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Vertrag mit Architekten gekündigt

12. Mai 2011 17:38 |
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Baurecht, Architektenrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,
vor einem Jahr habe ich ein Doppelhaushälfte gekauft und ein Ingenieurbüro damit beauftragt, alle Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durchführen zu lassen und zu überwachen. Dafür habe ich dem Architekten eine Vollmacht erteilt, weil ich mich die meiste Zeit im Ausland aufhalte. Diese
hat folgenden Inhalt:
"Ich bevollmächtige und beauftrage den Ingenieur R. die erforderlichen Verhandlungen mit Behörden und Stellen in sämtlichen dem Vorhaben betreffenden Angelegenheiten für mich zu erledigen.
Diese Vollmacht umfasst auch die gesamten erforderlichen Bauleistungen ( Herr R. ist auch berechtigt Aufträge an Baufirmen im Rahmen des Umbaus zu erteilen).
Herr R. ist berechtigt, in meinem Namen Unterschriften in den oben aufgeführten Angelegenheiten zu leisten."
Weitere Verträge habe ich mit ihm nicht abgeschlossen, nur mit den einzelnen Gewerken.
Welche Umbaumaßnahmen stattfinden sollen, habe ich schriftlich und zeichnerisch dargelegt. Er versicherte mir über EMail und Skype ständig Kontakt zu halten und mir regelmäßig Fotos zu senden.
Leider habe ich nach meiner Abreise aus Deutschland nicht viel von ihm gehört. Er hat sich mehr um seine eigenen Projekte gekümmert, auf Mails oft nicht geantwortet und innerhalb von 7 Monaten nur 2mal mit mir über Skype gesprochen. Die Baugenehmigung ist 3 mal an die falsche Adresse geschickt worden. Er hat auch nicht wirklich nachgefragt beim Bauamt und der Baubeginn hat sich um 4 Wochen verzögert. Als ich im Dezember für 3 Wochen in Deutschland war, waren nach 4 Monaten lediglich Abrißarbeiten erfolgt sowie Dachstuhl und Dach erneuert. Es wurde immer nur über das Wetter geklagt. Fotos habe ich von vom Dachdecker/Innenausbau bekommen, weil ich selbst Kontakt aufgenommen habe, nie vom Architekten oder auf seine Initiative hin. Bauabnahmen der einzelnen Abschnitte wurden nicht durchgeführt. Die einzelnen Gewerke wurden vom Architekten nicht koordiniert, Es wurden keinen Informationen weitergegeben, der Architekt hat keine Zeichnungen angefertigt für die Gewerke und Zeichnungen, die ich gemacht habe wurden von ihm nicht geprüft. Ende März war ich wieder in Deutschland. Und mußte feststellen, dass viele Fehler gemacht wurden. Den Vertrag mit dem Architekten habe ich daraufhin gekündigt und koordiniere alles selbst
Jetzt warte ich seit 6 Wochen, dass ich die Unterlagen vom Haus, incl. Baugenehmigung, von ihm bekomme. Der Architekt selbst hat mir noch keine Rechnung gestellt. Er hat also auch noch kein Geld von mir erhalten. In 14 Tagen bin ich wieder in Deutschland.

Was kann ich tun, damit er mir die erforderlichen Unterlagen aushändigt?

Ich möchte nicht warten, bis er eine Rechnung ausstellt, denn ich bin nur 3 Wochen in Deutschland und möchte vorher die Unterlagen haben. Außerdem habe ich Rechnungen, die auf Grund der Umbauarbeiten der Baumängel entstanden sind, weil er sich nicht an meinen Vorgaben gehalten hat und die Gewerke nicht informiert hat. Diese Rechnungen werde ich dann an ihn weitergeben.
Freundliche Grüße

Sehr geehrter Rechtsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

Grundsätzlich haben Sie als Bauherr einen Anspruch auf Herausgabe von Planungs- und Vergabeunterlagen einschließlich der Mängelkorrespondenz. Dabei sind die Pläne, die regelmäßig im Eigentum des Architekten stehen, nur als Abzüge herauszugeben. Hinsichtlich der vom Architekt geschlossenen Verträge bzw. der Vertragsunterlagen gilt dagegen etwas anderes. Diese sind regelmäßig Ihr Eigentum geworden, da der Architekt insoweit in Ihrem tätig geworden sein dürfte. Entsprechend können Sie hier die Herausgabe der Originale verlangen. Das gleiche muss für die Baugenehmigung gelten. Dieser Verwaltungsakt ist an Sie, nicht an den Architekten gerichtet; soweit dieser die Baugenehmigung beantragt hat, dürfte er dies in Ihrem Namen, jedenfalls aber in Ihrem Interesse gemacht haben.

