Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen gültig, falls NACH OP unterschrieben?

| 5. November 2008 13:14 |
Preis: 50€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Holger Hafer

Sehr geehrte Anwälte und Anwältinnen,

ich habe mir am 05.05.2008 abends einen Schenkelhalsbruch zugezogen und wurde daraufhin ins Krankenhaus gebracht. Bei der Notaufnahme nannte ich den Namen meiner Privaten Krankenversicherung. Über Chefarztbehandlung o.ä. wurde nicht gesprochen. Zeuge hierfür ist vorhanden. OP begann am 06.05. um 0.30h.

Operiert wurde ich von einem sog. „ständigen Vertreter des Chefarztes“. Dieser gab sich jedoch nicht als solcher zu erkennen. Stellte sich lediglich mit Namen vor.

Am Morgen darauf, am 06.05. um ca. 10.00h, kam eine Angestellte des Krankenhauses, die mir eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen vorlegte. Sie erklärte, ich habe letzte Nacht wahlärztliche Leistungen in Anspruch genommen und müsse daher diese Vereinbarung unterschreiben, was ich auch tat. Aufgrund der Narkose, der Medikamente und der Schmerzen war ich nicht in der Lage, den komplizierten Vertrag zu lesen, zu verstehen und dessen finanzielle Folgen abzusehen. Die Unterschrift des Vertrages erfolgte am 06.05. (ohne Nennung der Uhrzeit), zusätzlich steht drauf: „Wahlärztliche Leistungen in Anspruch genommen seit dem 05.05.“

Ich habe bereits alle Rechnungen beglichen, aber meine Versicherung übernimmt die Kosten für wahlärztliche Leistungen nicht.


Nun meine Fragen:


1. Ist eine Wahlleistungsvereinbarung überhaupt gültig, wenn Sie NACH dem Eingriff unterschrieben wird?

Die Intention der „wahlärztlichen Leistung“ ist doch eigentlich Folgende: Der Patient hat VOR der OP die WAHL, ob er sich vom derzeit diensthabenden Arzt behandeln lässt oder ob er sich vom Chefarzt persönlich behandeln lässt und damit ein hohes finanzielles Risiko eingeht. Mich hat man nie gefragt bzw. vor die Wahl gestellt. Warum hätte ich mich NACH der erfolgreichen OP noch für eine solche finanzielle Belastung entscheiden sollen?

Hierzu noch Informationen, die ich im Internet recherchiert habe:

Gem. § 22 Abs. 2 BPflVO muss die Wahlleistungsvereinbarung der Leistungserbringung vorausgehen. Dies bedeutet, dass Leistungen, etwa im Rahmen einer Notfallbehandlung, nicht liquidiert werden können, wenn nicht zuvor die schriftliche Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten oder seinem Stellvertreter getroffen wurde. http://www.dgai.de/06pdf/12_531-Wahlaerztl-Leistungen.pdf

Zwingende Voraussetzung für die gesonderte Berechnung der wahlärztlichen Leistung ist eine Vereinbarung vor ihrer Erbringung. Das stellt § 22 Abs. 2 BPflV 1997 ausdrücklich klar. http://www.kanzlei-hamburg.de/rechtsanwalt/index.php?id=33,38,0,0,1,0


2. Ist der Vertreter des Chefarztes in meinem Fall überhaupt berechtigt, die wahlärztlichen Leistungen abzurechnen?

Im Vertrag heißt es „dass im Falle einer unvorhersehbaren Verhinderung…“ auch der ständige Vertreter des Chefarztes behandeln darf, sich aber als solcher zu erkennen geben muss. Ich wurde „nur“ vom Vertreter des Chefarztes operiert, wurde aber nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei meinem Operateur um einen „Vertreter“ handelt.


3. Wie stehen meine Chancen bei einer Klage gegen das Krankenhaus bzw. den Arzt?

Ich dem Krankenhaus bereits selbigen Fall geschildert (+ Auszüge aus Internet) und um Rückerstattung der Kosten gebeten. Mein Antrag wurde jedoch abgelehnt, mit der Begründung, die Vereinbarung sei gültig.


