Sehr geehrter Ratsuchender,
leider habe ich keine gute Nachricht für Sie.
Verträge können grundsätzlich auch am Telefon geschlossen werden. Voraussetzung sind zwei mit Bezug aufeinander abgegebene, inhaltlich in den wesentlichen Punkten übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme. Den Vertragsschluss müsste derjenige beweisen, der sich darauf beruft, also hier die Gegenseite, wenn sie von Ihnen Zahlung verlangt. Dieser stünde hierfür die Dame am Telefon, mit der Sie das Gespräch geführt haben, als Zeugin zur Verfügung. Der Gesprächsmitschnitt käme allerdings in einem Zivilprozess nicht als Beweismittel in Betracht, falls er ohne Hinweis darauf entstanden sein sollte.
Ist der Vertrag entstanden, kommen Sie aus diesem vorzeitig nur noch durch einen Widerruf, eine fristlose Kündigung, eine Anfechtung oder eine freiwillige Vertragsaufhebung durch die Gegenseite wieder heraus.
Sie schreiben, dass Ihre Frau einen Fußpflegedienst betreibt. Die Bestellung dieses Werbeeintrags erfolgte damit in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit, vgl. § 14 Abs. 1 BGB
. Dieser Werbeeintrag ist auch der Sache nach nur für Unternehmer bestimmt.
Da Ihre Frau als Unternehmerin handelte, steht ihr das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen gemäß §§ 312b
, 312d
, 355 BGB
nicht zu. Dieses steht nur Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB
zu.
Dies gilt unabhängig davon, wer von Ihnen beiden mit der Dame von Telegate telefoniert hat (Sie sprechen hier nur von „wir"). Sollten Sie das Gespräch geführt und die Bestellung abgegeben haben, ohne von Ihrer Frau dazu bevollmächtigt zu sein, könnte Ihre Frau die Genehmigung des Vertrages verweigern. Der Vertrag wäre damit unwirksam. Allerdings könnte Telegate in diesem Fall von Ihnen als Vertreter ohne Vertretungsmacht Erfüllung des Vertrages (d. h. Zahlung der 460 Euro) verlangen, § 179 Abs. 1 BGB
, womit Ihnen beiden ja auch nicht geholfen wäre. Sie als Vertreter ohne Vertretungsmacht würden nur dann nicht haften, wenn Telegate wusste oder hätte wissen müssen, dass Sie nicht bevollmächtigt waren (§ 179 Abs. 3 Satz 1 BGB
); dies müssten Sie allerdings beweisen.
Leider hätten Sie in diesem Fall auch kein Widerrufsrecht, selbst wenn Sie vermutlich als Verbraucher gehandelt haben sollten. Denn dem vollmachtlosen Vertreter steht nur dann ein Widerrufsrecht zu, wenn im Falle der vorliegenden Vollmacht der Vertretene, also Ihre Frau, zum Widerruf berechtigt wäre. Und das wäre Ihre Frau wie dargelegt nicht.
Insgesamt können also weder Sie noch Ihre Frau widerrufen. Um aus dem Vertrag vorzeitig herauszukommen, blieben Ihnen nur noch die theoretischen Möglichkeiten der fristlosen Kündigung oder der Anfechtung des Vertrages wegen eines Irrtums oder wegen arglistiger Täuschung oder eine Vertragsaufhebung.
Für eine fristlose Kündigung müsste ein wichtiger Grund vorliegen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Ihnen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Einen solchen wichtigen Grund sehe ich hier allerdings nicht.
Für eine Anfechtung bräuchten Sie zunächst einen Anfechtungsgrund. Ein solcher käme in Betracht, wenn Sie bzw. Ihre Frau über den Inhalt Ihrer Vertragserklärung im Irrtum waren (Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Fall 1 BGB
) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollten (Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1 Fall 2 BGB
). Ein Unterfall des Inhaltsirrtums ist der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach § 119 Abs. 2 BGB
. Ein solcher läge vor, wenn Sie bzw. Ihre Frau sich über eine Eigenschaft der angebotenen Dienstleistung (Werbeeintrag) geirrt hätten, die als verkehrswesentlich anzusehen ist.
Schließlich ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB
denkbar.
Da nur Sie bzw. Ihre Frau den Gesprächsinhalt kennen, müssten Sie selbst wissen, ob Sie sich bei Vertragsschluss insoweit geirrt haben oder ob Sie arglistig getäuscht wurden. Wenn das nicht der Fall war, scheidet auch eine Anfechtung aus, ansonsten müsste die Anfechtung unverzüglich (so schnell wie möglich) gegenüber der Firma Telegate erklärt werden.
Durch die Anfechtung könnten Sie allerdings zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der der Firma Telegate dadurch entstanden ist, dass sie auf die Gültigkeit Ihrer Willenserklärung vertraut hat (§ 122 BGB
). Das gilt allerdings nicht bei arglistiger Täuschung.
Sollten Ihnen kein Anfechtungsgrund zur Verfügung stehen, könnten Sie noch versuchen, mit der Gegenseite eine Einigung zu erzielen, die die Aufhebung des Vertrages gegen Zahlung eines Geldbetrages vorsieht. Einen Versuch wäre das sicherlich wert, wenn Ihre Frau mit diesem Eintrag nichts anfangen kann.
Ich hoffe, Ihnen damit einen Einblick in die Rechtslage verschafft zu haben, und wünsche Ihnen für Ihr weiteres Vorgehen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Felix M. Safadi
Rechtsanwalt
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Allgemeine Hinweise:
Bitte erlauben Sie mir noch den obligatorischen Hinweis, dass es sich bei dieser Antwort lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des allein auf Ihren Angaben basierenden Sachverhalts handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Angaben kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sehr geehrter Ratsuchender,
noch eine Ergänzung zur möglichen Anfechtung:
Wie gesagt, müsste die Anfechtungserklärung so schnell wie möglich erfolgen. Eine Anfechtungsfrist von einem Jahr gilt nur bei arglistiger Täuschung. Da die Bestellung bereits länger als ein Monat her ist, könnten Sie leider auch nicht mehr anfechten.
Etwas anderes würde nur gelten, wenn Ihre bereits erfolgte Kündigung als Anfechtungserklärung auszulegen wäre, denn für eine Anfechtung ist die Verwendung des Wortes "Anfechtung" oder "anfechten" nicht erforderlich. Entscheidend wäre nur, dass Sie zum Ausdruck gebracht hätten, dass Sie sich von Ihrer Vertragserklärung lösen wollen, entweder, weil Sie sich geirrt hätten oder arglistig getäuscht worden seien.
Mit freundlichen Grüßen
RA Safadi