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Vewaltungsrecht (?) Fristverlängerung Bauaufsicht

| 22. März 2025 09:24 |
Preis: 75,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Ich bewohne eine Mietwohnung im 1. OG eines unsanierten Altbaus, unter der z.T. eine Bar liegt. Der Raum der Bar wurde bei meinem Einzug als Abstellraum genutzt. Erst später, ca. 2020, wurde er als zusätzlicher Gastraum genehmigt, mit der Auflage, Schallschutzmaßnahmen nach dann gültiger Vorschrift zu ergreifen. Diese Auflage wurde nicht erfüllt. Folglich leide ich unter der starken Lärmbelästigung durch das Lokal. Gespräche mit dem Betreiber, Anzeigen bei der Polizei, auch Mängelanzeige beim Vermieter mit anschl. Mietminderung halfen nicht. Daher habe ich im April 2024 Beschwerde bei zuständiger Bauaufsichtsbehörde getätigt. Diese hat nach Prüfung festgestellt, dass der vorhandene Schallschutz höchstwahrscheinlich nicht ausreicht und daher vom Betreiber der Bar ein Schallschutzgutachten gefordert. Der Betreiber hat durch seinen Anwalt bei der Bauaufsicht nun seit Herbst 2024 wieder und wieder Fristverlängerung erwirkt mit der Begründung, keinen Gutachter zu finden. Die erste Frist ist bereits am 21.10.24 verstrichen, momentan läuft die vierte Verlängerung bis 30.04.25. Die Bauaufsicht behauptet, bei guter Begründung die Frist verlängern zu müssen und auch den Nebenraum währendessen nicht schließen zu dürfen, da es sich um ein schwebendes Verfahren handele.
Frage: Sind die vielen Fristverlängerungen durch die Bauaufsicht rechtens? Kann ich irgendetwas tun, um das Verfahren zu beschleunigen oder eine vorübergehende Schließung des betreffenden Gastraumes zu erwirken?
Da die erhebliche Lärmbelästigung durch die Bar mittlerweile meine Gesundheit stark beeinträchtigt, stellt die Verzögerung für mich ein extreme Belastung dar.
Vielen Dank für Ihre Antwort!

22. März 2025 | 11:13

Antwort

von


(950)
Wambeler Str. 33
44145 Dortmund
Tel: 0231 / 13 7534 22
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:




Frage 1:
"Sind die vielen Fristverlängerungen durch die Bauaufsicht rechtens? Kann ich irgendetwas tun, um das Verfahren zu beschleunigen oder eine vorübergehende Schließung des betreffenden Gastraumes zu erwirken?"



Bevor ich Ihnen antworte, wll ich Ihnen erst einmal mitteilen, was ich an Ihrer Schilderung auffällig finde:

1. den langen Zeitraum ( ca. 2000 bis April 2004) bis zur Einschaltung der zuständigen Behörde

2. offenbar wurde eine Auflage gemacht, welche aber nicht erfüllt sein soll, die Behörde staunt nur statt über eine Nutzungsuntersagung nachzudenken

3. die Güte der Begründungen ist für Sie nicht nachprüfbar

4. man verlagert alles auf den Verursacher, der aber scheinbar "die Ruhe weg hat", Sie selbst scheinen aber noch keine konkreten Beeinträchtigungen (Lärmprotokoll, eigene Schallpegelmessungen, etc.) nachgewiesen zu haben



Nun zu Ihren aufgeworfenen Fragen, wobei ich Bedarf auf die eben erwähnten 4 Punkte verweisen werde, indem ich die jeweilige Zahl in Klammern setzen werde.



A. ) Rechtmäßigkeit der vier Fristverlängerungen

Das kommt entscheidend auf den konkreten Inhalt an, der Ihnen aber mangels Akteneinsicht nicht bekannt sein dürfte (3).

Die Bauaufsicht hat ganz grundsätzlich natürlich die Möglichkeit, Fristen zu verlängern, wenn triftige Gründe vorliegen, wie z.B. die Schwierigkeit, einen geeigneten Gutachter zu finden. Allerdings sind Fristverlängerungen nicht unbegrenzt möglich und sollten immer in einem angemessenen Zeitraum erfolgen, um die Rechte der Betroffenen zu wahren. Außerdem sollte es sich auch um unterschiedliche "gute Gründe" handeln, denn viermal die Frist zu verlängern mit der Begründung man finde keinen Gutachter wirft denklogisch die Frage auf, ob man denn überhaupt einen suche.

Denn jede Fristverlängerung bewirkt ja auch zugleich, dass der Ihnen gegenüber möglicherweise bestehende Zustand rechtswidrig sein könnte und damit unangemessen lange weiter fortbesteht (4). Ggf. versucht man sogar das Stadium der Verjährung zu erreichen, was mit Ablauf dieses Jahres für die reine Bauleistung an dem Raum denkbar erscheint.