Vielen Dank und freundliche Grüße!

Sehr geehrte Fragestellerin,

gerne beantworte ich ihre Anfrage wie folgt :

(1) Ich teile grundsätzlich ihre Auffassung dass wahlärztliche Leistungen nur dann in Rechnung gestellt werden dürfen, sofern dies zwischen den Parteien so vereinbart wurde. In ihrem Falle hat das Krankenhaus ohne Absprache eine solche Wahlleistung erbracht und kann diese daher grundsätzlich nicht voll in Rechnung stellen. Beachten Sie aber folgendes :

Aus § 22 I BPfV ergibt sich, dass für Leistungen ab 2005 das neue Krankenhausentgeltgesetz gilt. Aus § 17 II KHEntgG ergibt sich nunmehr, dass eine Wahlleistung VOR Leistungserbringung SCHRIFTLICH zu vereinbaren ist.
In ihrem Falle kommt als Besonderheit dazu, dass Sie am 06.05.08 um ca. 10:00 Uhr eine teilweise rückwirkende Wahlleistungsvereinbarung unterschrieben haben. Unterstellt, dass diese Vereinbarung allen sonstigen Anforderungen genügt, sind Sie nach meiner Einschätzung verpflichtet, die Wahlleistungen ab dem Moment der Unterzeichnung zu entrichten. Eine Rückwirkung für die Leistungen vor dem 06.05 kommt aber aufgrund des § 17 II KHEntgG nicht in Betracht.

Daraus folgt, dass das Krankenhaus zwar nicht rückwirkend ab dem 05.05. die Wahlleistung in Rechnung stellen darf, jedoch aber ab dem 6.5. einen vertraglichen Anspruch besitzt.

Ihren Einwand, dass Sie die Vereinbarung aufgrund ihrer gesundheitlichen Zustandes nicht abschätzen konnten, könnte zwar eine Möglichkeit darstellen gegen die gesamte Vereinbarung vorzugehen, bedenken Sie aber, dass Sie für den Beweis ihrer "Geschäftsunfähigkeit" die Beweislast tragen. Ich empfehle Ihnen daher, diesen Ansatz nur weiterzuverfolgen, wenn Sie eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung beweisen können.

Unterstellt, dass Sie trotz der Operation geschäftsfähig waren, empfehle ich Ihnen daher sich gegenüber dem Krankenhaus darauf zu berufen, dass der Wahlleistungsvertrag nur eine Zahlungspflicht für die Leistungen ab dem 06.05. rechtfertigt und Sie die Wahlleistungen des 05.05.08 zurückfordern.

(2) Da Sie Behandlung des Vertreters des Chefarztes nicht vorher explizit gewünscht haben, darf ihnen dies auch nicht berechnet werden. Berufen Sie sich hier auf § 17 II KHEntgG und der dort verlangten vorhergehenden Schriftform.

(3) Um ihre Chancen auf einen Prozess sicher abschätzen zu können, müssten sämtliche Unterlagen eingehend geprüft werden. Nur bezüglich des Punktes des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses haben Sie aber bezüglich der Wahlleistungen VOR dem 06.05.08 gute Aussichten. Bezüglich der Wahlleistungen ab dem 06.05.08 sehe ich bisher keine grosse Erfolgsaussicht.


Ich hoffe Ihnen geholfen haben zu können und stehe Ihnen über die Nachfragefunktion,per Mail oder telefonisch bei Rückfragen zur Verfügung.
Bitte haben Sie dafür Verständnis das im Rahmen dieser Erstberatungsplattform nur eine erste Einschätzung ihrer Anfrage möglich ist und insbesondere das Hinzukommen bisher nicht genannter Umstände zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen kann.


Sollten Sie an einer Beauftragung interessiert sein, kann ich Ihnen anbieten das Beratungshonorar dieser Plattform auf eine weitergehende Beauftragung anzurechnen.



