Die von der sozialen Institution vorgenommene Umnutzung der Gewerberäume zu weitergehender Wohnnutzung und Unterbringung von Azubis stellt in Ihrem Fall aller Voraussicht nach eine vertragswidrige Gebrauchsänderung dar, die unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen eine außerordentliche, fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen kann.
Verträge und Mietzweck
Im Mietvertrag ist explizit geregelt, dass die Vermietung zur "ausschließlichen Nutzung als Wohn- Gewerberaum-Büro" erfolgt. Die Nutzung der Gewerbefläche als überwiegende Wohnfläche, auf die sich die Institution zurückzieht und dort bis zu zwei Bewohner je Raum dauerhaft unterbringt, geht deutlich über das ursprünglich vereinbarte Betreuungskonzept hinaus und widerspricht dem ausdrücklichen Mietzweck.
Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung kommt insbesondere dann in Frage, wenn
• eine erhebliche Verletzung der mietvertraglichen Pflichten vorliegt,
• diese auch nach vorheriger Abmahnung nicht abgestellt wird,
• und dem Vermieter ein Festhalten am Vertrag bis zum Ablauf der regulären Mietzeit nicht zumutbar ist (§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB).
Dabei ist entscheidend:
• Die wiederholte, nicht genehmigte Umnutzung als dauerhafte Wohnräume,
• die Versagung einer formellen Nutzungsänderung trotz Aufforderung,
• und die Eskalation der Hausgemeinschaft (Beschwerden, Konflikte)
können ein solches Gewicht erreichen.
Erforderliche Schritte
1. Abmahnung: Vor einer außerordentlichen Kündigung müssen Sie den Mieter in der Regel abmahnen und eine angemessene Frist zur Wiederherstellung der vertragsgemäßen Nutzung setzen, es sei denn, die Pflichtverletzung ist so gravierend, dass eine Fristsetzung entbehrlich wäre (§ 543 Abs. 3 BGB).
2. Dokumentation: Fassen Sie die Missstände, Beschwerden und Abweichungen vom Mietzweck möglichst detailliert zusammen (z.B. Fotos, Zeugen, Dokumentationsprotokolle).
3. Falls keine Änderung erfolgt: Nach erfolgloser Abmahnung kann außerordentlich gekündigt werden.
Rechtsprechung und Durchsetzbarkeit
Die Rechtsprechung stellt regelmäßig fest, dass eine erhebliche Abweichung vom vereinbarten Mietzweck – speziell bei dauerhafter Umwandlung gewerblich vermieteter Räume in Wohnraum gegen den Willen des Vermieters – eine Vertragsverletzung darstellt und die außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Bei sozialen Einrichtungen wird zwar oft eine "erweiterte Zweckinterpretation" angenommen, doch der komplette Entfall der vom Mietvertrag vorgesehenen Betreuung, Büro- und Personalstrukturen führt zu einem erheblichen Interessenkonflikt und Anspruch auf Unterbindung der missbräuchlichen Nutzung.
Fazit
Eine außerordentliche Kündigung wegen vertragswidriger, dauerhafter Umnutzung der Gewerberäume zu Wohnzwecken ist grundsätzlich möglich, erfordert aber in der Praxis eine sorgfältige Abmahnung und Dokumentation. Verweigert der Mieter weiterhin die Rückkehr zur vereinbarten Nutzung, stehen die Chancen für eine erfolgreiche Durchsetzung der Kündigung vor Gericht tendenziell gut.
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Schulze
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