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Vertragswidrige Nutzung von Gewerberäumen

27. August 2025 20:30 |
Preis: 73,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Eine soziale Institution hat vor 12 Jahren bei mir eine 3-Zimmer-Wohnung mit 50 qm und einen angrenzenden nicht zu Wohnzwecken dienenden Raum mit 150 qm gemietet. Ein Durchgang verbindet beide. Zweck war damals unbegleidete ausländische Jugendliche übergangsweise zu betreuen. Dafür habe ich das Objekt passend wie gewünscht umgebaut. D.h. in den Gewerberäumen wurden ein Aufenthaltsraum geschaffen, ein Raum für eine Aufsichtsperson, Büroräume, die durch Personal besetzt waren und eine große Wohnküche nebst zusätzlichen Toiletten. Auch waren zwei Räume für kurzfristige Unterbringung von je einem Jugendlichen bis zur Weitervermittlung an andere Orte vorgesehen.
Mietzweck lt. Vertrag: Die Vermietung erfolgt zur ausschließlichen Nutzung als Wohn- Gewerberaum-Büro
Das klappte 10 Jahre auch gut. Dann wurden plötzlich die Büroräume abgebaut und das ganze Personal abgezogen. In den Aufenthaltsräumen, dem Büro und dem Betreuerzimmer sind nun bis zu zwei Bewohner untergebracht. Wie gesagt im 150 qm Gewerbeteil.
Von Seiten der Mieter heißt es, das seien alles Auszubildende der sozialen Institution.
Im Hause gibt es inzwischen gewaltigen Ärger, da hier natürlich verschiedene Kulturkreise und Altersgruppen aufeinander treffen.
Es wird nun nur noch sporadisch meistens erst nach Reklamationen im Objekt nachgesehen.
Auf meine Reklamation und Hinweis auf die Missstände wurde mir mitgeteilt, das Objekt würde wie schon immer genutzt.
Eine vorgeschlagene Nutzungsänderung wurde abgelehnt.
Der Gewerbemietvertrag läuft noch 3 Jahre, aber so möchte ich ihn eigentlich nicht mehr weiter bestehen lassen.
Rechtfertigt eine solche Nutzung eine außerordentliche Kündigung?

27. August 2025 | 21:39

Antwort

von


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37083 Goettingen
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Die von der sozialen Institution vorgenommene Umnutzung der Gewerberäume zu weitergehender Wohnnutzung und Unterbringung von Azubis stellt in Ihrem Fall aller Voraussicht nach eine vertragswidrige Gebrauchsänderung dar, die unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen eine außerordentliche, fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen kann.
Verträge und Mietzweck
Im Mietvertrag ist explizit geregelt, dass die Vermietung zur "ausschließlichen Nutzung als Wohn- Gewerberaum-Büro" erfolgt. Die Nutzung der Gewerbefläche als überwiegende Wohnfläche, auf die sich die Institution zurückzieht und dort bis zu zwei Bewohner je Raum dauerhaft unterbringt, geht deutlich über das ursprünglich vereinbarte Betreuungskonzept hinaus und widerspricht dem ausdrücklichen Mietzweck.
Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung kommt insbesondere dann in Frage, wenn
• eine erhebliche Verletzung der mietvertraglichen Pflichten vorliegt,
• diese auch nach vorheriger Abmahnung nicht abgestellt wird,
• und dem Vermieter ein Festhalten am Vertrag bis zum Ablauf der regulären Mietzeit nicht zumutbar ist (§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB).
Dabei ist entscheidend:
• Die wiederholte, nicht genehmigte Umnutzung als dauerhafte Wohnräume,
• die Versagung einer formellen Nutzungsänderung trotz Aufforderung,
• und die Eskalation der Hausgemeinschaft (Beschwerden, Konflikte)
können ein solches Gewicht erreichen.
Erforderliche Schritte
1. Abmahnung: Vor einer außerordentlichen Kündigung müssen Sie den Mieter in der Regel abmahnen und eine angemessene Frist zur Wiederherstellung der vertragsgemäßen Nutzung setzen, es sei denn, die Pflichtverletzung ist so gravierend, dass eine Fristsetzung entbehrlich wäre (§ 543 Abs. 3 BGB).
2. Dokumentation: Fassen Sie die Missstände, Beschwerden und Abweichungen vom Mietzweck möglichst detailliert zusammen (z.B. Fotos, Zeugen, Dokumentationsprotokolle).
3. Falls keine Änderung erfolgt: Nach erfolgloser Abmahnung kann außerordentlich gekündigt werden.
Rechtsprechung und Durchsetzbarkeit
Die Rechtsprechung stellt regelmäßig fest, dass eine erhebliche Abweichung vom vereinbarten Mietzweck – speziell bei dauerhafter Umwandlung gewerblich vermieteter Räume in Wohnraum gegen den Willen des Vermieters – eine Vertragsverletzung darstellt und die außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Bei sozialen Einrichtungen wird zwar oft eine "erweiterte Zweckinterpretation" angenommen, doch der komplette Entfall der vom Mietvertrag vorgesehenen Betreuung, Büro- und Personalstrukturen führt zu einem erheblichen Interessenkonflikt und Anspruch auf Unterbindung der missbräuchlichen Nutzung.
Fazit
Eine außerordentliche Kündigung wegen vertragswidriger, dauerhafter Umnutzung der Gewerberäume zu Wohnzwecken ist grundsätzlich möglich, erfordert aber in der Praxis eine sorgfältige Abmahnung und Dokumentation. Verweigert der Mieter weiterhin die Rückkehr zur vereinbarten Nutzung, stehen die Chancen für eine erfolgreiche Durchsetzung der Kündigung vor Gericht tendenziell gut.


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