Mit freundlichen Grüßen


Holger Hafer
(Rechtsanwalt)

Rückfrage vom Fragesteller 6. November 2008 | 12:31

Sehr geehrter Herr Hafer,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Wie ich es auch bereits vermutet hatte, sind die wahlärztlichen Leistungen VOR Unterzeichnung des Vertrages eigentlich nicht abrechnungsfähig. Sie sprechen nun davon, dass Sie gute Chancen darin sehen, die Kosten vor dem 06.05. zurückzubekommen (siehe (3)).

Nur besteht das eigentliche Problem ja darin, dass der Großteil der Kosten (OP, Anästhesie) aber tatsächlich erst am 06.05. angefallen ist, und zwar zwischen 0.30h und 2.00h in der Früh bzw. Nacht (Uhrzeit steht auch auf der Rechnung). Den Vertrag unterschrieben, habe ich aber erst Stunden später – so gegen 10.00 morgens. Ich habe sowohl einen Zeugen für die Nacht, der bezeugen kann, dass ich nichts vor der OP unterschrieben habe, als auch 2 Zeugen – allerdings hier Familienmitglieder – die bezeugen können, dass um 10.00h morgens jemand vorbei kam und mir den Vertrag zur Unterschrift vorlegte.

Auf dem Vertrag ist aber die Uhrzeit nicht verzeichnet, somit könnte das Krankenhaus argumentieren, der Vertrag sei ab 0.00h des 06.05. gültig. Ferner ist handschriftlich hinzugefügt worden, dass die wahlärztlichen Leistungen bereits ab dem 05.06. in Anspruch genommen wurden (Hier wurde ich untersucht und geröntgt). Dies bezeugt m.E. auch, dass hier unrechtmäßiger Weise etwas RÜCKWIRKEND geltend gemacht werden soll.

Das Krankenhaus hat in seinem Schreiben, wo es meinen Antrag auf Rückerstattung der Kosten ablehnt, argumentiert, dass ich „versehentlich bei Ihrer [=meiner] Aufnahme angegeben habe, privat mit Chefarztleistung versichert zu sein“ und dass ich „eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung mit Wirkung zum 06.05.2008 abgeschlossen“ habe. Weiter heißt es „Aufgrund dieser Angabe und des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung wurde eigens Herr Dr. X hinzugezogen“. „Es kann nicht zu Lasten der Klinik bzw. des Arztes gehen, wenn der Patient sich im Irrtum über den Inhalt seines Versicherungsverhältnisses befindet“.

Auch hier kann mein Freund bezeugen, dass ich in der Nacht vor der OP niemals etwas von Chefarztbehandlung erwähnt habe, sondern lediglich den Namen meiner Privatversicherung genannt habe.

Sind Sie nun der Meinung, dass ich Anspruch auf Rückerstattung der Kosten für Wahlleistungen VOR DEM ZEITPUNKT DER UNTERZEICHNUNG um 10.00h habe (OP und Anästhesie) oder nur für die Kosten am 05.06 (lediglich Röntgen und Untersuchung?). Das wurde in Ihrer Antwort nicht ganz klar und genau darum geht es ja!


Noch kurz zu Frage 2: Hier ging es mir eigentlich darum, einen weiteren Beanstandungsgrund (neben der nachträglichen Unterzeichnung) zu finden. Ist der Vertreter des Chefarztes überhaupt berechtigt wahlärztl. Leistungen in Rechnung zu stellen, wenn er seiner Pflicht, sich als Vertreter des Chefarztes erkennen zu geben, überhaupt nicht nachgekommen ist?

Hierzu hatte ich noch folgendes im Internet gefunden:
Um unnötige Honorarprozesse zu vermeiden, sollten die „Wahlärzte“ [hier die ständigen Vertreter des Chefarztes] des Krankenhauses dafür sorgen, dass
- die Benennung als volle Alternative zur Leistung des Wahlarztes ausgestaltet und nicht auf Fälle der Verhinderung begrenzt wird
- der Vertreter des Wahlarztes sich dem Wahlleistungspatienten stets als solcher zu erkennen gibt und sein Einverständnis mit der Vertretung einholt; er sollte darüber einen Vermerk in die Krankengeschichte aufnehmen.
http://www.bda.de/06pdf/12_519-Wahlaerztl-Leistungen.pdf

In meinem Wahlleitungsvertrag steht aber „bei unvorhergesehener Verhinderung“. Ob und warum der Chefarzt selbst verhindert war, wurde mir nie mitgeteilt. Der Vertreter, der mich operiert hat, hat sich auch nicht als Vertreter vorgestellt, nur mit seinem Namen.


Herr Hafer, erlauben Sie mir eine letzte Frage: Wenn Sie ein Schreiben an den Arzt / das Krankenhaus verfassen würden, in dem Sie als Anwalt den Fall schildern und die Ungültigkeit des Vertrages vor 10.00h erklären und die Rückerstattung der Kosten vor 10.00h fordern, was würde mich dies ca. bei Ihnen kosten?

Ich hoffe Sie können mir nochmals weiterhelfen.

Vielen Dank und freundliche Grüße!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. November 2008 | 13:43

Gerne beantworte ich ihre Nachfrage wie folgt :

(1) Aufgrund der Tatsache, dass Sie selber den genauen Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung beweisen können; ihre Familienmitglieder können hierfür in jedem Fall als Zeugen genutzt werden; sehe ich Sie frühstens ab dem Moment der Unterzeichnung somit dem 06.05. um 10:00 Uhr zur Übernahme der Wahlleistungen verpflichtet.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sie beweisen können, auch nie verbal angegeben zu haben, dass Sie Wahlleistungen in Anspruch nehmen wollten. Die bloße Angabe der Versicherung, sei es auch eine private rechtfertigt nicht, dass das Krankenhaus dann annimmt sie wollen Wahlleistungen in Anspruch nehmen; schließlich bieten auch private Versichrungen, wie in ihrem Fall, teilweise "nur" Leistungen im Umfang der gesetzlichen Kassen an. Die Argumentation des Krankenhauses halte ich daher für unzutreffend.

Abschließend empfehle ich Ihnen die Kosten vor 10:00 Uhr des 06.05 zurückzufordern.

(2) Bezüglich des zweiten Punktes würde ich mich gar nicht mit dem Krankenhaus auf die Auslegung des Wahlleistungsvertrages für die eigentliche OP einlassen, da in jedem Fall eine nachträgliche Vereinbarung vorliegt und somit sowieso die gesamte Wahlleistung vor der Unterzeichnung nicht abgerechnet werden sollte.
Gerne beantworte ich ihre Anfrage aber so, dass es auf den einzelnen Wahlleistungsvertrag und die dortige Vereinbarung ankommt, inwieweit der Chefarzt einen Vertreter benennen darf. Den Nachweis einer "unvorhergesehenen Verhinderung" kann das Krankenhaus aber wohl relativ leicht führen, so dass ich ihnen nicht empfehle auf dieser Argumentationsbasis vorzugehen. Empfehlenswerter ist es, nach meiner Einschätzung, hier auf die generelle Unwirksamkeit der Vereinbarung zu bestehen.


Sehr gerne mache ich Ihnen ein Angebot für ein entsprechendes Schreiben. Am besten teilen Sie mir kurz per Mail an "email@kanzlei-hafer.com" die Höhe der unberechtigten Forderungen des Zeitraumes vor 10:00 Uhr des 06.05. mit. Auf Basis der Höhe der Rückforderung kann ich Ihnen dann ein entsprechendes Angebot unterbreiten.
Bis zur ausdrücklichen Beauftragung entstehen ihnen keine weiteren Kosten, mein Angebot ist selbstverständlich unverbindlich.


MfG

Hafer
(Rechtsanwalt)

Bewertung des Fragestellers 10. November 2008 | 09:01

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Sehr netter Anwalt, der auch bei der Nachfrage nochmals sehr ausführlich geantwortet hat.

"