, FamRZ 1998, 367
).
Dabei kann auch volljährigen Kindern ein Sockelbetrag als Schonvermögen verbleiben, grundsätzlich müssen sie zunächst aber ihr eigenes Vermögen (auch den Vermögensstamm) verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich ist (OLG Celle FamRZ 2001, 47
(Schonvermögen 5000 DM); OLGR Schleswig 1999, 441 (Schonvermögen 4500 DM); OLG Düsseldorf, FamRZ 1990, 1137
; OLGR Braunschweig 1996, 117).
Eigenes Vermögen des volljährigen unterhaltsberechtigten Kindes in erheblichem Umfang schließt deswegen regelmäßig dessen Bedürftigkeit aus (OLG Celle FamRZ 2001, 47
; OLG Köln FamRZ 1999, 1277
).
Kleinere Vermögen können geschont werden, damit eine Reserve für Notfälle oder als Altersvorsorge erhalten bleibt; bei größeren Vermögen kann ein entsprechender Sockelbetrag als Schonvermögen verbleiben.
Auf Grund der Abwägung, dass Ihre Sohn dennoch, auch bei eigenem Haushalt zur Schule geht, besteht in soweit seine Bedürftigkeit fort. Unter Berücksichtigung dessen dürfte ihm ein größerer Sockelbetrag als Schonvermögen verbleiben. Dies gilt auch unter der Berücksichtigung, dass unabhängig von Ihrer Unterhaltspflicht durch Sie eine Spareinlage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt wird bzw. wurde.
Andererseits ist zu berücksichtigen , das Ihr Sohn gleichwohl, obwohl die Möglichkeit der Unterbringung bei den Eltern besteht, eine eigene Wohnung nimmt und somit sich dann auch diesen Umstand zurechnen lassen muss und somit sein eigenes Vermögen einzusetzen hat.
zu 6.)
In diesem Fall halte ich die Nachzahlung des fehlenden Betrages für begründet.
zu 10.)
Sofern Sie sich mit der Unterhaltszahlung nicht in Verzug befanden bzw. die Unterhaltszahlungen im Vorfeld Ihrem Sohn gegenüber nicht ernstlich verweigert haben, sind Sie nicht verpflichtet die Anwaltskosten zu tragen.
Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Für zukünftige Fragen und Problemlösungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne wieder zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt