Guten Morgen,
bei einer Arztpraxis handelt es sich rechtlich um einen Gewerbemietvertrag, und im Gewerberaummietrecht haben die Vertragsparteien grundsätzlich großen Gestaltungsfreiraum – das heißt, Sie als Vermieter können sich rechtlich dafür entscheiden, einen neuen Mietvertrag anzubieten oder nur unter Bedingungen einem Wechsel des Vertragspartners zuzustimmen.
Technisch sind zwei verschiedene Vorgänge zu unterscheiden: die bloße Überlassung der Räume an eine andere Person (Untervermietung oder faktische Nutzungsüberlassung) und die Übertragung bzw. formelle Übernahme der vertraglichen Stellung (ein neuer Vertragspartner tritt an die Stelle des bisherigen Mieters). Nach § 540 BGB ist die Gebrauchsüberlassung an Dritte grundsätzlich nur mit Erlaubnis des Vermieters zulässig; ohne Erlaubnis kann dies dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen sogar ein Kündigungsrecht einräumen. Das gilt auch für Geschäftsräume wie eine Arztpraxis.
Wenn im bestehenden Mietvertrag eine Nachfolge- oder Übernahmeklausel zugunsten des bisherigen Mieters enthalten ist (häufig in Praxismietverträgen vereinbart), kann der bisherige Mieter in der Regel einen Nachfolger benennen, der in den Vertrag eintritt – dann geschieht die Übernahme zu den bestehenden Konditionen. Fehlt eine solche Klausel, hat der bisherige Mieter keinen rechtlichen Anspruch darauf, den Vertrag einfach „übergeben" zu dürfen; in diesem Fall können Sie als Vermieter die Zustimmung verweigern und anstelle dessen verlangen, dass ein neuer Vertrag mit dem Nachfolger geschlossen wird. Viele Praxiskauf-/Nachfolgeregelungen sehen aus diesem Grund ausdrücklich vor, wie mit dem Mietverhältnis umzugehen ist.
Für Sie als Vermieter bedeutet das konkret: Sie sind nicht verpflichtet, den alten Vertrag inhaltsgleich weiterzuführen, wenn der bisherige Mieter die Praxis an die Ärztin verkaufen möchte und diese die Räume nutzen will. Sie können verlangen, dass ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, insbesondere wenn der alte Vertrag Laufzeiten, Miethöhen oder sonstige Bedingungen enthält, die Sie nicht mehr akzeptieren wollen (beispielsweise eine sehr niedrige Quadratmetermiete ohne Erhöhungsmöglichkeit). Gleichzeitig ist es üblich und oft wirtschaftlich sinnvoll, Bedingungen auszuhandeln, falls Sie dem Übertritt in den alten Vertrag doch zustimmen möchten – zum Beispiel eine Sicherheitserhöhung, eine persönliche Bürgschaft, Abgeltung für übernommene Inventarwerte, Zustimmung zu einer aktualisierten Index-/Staffelmiete oder eine Anpassung der Vertragslaufzeit und des Verwendungszwecks. Musterverträge und Praxis-Spezialverträge enthalten regelmäßig Klauseln zur Abtretung/Übertragung oder zur Zustimmungspflicht und zeigen, wie solche Anpassungen formuliert werden können.
Ein weiterer Aspekt, den Sie beachten sollten, ist: Bei einer Praxisübernahme gehen arbeitsrechtliche Verpflichtungen gegenüber Beschäftigten durch einen Betriebsübergang nach § 613a BGB über; diese Regel betrifft zwar primär die Arbeitsverhältnisse, kann aber wirtschaftlich und organisatorisch relevant sein, wenn Personal, Geräte oder laufende Verpflichtungen Teil des Praxiskaufs sind. Das Mietverhältnis selbst wird durch einen Betriebsübergang nicht automatisch auf die Käuferin „hineingezwungen" – für das Mietverhältnis bleibt es also bei den zuvor genannten zivilrechtlichen Regeln.
Praktisch haben sich in der Praxis zwei sinnvolle Wege etabliert: Entweder Sie machen Ihre Zustimmung zur Übernahme des bestehenden Vertrages von konkreten, schriftlich fixierten Bedingungen abhängig (z. B. höhere Kaution, Übernahmehaftung des Veräußerers bis zu einer bestimmten Frist, Bonitätsnachweis der Nachfolgerin, Anpassung einzelner Klauseln), oder Sie bestehen auf einem neuen Mietvertrag zu verhandelten, marktüblichen Konditionen. Beide Vorgehensweisen sind rechtlich möglich; welche wirtschaftlich günstiger ist, hängt von der konkreten Bonität der Übernehmerin, dem Marktumfeld, der weiteren Nutzung und Ihrem Wunsch nach vertraglicher Modernisierung ab.
Fazit:
Sie können als Vermieter die Übernahme des alten Vertrags ablehnen und auf Abschluss eines neuen Vertrags bestehen. Wenn Sie eine Übernahme dennoch erlauben, sollten Sie die Zustimmung schriftlich an Bedingungen knüpfen und diese klar regeln (Sicherheiten, Haftung, Miethöhe, Laufzeit, Zweckbindung, Übergabe von Inventar etc.), damit spätere Streitigkeiten vermieden werden.
Beste Grüße
18. September 2025
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08:49
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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