Sehr geehrter Fragesteller,
gerne versuche ich im Folgenden Ihnen die Vorschrift des § 130 StGB
verständlich zu machen.
Einleitend sei angemerkt, das mit den verschiedenen Staftatbeständen neben den Rechten der einzelnen von den Äußerungen betroffenen auch das Allgemeininteresse an einem friedlichen Zusammenleben geschützt werden soll.
1.
Die Äußerungen, dass Täter einer Straftat eine bestimmte Staatsbürgerschaft besitzen, sind alleine grundsätzlich nicht nach § 130 StGB
strafbar. So liegt darin weder eine Diskriminierung, noch ein Aufstacheln zum Hass oder eine Aufforderung zu Gewalt oder Willkührmaßnahmen.
Grundsätzlich können alle zahlenmäßig nicht unerheblichen Gruppen, die aufgrund gemeinsamer Merkmale von der Gesamtheit der in Deutschland lebenden Personen abgrenzbar sind (und damit auch „Deutsche“, „Bayern“ oder „Schwaben“) Objekt einer Volksverhetzung sein. Sie gehen des Weiteren zutreffend davon aus, dass die Staatsanwaltschaft von Amts wegen Ermittlungen aufnehmen muss, sofern Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung vorliegen.
2.
Auch durch Veröffentlichungen im Internet kann der Tatbestand des § 130 Abs. 1 StGB
erfüllt werden. Vereinfacht ausgedrückt, unterscheiden sich die Tatbestände des Abs. 1 und Abs. 2 darin, dass Abs. 1 eine Tathandlung erfordert, die zusätzlich geeignet sein muss, den öffentlichen Frieder zu stören. Darin liegt die deutlich erhöhte Strafandrohung begründet. Im Ergebnis wird man wohl davon ausgehen können, dass die Eignung zur Friedensstörung eine Öffentlichkeit oder zumindest Öffentlichkeitsfähigkeit der Äußerungen voraussetzt.
3.
Die Tathandlung des § 130 Abs. 1 und 2 StGB
erfordern eine Diskriminierung der betroffenen Personengruppe. Eine sichere Abgrenzung zur Beleidigung ist häufig nicht möglich. Eine Diskriminierung liegt aber jedenfalls dann vor, wenn der angegriffenen Personengruppe ihr ungeschmälertes Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen wird und diese somit als „unterwertige Menschen“ gekennzeichnet werden.
In den in Ihrer Frage behaupteten Feststellungen zu Statistiken über Straftaten, Schulen oder Integration sehe ich keine strafrechtliche Relevanz. Eine Strafbarkeit Ihrer Aussage zu den Einkommensverhältnissen und „Staatsgeld“ kann – abhängig von Zusammenhang und Umständen – nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. So wurde die Darstellung von Asylbewerben als „betrügerische Schmarotzer“ oder „Sozialparasiten“ in der Rechtsprechung bereits als tatbestandsmäßig angesehen.
Sachliche Äußerungen über die Integrationswilligkeit oder Fähigkeit bestimmter Bevölkerungsgruppen, über Bildungs- und Ausbildungsstandards und eine Bewertung persönlicher Erfahrungen sind im Grundsatz nicht diskriminierend und damit nicht tatbestandsmäßig.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
F. Lehmann
- Rechtsanwalt -
Diese Antwort ist vom 29.02.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Danke
Ich stelle folgende Nachfragen auf Grundlage meiner Eingangsfragen.:
Wenn man in einem Forum so was schreibt wie oben erwähnt, also Schulen Schmarotzer etc, wäre dies dann nach Absatz 1 also 5 Jahre Haft oder Absatz 2 3 Jahre Haft zu sehen ?
Sie schreiben "Im Ergebnis wird man wohl davon ausgehen können, dass die Eignung zur Friedensstörung eine Öffentlichkeit oder zumindest Öffentlichkeitsfähigkeit der Äußerungen voraussetzt."
Heisst dies nun, dass man eine Öffentlichkeit braucht, die diese Äußerungen ausreuchend reflektierne können, um hier zum Hass anzustacheln ?
Würde da ein Internetforum ausreichen ?
Würden durch solche Äußerungen, wie ich sie beschrieben habe, der öffentliche Frieden gefährdet werden, wenn man diese so in ein Internet Forum reinsetzt ?
Und können sie mir vielleicht nochmals sagen, wann der Absatz 2 gegeben ist ?
Ist dies etwa dann gegeben, wenn man eine Gruppe defamiert, diese Defamierung aber nicht ganz dazu geeignet ist, hier den öffentlichen Frieden zu stören ?
Verstehe ich desweiteren richtig, dass schon eine bloße Feststellung, die man auch belegen kann, da es im letzten Jahr nur 18 angenommene Asylanträge gab, ausreicht, um sich nach § 130 StGB strafbar zu machen ?
Also sind wahre Tatsachen schon eine Diskrimierung und nicht nur üble Nachrede ?
Im Zusammenhang mit § 130 StGB wird hier von weniger beweiskräftigen Verleumdungen und nich von übler NAchrede ausgegangen, zudem kann ich in einer wahren Tatsache kein herabwürdigendes Verhalten erkennen.
Denn dies würde dann gegen den Gleichheitsgrundsatz des GG verstossen, wenn man einerseits Deutsche als Sozialschmarozer betiteln könne, was ja auch einige sind, Ausländer aber nicht, ich sehe hier eigentlich insgesamt keine Diskriminierung vorliegen, da die bloße Äußerung, dass Asylanten weniger arbeiten, nicht unbedingt was mit deren Rasse oder Religion zu tun hat, die hat nach diesem Geetz gleich ist, sondern vielleicht vielmehr mit den Begleitumständen des Aufenthaltes behaftet sind.
Nach ihrer Definition des Gesetzes müsste sich Roland Koch strafbar gemacht haben, denn er setzte eine ausländische Gruppe herunter und meinte, die seien sinngemäß krimienller, da hat er doch Wahlkampf in Hessen mit den U Bahn Schlägern gemacht !
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Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst möchte ich Sie nochmals darauf hinweisen, dass eine rechtssichere Beurteilung nicht immer möglich ist. Die praktische Bedeutung des § 130 StGB
ist nicht sehr groß. Dementsprechend wenig gefestigt ist teilweise die Rechtsprechung.
Ich kann Ihnen daher auf Ihre erst Frage keine verbindliche Einschätzung geben. Ein Internetforum ist grundsätzlich ebenso geeignet zur Störung des öffentlichen Friedens wie ein Leserbrief. Letztlich hängt hier sehr viel von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, zum Beispiel auch, in welcher Art Forum ein solcher Beitrag erfolgt und wie angereizt sich die allgemeine politische Stimmung im Bezug auf das Thema im Zeitpunkt der Veröffentlichung darstellt. Pauschale Angaben sind hier nur beschränkt möglich.
Um es nochmals allgemein zu verdeutlichen: Eine Darstellung von negativ zu wertenden Tatsachen (auch wenn dies möglicherweise in feindseliger Absicht erfolgen sollte), beispielsweise die Kriminalitätsbelastung einzelner Bevölkerungsgruppen (wie etwa häufig im Wahlkampf zu beobachten) oder eine durchschnittlich hohe Inanspruchnahme von Sozialleistungen stellt jedenfalls so lange keine Volksverhetzung dar, sofern sie nicht durch einseitige Verzerrung oder wahrheitswidrige Verfälschung auf eine reine Stimmungsmache abzielt. Der Ausdruck „Sozialparasit“ oder „Schmarotzer“ wurde von der Rechtsprechung dagegen als einseitige Verzerrung gewertet. Dies bedeutet aber im Unkehrschluss nicht, dass jede Verwendung dieser Ausdrücke gleich eine Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB
darstellt. Wie gesagt, entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls und letztlich auch die persönliche Würdigung des damit befassten Richters.
Sofern Sie also sinngemäß schreiben sollten, dass es sich bei vielen Antragstellern in Wahrheit nicht um politisch Verfolgte, sondern um Wirtschaftsflüchtlinge handeln sollte ist, dies strafrechtlich völlig unbedenklich.
Im Übrigen spielt es keine Rolle, ob nun beispielsweise eine Gruppe von Deutschen (z. Bsp. in einer bestimmten Region) oder eine andere abgrenzbare Gruppierung als „Sozialschmarotzer“ bezeichnen würden. Auf die Schutzbedürftigkeit der angegriffenen Gruppe kommt es im Übrigen hinsichtlich der Diskriminierung nicht an.
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich im Hinblick auf den ausgelobten Einsatz eine weitergehende Prüfung nicht vornehmen kann. Gerne können Sie sich aber im Rahmen einer individuellen Beratungsanfrage nochmals an mich wenden. Zu einer näheren Beurteilung wären jedoch weitere Angaben erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt