Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gern nachfolgend beantworte.
Sie teilen mit, dass Ihrer Mutter ein Visum erteilt wurde. Deshalb gehe ich davon aus, dass Ihre Mutter nicht EU-Bürgerin ist. Weiter gehe ich davon aus, dass Ihre Mutter nicht politisch verfolgt ist. Danach findet auf den von Ihnen mitgeteilten Sachverhalt Ihrer Mutter das AufenthaltG Anwendung.
Zudem wird zu Zwecken des Studiums in der Regel kein Visum erteilt, sondern eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis. Ich gehe deshalb weiter davon aus, dass Ihre Mutter derzeit eine befristete Aufenthaltserlaubnis hat. Andernfalls korrigieren Sie mich bitte.
"Hat sie einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld?"
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht grundsätzlich unter folgenden Voraussetzungen:
- Arbeitslosigkeit
- Arbeitslosmeldung
- Erfüllung der Anwartschaftszeit
Bei Ihrer Mutter könnte die Erfüllung der Anwartschaftszeit das Problem darstellen.
"Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit", § 142
I SGB III. Nach Ihren Angaben arbeitete Ihrer Mutter nur 7 Monate. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ist deshalb derzeit wohl nicht gegeben.
"Darf sie das Visum aufgrund der Arbeitssuche verlängern lassen?"
Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter anderem, dass der Lebensunterhalt desjenigen, der den Aufenthaltstitel begehrt, gesichert ist gem. § 5 I Nr. 1 AufenthG
. Dies scheint bei Ihrer Mutter derzeit nicht der Fall zu sein, da Sie sich nicht aus Ihrem Einkommen selbst versorgen kann. Etwas anderes könnte gelten, wenn Ihre Mutter vermögend ist. Allerdings ist diese Tatbestandsvoraussetzung nur ein Regelbeispiel, Ausnahmen sind möglich.
Darüber hinaus besteht nach erfolgreich abgeschlossenem Hochschulstudium die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis bis zu einem Jahr nach dem Abschluss verlängern zu lassen zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes gem. § 16 IV AufenthG
.
Dann ist es auch weiter möglich, dass Ihre Mutter eine Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck der Erwerbstätigkeit erhalten könnte gem. § 18 I AufenthG
.
In beiden Fällen muss dies teilweise mit der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt werden, § 18 II AufenthG
, und bedarf der genaueren Einzelfallprüfung.
Zudem erscheint es möglich, dass Ihre Mutter aufgrund Familiennachzugs gem. §§ 27ff AufenthG
eine Aufenthaltserlaubnis bekommen könnte. Dies hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, erfordert bei Ihnen wohl aber auch einen entsprechenden Härtefall, falls Sie als Ihr Kind bereits volljährig sind.
"Und wenn Ja, wie lange darf sie die Arbeit in DE suchen, bzw. für wie lange darf sie das Visum aufgrund der Arbeitssuche verlängert bekommen?"
Zunächst kann Ihre Mutter nach einer Arbeitsstelle nur innerhalb der Zeit suchen, für die Sie einen gültigen Aufenthaltstitel besitzt. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wird nach den bisherigen Darstellungen schwierig, ist aber nicht unmöglich. Zumindest ein Jahr seit Abschluss des Studiums sollte Ihre Mutter wie aufgezeigt Zeit haben, um eine Arbeitsstelle zu finden. Sofern dies für diesen Zweck noch nicht beantragt ist, sollten Sie dies nachholen. Anschließend besteht die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder ausnahmsweise aus familiären Gründen zu erlangen.
Nach Ihren Schilderungen wurde bereits einmal eine Verlängerung/Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und ein erneuter Antrag gestellt. Es ist deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der jetzige Aufenthaltstitel Ihrer Mutter zumindest bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt gem. § 81 IV AufenthG
.
Sie sollten in der aktuellen Situation aber auf jeden Fall und so schnell wie möglich einen im Ausländerrecht spezialisierten Kollegen konsultieren. Nur so ist es möglich den Sachverhalt ganz aufzuklären und die bestehenden Möglichkeiten voll auszuschöpfen.
Wenn Ihre Mutter die Kosten hierfür nicht tragen kann, besteht eventuell die Möglichkeit einen Beratungshilfeschein beim Amtsgericht zu erhalten, mit dem Sie eine erste Beratung für einen Selbstbehalt von 10 € von einem Rechtsanwalt erhält.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter in dieser Angelegenheit viel Erfolg und hoffe, dass meine Antwort Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft hat.
Bitte beachten Sie, dass meine Antwort nur eine erste Einschätzung darstellt. Dies kann eine persönliche Beratung gerade in Ihrem Fall nicht ersetzen.
Mit freundlichen Grüßen
- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt
"Anschließend besteht die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder ausnahmsweise aus familiären Gründen zu erlangen." Die einjährige Zeit der Arbeitssuche ist bereits erloschen. Wie kann die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder aus familiären Gründen verlängert werden? Ich bin volljährig, kann ich meine Mutter trotzdem zu Familiennachzug einladen?
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Wenn die einjährige Zeit zur Arbeitssuche bereits abgelaufen ist, so ist das Aufenthaltsrecht Ihrer Mutter zunächst noch solange gegeben wie der jetzige Titel läuft bzw. bis die Ausländerbehörde über den zuletzt gestellten Antrag entscheidet.
Der Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit bedarf in Ihrem Fall nach meiner vorläufigen Einschätzung der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Mit dieser könnten Sie sich selbst in Verbindung setzen oder sollten besser einen Rechtsanwalt hiermit beauftragen.
Im Fall Ihrer Volljährigkeit bedarf eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen einer Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte gem. § 36 II AufenthG
. Hier ist eine genaue Aufklärung des Sachverhalts erforderlich, wie diese Härte begründet werden kann. Dies kann dieses Forum leider nicht bieten, weshalb ich Ihnen bereits empfohlen habe, einen im Ausländerrecht spezialisierten Kollegen aufzusuchen.
Sollten Sie sich nicht rechtlich durch einen Kollegen vertreten lassen - von was ich Ihnen nur abraten kann - so sollten Sie, da Sie einen Antrag auf Verlängerung/Neuerteilung des Aufenthaltstitels ja bereits gestellt haben, der Ausländerbehörde alle für Sie bzw. Ihre Mutter günstigen Umstände mitteilen und diese soweit wie möglich nachweisen gem. § 82 I AufenthG
. Dies betrifft in Ihrem Fall das abgeschlossene Studium Ihrer Mutter, die Tatsache, dass Sie bereits in dem erlernten Beruf in Deutschland arbeitete, gut deutsch spricht und sogar studierte, möglicherweise finanziell von Ihnen unterstützt wird und mit Ihnen zusammen wohnt oder wohnen könnte sowie alle Umstände, die eine familiäre Härte bedeuten könnten.
Ich hoffe Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen nochmals viel Erfolg. Sollten Sie vor Ort keinen im Ausländerrecht spezialisierten Rechtsanwalt finden, so können Sie mich auch gern nochmals unter meiner E-Mail-Adresse anschreiben.
Möglicherweise kann ich Ihnen jemanden empfehlen.
Mit freundlichen Grüßen
- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt