Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst die Kurzfassung meiner Antwort auf Ihre Kernfrage:
Frage: Macht Klageverfahren die (geringfügig falsche) ortsübliche Vergleichsmiete (aus dem qualifizierten Mietspiegel) das Mieterhöhungsverlangen an sich fehlerhaft bzw. ungültig, oder würden Sie eine solche Klage Ihres Vermieters (angesichts der unveränderten Höhe der Mieterhöhung) verlieren?
Antwort:
Ein kleiner Rechen-/Einordnungsfehler im qualifizierten Mietspiegel führt nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens. Das Gericht kann Ihre Zustimmung in der materiell richtigen Höhe ersetzen (auch unter Kappungsgrenzenaspekten). Sie verlieren die Klage Ihres Vermieters voraussichtlich, wenn die verlangte neue Miete auch mit korrekt berücksichtigtem Abzug und innerhalb der (für Ihre Stadt geltenden) Kappungsgrenze zulässig ist. Ist sie zu hoch, wird nur teilweise verurteilt (Reduktion auf den zutreffenden Betrag).
Meine Empfehlung:
1. Zunächst alle Nachweise sammeln und bündeln: Ausdruck des städtischen Mietspiegelrechners, Hervorhebung des Abzugs (0,23 €/m²), Fotos/Belege zum Bodenbelag.
2. Teilzustimmung erklären: Zustimmung bis zur von Ihnen ermittelten Miete (8,57 €/m² als Oberwert; faktisch wird die Kappungsgrenze maßgeblich sein). So signalisieren Sie Prozessökonomie und reduzieren ein etwaiges Kostenrisiko. Machen Sie es wie bisher: Führen Sie die Korrespondenz ausschließlich schriftlich und sammeln Sie auch diese.
3. Kappungsgrenze Ihrer Stadt (rein vorsorglich) nochmals prüfen und entsprechende Nachweise o.Ä. sammeln.
4. Fristen sauber im Blick behalten: Für den Vermieter gilt nach Ablauf Ihrer 2-Monats-Überlegungsfrist eine 3-Monats-Klagefrist (§ 558b Abs. 2 S. 2 BGB).
Hier die ausführliche Antwort:
1) Form & Begründung: Welche Fehler „killen" das Verlangen – und welche nicht?
Ein Mieterhöhungsverlangen muss in Textform erklärt und begründet werden; als Begründungsmittel genügt die Bezugnahme auf einen (qualifizierten) Mietspiegel. Es reicht, wenn Sie die Zuordnung nachvollziehen können; der Mietspiegel muss nicht zwingend beigefügt sein, sofern er allgemein zugänglich ist.
Der BGH hat ausdrücklich entschieden: Falsche Rasterfeld-/Feldeinstufung oder kleinere Rechenfehler nehmen dem Verlangen nicht die formelle Wirksamkeit (= Schriftform, Begründungspflicht und Nachvollziehbarkeit); sie sind materielle Fragen. Das Gericht prüft dann die richtige Einordnung/den korrekten Wert.
2) Materielle Grenzen: Vergleichsmiete und Kappungsgrenze
Der Anspruch geht bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete; zusätzlich gilt die Kappungsgrenze (20 % in 3 Jahren, in vielen NRW-Städten auf 15 % abgesenkt). Beide Grenzen wirken kumulativ.
Der BGH stellt klar: Eine Zustimmungspflicht besteht nur innerhalb der Grenzen von § 558 Abs. 1 und Abs. 3 BGB – also nicht darüber hinaus.
Konsequenz für Ihren Fall:
Wenn die nach Kappungsgrenze zulässige neue Miete (ausgehend von < 6 €/m²) unter der richtigen Vergleichsmiete von 8,57 €/m² bleibt, ist der kleine Abzugsstreit (0,23 €/m²) voraussichtlich nicht prozessentscheidend. Das Gericht würde die Zustimmung dann mindestens bis zur durch Kappungsgrenze zulässigen Miete ersetzen – soweit diese nicht über der richtigen Vergleichsmiete liegt. Liegt die geforderte Miete dagegen über der korrekt ermittelten Vergleichsmiete, wird nur teilweise verurteilt (Reduktion).
3) Fristen & Taktik
Ihre Fristannahme ist leicht daneben: Nach Zugang des Erhöhungsverlangens läuft für Sie zunächst die Überlegungs-/Zustimmungsfrist bis zum Ende des zweiten Monats. Erklären Sie nicht, kann der Vermieter die Zustimmungsklage innerhalb von weitere(n) drei Monaten erheben (§ 558b Abs. 2 S. 2 BGB). Verpasst er diese Klagefrist, muss er neu ansetzen.
Teilzustimmung/-anerkenntnis: Sie können Ihre Teilzustimmung zur nach Ihrer Berechnung zulässigen Miete erklären. In einem Prozess kann das Kostenrisiko sinken, wenn Sie einen unstreitigen Teil anerkennen. Der Vermieter darf im Prozess seinen Antrag auch reduzieren, ohne neu beginnen zu müssen.
4) Beweis-/Darlegung zum Abzug (0,23 €/m², Bodenbelag)
In der Sache muss der Vermieter die Voraussetzungen des § 558 BGB und die Einordnung im Mietspiegel schlüssig darlegen. Bestreiten Sie einen abschlagsrelevanten Umstand (hier: einfacher/abgenutzter Bodenbelag etc.), sollten Sie das substantiiert/schlüssig darlegen (Fotos, Mietspiegelrechner-Ausdruck, ggf. Zeugen). Das Gericht ermittelt die ortsübliche Miete eigenständig; qualifizierte Mietspiegel haben Indizwirkung, sind aber widerlegbar.
Mein Fazit
Wenn allein der kleine Abschlag (0,23 €/m²) streitig ist, wird das die Mieterhöhung nicht „kippen". Entscheidend ist, wo Ihre konkrete neue Miete im Verhältnis zu der richtigen Vergleichsmiete und der Kappungsgrenze liegt. Liegt sie darunter, dürfte der Vermieter mit der Zustimmungsklage durchkommen (ggf. mit kleiner Korrektur). Ihre beste Linie ist eine sauber belegte Teilzustimmung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Mustafa Hashimi
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