Wenn die Bauaufsicht der Ansicht sein müsste (3), dass der Betreiber der Bar die Fristverlängerungen zu Unrecht fordert und sich zu wenig Mühe gibt, die geforderten Schritte zu unternehmen oder gar zu befürchten ist, dass die Behörde dem Betreiber allzu wohlgesonnen ist, können Sie beim zuständigen Verwaltungsgericht eine Eilanordnung (also eine gerichtliche Klage auf schnelle Entscheidung) beantragen. Das Gericht könnte dann der Bauaufsicht auftragen, innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens zu handeln, wenn es die Verzögerungen für unangemessen hält.
Dies sollten Sie aber bestenfalls nicht alleine besorgen, sondern bestenfalls durch eine verwaltungsrechtlich ausgerichtete Kanzlei mit der baurechtlichen Ausrichtung auf Ihre Landesbauordnung, wenn es nun nochmals zu einer Fristverlängerung kommen sollte. Diese Kanzlei kann dann nämlich auch Akteneinsicht in den Vorgang nehmen und Licht in die Angelegenheit bringen und vor allem Beschleunigung (3).




B. Verfahrensbeschleunigung + weitere Möglichkeiten

Zuerst müsste man einmal überprüfen, ob der Behörde hier wirklich Ihre Einschränkungen, die ja bereits über eine lange Zeitdauer bestehen sämtlich bekannt sind. Denn daran scheint es mir angesichts des "gemütlichen Vorgehens" im Verwaltungsverfahren noch zu fehlen.

Von daher sollten Sie zuerst, wenn noch nicht geschehen, Ihre Beeinträchtigungen vollständig darlegen. Idealerweise können Sie selbst eine Angabe tätigen, welche db (Dezibel) Sie bei Betrieb ertragen müssen. Solche Schalldruckmessungen lassen sich heutzutage auch kostengünstig vorab in Eigenregie vornehmen. Dies hat zwar keinen gesteigerten Beweiswert, aber es gibt wenigstens die Richtung vor in die das Verfahren wie zügig genau gelenkt werden sollte. Dies gilt umso mehr als hier aufgrund der Zeitdauer (1) Fragen der Verjährung, Verwirkung und unzulässigen Rechtsausübung einen Rolle spielen können. Das alles können Sie in einem Schreiben an die Behörde darlegen und deutlich machen, dass Sie eine Fristverlängerung über den 30.04.2025 hinaus nicht mehr akzeptieren können, da Ihre Gesundheit mittlerweise dadurch angegriffen ist (bestenfalls mit Attest belegen). Das sollte Schwung in die Angelegenheit bringen können.



Wenn der Schallschutz unzureichend ist (2 + 4), könnte eine sofortige Abhilfe in Form von Maßnahmen gegen die Lärmbelästigung erforderlich sein. Eine Eilverfügung könnte helfen, da diese auf eine sofortige Minderung der Lärmbelästigung abzielt, z.B. durch Schließung des Gastraums oder sofortige Schallschutzmaßnahmen ohne sich auf "schwebendes verfahren" berufen zu können, denn diese schweben aufgrund der Überlastung der Gerichte und Behörden oft unerträglich lange, insbesondere in komplexen Fragestellungen. Nach der Entscheidung des Gerichts schwebt da aber nichts mehr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens. In diesem Fall dürfte die Gegenseite auch schneller in Bewegung kommen als das aktuell der Fall ist. Dies wäre wie oben ausgeführt über das Verwaltungsgericht möglich, wenn die Verzögerungen und die Auswirkungen auf Ihre Gesundheit unzumutbar sind (Attest) und die Fortsetzung des rechtswidrigen Zustands dahinter zurücktreten muss.


Falls die Bauaufsicht weiterhin nicht schnell genug handelt, könnte es sich lohnen, zusätzlich eine Beschwerde bei höheren Stellen der Stadtverwaltung oder des Landkreises einzureichen (Fachaufsicht). Ausgehend von Ihrem Wohnort Hamm wäre dies die Bezirksregierung Arnsberg ( https://www.bra.nrw.de/kommunalaufsicht-planung-verkehr/entwicklung-laendlicher-gebiete/bauaufsicht) .

Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-


Rechtsanwalt Raphael Fork

Rückfrage vom Fragesteller 23. März 2025 | 18:55

Sehr geehrter Herr Fork,
vielen Dank für Ihre Antwort. Der lange Zeitraum bis zur Meldung bei der Behörde erklärt sich schlicht durch Unwissenheit meinerseits, selbst zwei in der Sache beauftragte Anwälte wiesen mich nicht auf das Versäumnis der Bauaufsicht hin, ich musste es selbst recherchieren. Auch eine erste telefonische Beschwerde dort wurde zunächst abgewiesen. Der zuständige MA der Bauaufsicht hat mir gegenüber aber selbst zugegeben, dass die Überprüfung des Schallschutzes bei Genehmigung des Nebenraumes damals versäumt worden ist. Schallpegelmessung hat durch das Umweltamt stattgefunden, zulässige Werte wurden überschritten, die Ergebnisse liegen der Bauaufsicht vor.
Frage zur Verjährung: Da ich den genauen Zeitpunkt der Genehmigung des zusätzlichen Nebenraumes ja nicht kenne (verm. Herbst 2020), weiß ich auch nicht, wann die Verjährung (5 Jahre ?) eintritt. Wurde/Wird die Frist der Verjährung denn nicht unterbrochen durch das Einschreiten der Bauaufsicht? Was passiert bei einer Verjährung, darf dann der Raum einfach weiterhin genutzt werden, obwohl der Schallschutz unzureichend ist?
Die betreffende Wohnung befindet sich in Berlin, nicht in Hamm!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. März 2025 | 10:06

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:



Nachfrage 1:
"Die betreffende Wohnung befindet sich in Berlin, nicht in Hamm!"

Dann hat natürlich nicht die Bezirksregierung Arnsberg die Fachaufsicht, sondern die entsprechende zuständige übergeordnete Behörde in Berlin.


Nachfrage 2:
"Da ich den genauen Zeitpunkt der Genehmigung des zusätzlichen Nebenraumes ja nicht kenne (verm. Herbst 2020), weiß ich auch nicht, wann die Verjährung (5 Jahre ?) eintritt. Wurde/Wird die Frist der Verjährung denn nicht unterbrochen durch das Einschreiten der Bauaufsicht?"

Sie müssten hier zwei Rechtsverhältnisse unterscheiden, einmal das zivilrechtliche und das verwaltungsrechtliche.

Die Verjährung dürfte besonders problematisch im zivilrechtlichen Verhältnis sein, da Abwehransprüche meist schon nach drei Jahre ab Kenntnis verjähren werden. Es dürfte auch anzunehmen sein, dass der Betreiber einen Fachbetrieb mit dem Ausbau des Raums beauftragt hat. Sollte dieser den Schallschutz missachtet haben, hätte der Betreiber Ansprüche auf korrekte Ausführung der Arbeiten, wofür m.E. die fünfjährige Verjährungsfrist gelten würde. Möglicherweise - und das ist nur eine Vermutung - laufen da bereits Verhandlungen, was auch die Fristverlängerung erklären könnte.

Verwaltungsrechtlich dürfte die Verjährungsfrist in Bezug auf die baurechtliche Genehmigung eines zusätzlich ausgebauten Gastraums und die damit verbundenen Anforderungen an den Schallschutz ebenfalls fünf Jahre betragen. Allerdings wird die Verjährungsfrist durch bestimmte Ereignisse, wie zum Beispiel die Antragstellung bei der Bauaufsicht oder die laufende behördliche Prüfung, unterbrochen. In Ihrem Fall wurde die Verjährungsfrist durch das Einschreiten der Bauaufsicht höchstwahrscheinlich unterbrochen, da die Behörde tätig wurde und auf die Mängel hingewiesen hat. Das bedeutet, dass die Verjährung in Ihrem Fall nicht unaufhaltsam weiterläuft, solange das Verfahren nicht abgeschlossen ist. Dies sollte aber durch Akteneinsicht validiert werden, um später keine bösen Überraschungen zu erleben.





Nachfrage 3:
"Was passiert bei einer Verjährung, darf dann der Raum einfach weiterhin genutzt werden, obwohl der Schallschutz unzureichend ist?"

Wenn die Vorgaben für den Schallschutz nicht eingehalten wurde und der Betreiber nicht schnell genug nachbessert, könnte es auch sein, dass die Bauaufsicht in letzter Konsequenz eine „Beseitigung" des Mangels anordnet. Wenn dies jedoch nicht erfolgt, könnte es zu einem Problem kommen, wenn die Verjährung tatsächlich eintritt und der Betreiber weiterhin auf die Nutzung des Raumes besteht, obwohl der Schallschutz unzureichend ist.

Weiteres großes Problem ist m.E. dabei auch, dass der Raum nicht schallschutzkonform nun schon über mindestens vier Jahre im Regelbetrieb ist. Dies wird man der Abwägung vorübergehende Schließung/ vorläufiger Weiterbetrieb auch mit berücksichtigen müssen.

Unklar bleibt auch, warum der Eigentümer Ihrer Wohnung nicht aktiv wurde, wenn die Miete bereits gemindert wurde. Dieser hätte als Eigentümer deutlich einfacher als Sie selbst Maßnahmen einleiten können, vielleicht sogar müssen.

Nach der Sachlage dürfte aber anzunehmen sein, dass bei offizieller Beteiligung der Baubehörde eine schallschutzkonforme Nachbesserung erfolgen wird. Ein Problem wird nur dann wohl nur auftauchen, wenn dieses baulich gar nicht umsetzbar wäre.


Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-

Bewertung des Fragestellers 26. März 2025 | 08:09

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 26. März 2025
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