Sehr geehrte Fragestellerin,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte. Beachten Sie bitte, dass die von mir erteilte rechtliche Auskunft ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben basiert. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
1. Kann ich die Versicherung auf Grund des nicht eindeutig genug formulierten Antrags, in welchem die Versicherungssumme als Grundlage für die Berechnung der Selbstbeteiligung nicht erwähnt wurde, auf rechtlichem Weg zur Begleichung des Schadens in voller Höhe verpflichten lassen?
Ohne die Unterlagen, insbesondere den Antrag und die dortige konkrete Formulierung, gesehen zu haben, ist eine seriöse Auskunft über diesen Punkt kaum möglich, da die Antwort auf Ihre Frage von der gewählten Formulierung abhängen wird. Auch sind die Versicherungsbedingungen (BEH - Besondere Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Hausratversicherung) zu prüfen, ob sich dort eine Regelung hinsichtlich des Selbstbehalts und der Berechnungsgrundlage findet. Sollte dort eine typische Regelung wie z.B. "Der bedingungsgemäß als entschädigungspflichtig errechnete Betrag wird je Versicherungsfall um den vereinbarten Selbstbehalt gekürzt." enthalten sein, so ist davon auszugehen, dass sich der Selbstbehalt auf die Schadenssumme und nicht auf die gesamte Versicherungssumme bezieht. Sofern dies der Fall ist, hat die Versicherung Ihnen den kompletten Schaden, abzgl. 2% (bzw. mind. 500,- EUR) der Schadenssumme als Selbstbehalt zu erstatten.
Da die BEH aber je nach Versicherung variieren können, sollten Sie dies von einem Anwalt prüfen lassen.
2. Ist die Versicherung auf Grund meiner Formulierung zur Rücknahme des Vergleichsangebots berechtigt, ohne daß ich mich eindeutig gegen diesen Vergleich entschieden habe (aus meiner Sicht ist die o.a. Äußerung im schlimmsten Fall zweideutig, aber noch keine Ablehnung des Angebots)?
Bei dem Schreiben der Versicherung handelt es sich um ein Angebot auf Abschluss eines Vergleichs. Der Anbietende ist dabei grundsätzlich gem. § 145 BGB
an sein Angebot gebunden. Das Angebot erlischt gem. § 146 BGB
, wenn es dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn es nicht diesem gegenüber rechtzeitig (z.B. innerhalb einer gesetzten Annahmefrist) angenommen wird.
Sofern Sie geschrieben haben, dass ein Vergleich aus Ihrer Sicht "die Fortführung der o.a. VHV unter den bisherigen Bedingungen, d.h. die Rücknahme der Streichung der Elementarschaden-Versicherung aus meiner Police voraussetzt", so kann ein objektiver Empfänger (darauf kommt es bei einer Auslegung Ihrer E-Mail an) daraus schließen, dass Sie den angebotenen Vergleich ablehnen und statt dessen einen neuen bzw. andersartigen Vergleich vorschlagen. Dabei handelt es sich rechtlich gesehen um eine Ablehnung des Angebots der Versicherung (900,-EUR, aber Ausschluss der Elementarschäden), verbunden mit einem neuen Angebot, das Sie selbst gemacht haben (900,- EUR ja, aber nur, wenn Vertrag wie bisher bestehen bleibt). Dieses neue Angebot muss die Versicherung jedoch nicht annehmen, was sie offensichtlich auch nicht getan hat.
Die Kündigung eines Versicherungsvertrages in der Sachversicherung ist nach § 92 VVG
für beide Parteien nach Eintritt eines Versicherungsfalles möglich. Die Versicherung ist daher leider berechtigt, den Vertrag mit Ihnen zu kündigen und aufgrund der gewählten Formulierung in Ihrer E-Mail auch nicht mehr an ihr Vergleichsangebot gebunden.
3. Ist im Zweifelsfall vielleicht auch der Vermieter bzw. dessen Versicherung zu belangen, wenn der Schaden durch einen undichten Kellerboden (eindringendes Grundwasser) entstand und dieser Mangel dem Vermieter zuvor nachweislich bekannt war, er uns darüber aber nicht unterrichtet hat?
Grundsätzlich ist ein Anspruch gegen den Vermieter auf Schadensersatz dann möglich, wenn diesem ein Verschulden nachgewiesen werden kann, dass er seiner Instandhaltungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Beweislast hierfür obliegt Ihnen, d.h. Sie müssten (durch Zeugen, Schriftstücke etc.) beweisen können, dass er Kenntnis vom Eindringen des Grundwassers hatte und dennoch untätig geblieben ist und durch diese Untätigkeit bei Ihnen ein Schaden verursacht wurde.
Eine bestehende Wohngebäudeversicherung würde - wenn überhaupt - jedoch nur Schäden am Gebäude selbst, nicht jedoch an Hausratsgegenständen ersetzen. Schäden durch eindringendes Grundwasser in den Keller sind jedoch in der Regel nicht mitversichert.
Ansonsten kommt die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung Ihres Vermieters in Betracht. Beachten Sie aber, dass bei Haftpflichtversicherungen - sofern diese hier eingreift - nur der Zeitwert der beschädigten Gegenstände ersetzt wird, nicht jedoch der Neuwert der Gegenstände. Dieser wird nur von der Hausratversicherung bezahlt.
Erster Weg sollte daher die Geltendmachung des noch nicht bezahlten Schadens (abzüglich des Selbstbehalts s.o.) gegenüber der Hausratversicherung sein. Erst in zweiter Linie sollte der verbliebene Schaden gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden. Dazu sollten Sie Ihren Vermieter schriftlich auffordern, Ihnen die Versicherungsnummer zu nennen und den Schaden dann gegenüber der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung geltend machen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Sach- und Rechtslage gegeben zu haben. Gerne steht Ihnen meine Kanzlei für die Prüfung des Versicherungsvertrags hinsichtlich des Selbstbehalts und der weiteren Korrespondenz mit der Versicherung zur Verfügung. Sollten Sie Rückfragen zu meinen Ausführungen haben, nutzen sie bitte die entsprechende Funktion dieses Portals. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Cornelia Klüting
Rechtsanwältin
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