Dieser Anspruch besteht auch bei vorzeitiger Kündigung des Vertrages durch den Bauherrn. Regelmäßig kann der Architekt die Herausgabe der Unterlagen nicht unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen offener (bzw. fälliger) Honorarforderungen berufen, da er insoweit vorleistungspflichtig ist und die gesetzlichen Regelungen des Werkvertrages ihm ausreichend andere Sicherungsmöglichkeiten gewähren (OLG Hamm, BauR 2000, 295 ; OLG Köln, BauR 1999, 189 ; OLG Frankfurt, BauR 1982, 295 ).

Sie dürften daher – vorbehaltlich anderslautender wirksamer vertraglicher Vereinbarungen – einen Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen haben.

Diesen Anspruch können Sie im Streitfalle gerichtlich Durchsetzen, bei vorliegendem Eilbedürfnis sogar im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Für Ihr weiteres Vorgehen bietet sich daher Folgendes an:

Soweit noch nicht geschehen, sollten Sie den Architekten zunächst schriftlich (auf Nachweisbarkeit achten – zumindest Einschreiben) zur Herausgabe der Unterlagen auffordern. Hierbei können Sie dem Architekten eine angemessene Frist zur Herausgabe setzen. Hierbei sollten Sie insbesondere den Postlauf berücksichtigen, falls die Unterlagen zur Herausgabe in das Ausland zu versenden sind.

Sollte die Frist verstreichen, sollten Sie erwägen, einen Anwalt einzuschalten. Zum einen erscheint es angesichts Ihres Auslandsaufenthalts ohnehin zweckmäßig, sich zumindest im Falle eines Streits durch einen Anwalt vor Ort vertreten zu lassen. Zum anderen zeigt die Erfahrung, dass Forderungsschreiben von Anwälten nicht selten den gewünschten Erfolg herbeiführen.

Wenn Sie im Hinblick auf die Kosten eines Rechtsanwalts sichere Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Architekten schaffen sollen, so ist es empfehlenswert, den Architekten nach erfolgloser Aufforderung zur Herausgabe der Unterlagen zu mahnen. Hierdurch setzen Sie den Architekten in Verzug; Sie können dann die durch den Verzug entstandenen Kosten als Schaden geltend machen.

Sollte im schlimmsten Falle auch die außergerichtliche Tätigkeit eines eingeschalteten Rechtsanwalts keinen Erfolg bringen, verbleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit, Ihre Interessen gerichtlich durchzusetzen. Ob dies lediglich in Form einer normalen Klage geschieht oder darüber hinaus auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutz, ist anhand Ihres Eilbedürfnisses zu entscheiden. Insbesondere wenn Ihnen durch die Nicht-Herausgabe Schäden drohen, kann sich hieraus ein Eilbedürfnis ergeben.

Soweit Ihnen eine Kostenerstattungspflicht des Gegners nicht übergeordnet wichtig ist, können Sie auch direkt mit der Beauftragung eines Anwalts – für gerichtliche oder außergerichtliche Tätigkeit – beginnen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und wünsche Ihnen viel Erfolg für die Durchsetzung Ihrer Interessen.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen um eine erste Einschätzung aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts handelt, die eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nach umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht ersetzen kann. Durch Auslassen oder Hinzufügen von Tatsachen Ihrerseits kann sich die rechtliche Bewertung ändern.

Bei Unklarheiten können Sie gerne von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch machen.

Mit freundlichen Grüßen

Chris Koppenhöfer
(Rechtsanwalt)

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