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Urheberrecht von Architekten

| 18. Februar 2020 01:26 |
Preis: 150,00 € |

Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht


Beantwortet von

Sehr geehrter Herr/Frau Anwalt/Anwältin, vor der Formulierung unserer Frage kurz der Sachverhalt:

1988 hat unsere Gemeinde einen Wettbewerb WOHNUMFELDVERBESSERUNG durchgeführt, der in seinen wesentlichen Teilbereich die Freiflächengestaltung im Bereich der Kirchstraße im Historischen Umfeld der 1125 Jahre alten Basilika zum Inhalt hatte.
Diesen Wettbewerb hat ein namhaftes Architekturbüro wegen seiner gelungenen künstlerischen Ausgestaltung der Freiflächen, im Wesentlichen gekennzeichnet durch Natursteinpflaster, Verengungen der Fahrfläche durch gut gestaltete Grauwackeelemente mit Stufen, eine Platzgestaltung mit einem attraktiven Brunnen, zusammen betrachtet ein Gesamtkunstwerk bildet, das damals ein wichtiges Entscheidungskriterium für dieses Büro durch die Jury war. Der Brunnen selbst wurde von diesem Büro mit Beteiligung eines Bildhauers gestaltet, der nicht nur sehr gelungene Bronzefiguren und sonstige Accessoires, schuf, sondern auch auf den eben erwähnten benachbarten Grauwackeelementen.

Weil seinerzeit eine Pflaster-Steinart verwendet wurde, die bereits nach kurzer Zeit wegen Haarrissen und Frosteinwirkung schadhaft wurde, ist eine Sanierung erforderlich.
Die Sanierungsplanung der Gemeinde sieht nun vor, daß Teile dieses Platz-Gesamtkunstwerks
abgebrochen werden sollen, um eine flüssigere Verkehrsführung zu ermöglichen und (das Schlimmste) kein Natursteinpflaster mehr in Rede steht, sondern eine Gußasphaltdecke an dessen Stelle treten soll. Diese Absicht mißachtet die damalige Jury-Entscheidung und verletzt
nach Ansicht auch eklatant die Urheberrechte der beiden Schöpfer dieses Werks.
Beide haben gegen die Absichten der Gemeinde Einspruch erhoben und Rechtsmittel für den Fall angedroht, daß die Gemeinde an Ihrer Planung festhält.
Das LVA- Amt für Denkmalschutz, Pulheim, stützt die Meinung der Schöpfer, was allerdings wohl keine rechtliche Bedeutung hat, da der Platz/Brunnen/Kirchstraße nicht unter Denkmalschutz steht.
Die Gemeinde widerspricht der Auffassung der Schöpfer und behauptet, daß das Kunstwerk die Kriterien nach dem Urheberrechtsgesetz für einen Schutz nicht erfülle.

Daran knüpft sich die Frage an Sie, wie Sie die Gewinnaussichten der Schöpfer einschätzen für den Fall, daß die Gemeinde tatsächlich auf ihrer Meinung beharrt und es zum Rechtsstreit kommen sollte.

18. Februar 2020 | 08:34

Antwort

von


(2753)
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26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Grundsätzlich können auch Architektenleistungen wie Baupläne oder die darauf basierenden Bauwerke und Gestaltungselemente als Werke der Baukunst urheberrechtlich geschützt sein. Geschützt sind gemäß § 2 Absatz 2 UrhG aber nur persönliche geistige Schöpfungen.

Für einen Urheberrechtsschutz muss ein Werk der Baukunst sich dabei deutlich von durchschnittlichem planerischen Schaffen abheben. Lösungen fachgebundener technischer
Aufgaben durch Anwendung der einschlägigen technischen Regeln oder ein rein handwerkliches oder im Wesentlichen routinemäßiges Schaffen reichen nicht aus. Allerdings können auch reine Zweckbauten geschützt sein, z.B. eine WC-Anlage an einer Autobahnraststätte. Voraussetzung ist lediglich, dass die konkrete Planung eine ästhetische, über die technisch-zweckgebundene Lösung hinausgehende Leistung verkörpert, die sich als das Ergebnis eines eigenartigen, individuellen
Schaffens darstellt. Dazu genügt es, dass der Planer eine subjektiv neue, einfallsreiche und außergewöhnliche Kombination von Elementen des auch vorbekannten Formenschatzes schafft (Landgerichts Leipzig, Urteil vom19.10.2001, DAB 9/2002, S.50).

Ohne Inaugenscheinnahme der Freiflächengestaltung kann aus der Ferne im Rahmen dieser Erstberatung natürlich nicht abschließend beurteilt werden, ob diese Leistung des Architekten urheberrechtlich geschützt ist. Die grundsätzliche Urheberfähigkeit des geplanten Werkes kann
nach erfolgreicher Teilnahme an einem Wettbewerb wie dem von Ihnen genannten aber in der Regel unterstellt werden.

Soweit die dem Auftraggeber eingeräumten Verwertungsrechte nicht auch das Recht zur Bearbeitung umfassen, ist eine entstellende Veränderung (die nach Ihrer Schilderung wohl vorliegen würde aufgrund der Änderung der Pflasterung) gemäß § 39 Absatz 1 UrhG grundsätzlich nicht gegen den Willen des Architekten möglich.
§ 39 Absatz 2 UrhG macht hiervon eine Ausnahme, wenn der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen darf. Entscheidend für die Beurteilung sind dabei einerseits die Gestaltungshöhe des Bauwerks, andererseits die zwingenden wirtschaftlichen, technischen oder funktionalen Interessen des Auftraggebers. Es muss daher eine Interessenabwägung stattfinden. Änderungen nur aus ästhetischen Gründen muss der Urheber nicht hinnehmen. In Ihrem Fall scheint die ursprüngliche Pflasterung sich in der Praxis nicht bewährt zu haben, weshalb hier durchaus ein Interesse des Auftraggebers an einer praxistauglicheren Pflasterung bejaht werden kann. In einem zweiten Schritt wäre dann zu prüfen, welche bezahlbaren Alternativen es gibt, die eine flüssige Verkehrsführung und längere Haltbarkeit versprechen, aber dennoch der ursprünglichen Gestaltung näher kommen.

Gibt es solche Alternativen, sind durchaus Gewinnchancen im Rechtsstreit gegeben. Eine abschließende Beurteilung wird aber aus den oben genannten Gründen nur ein auf Urheberrecht und Architektenrecht spezialisierter Rechtsanwalt vor Ort geben können.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 19. Februar 2020 | 00:37

Danke für Ihre Antwort, aber:
Unserer Meinung nach, und auch nach der der Schöpfer handelt es sich in drei wichtigen Punkten um einen unzulässigen Eingriff in das Ensemble:
1. Natursteinpflaster soll durch Asphalt ersetzt werden.
2. Der Platzcharakter geht wegen der nahe am Brunnen vorbeiführenden Asphalt-Fahrspur verloren.
3. Der Abbruch von Teilen der verengenden und verkehrsberuhigenten Elementen ermöglicht höhere Geschwindigkeiten, was nach den Wettberwerbsinhalten gerade unerwünscht war, und heure noch ist.
Dazu müssen Sie wissen, daß es sich hier nur um eine Anliegerstraße/Wohnstraße handelt, die evtl. nur in seltenen Ausnahmefällen temporär als Umleitung (dann Einbahnstraße) genutzt werden könnte.
Auch das sollten Sie wissen: Das damals verwendete Pflaster war ungeeignet. Dafür hat die Gemeinde auch 200.000 DM damals Schadensersatz erhalten. Es gibt andere geeignete Nutursteine.
Könnten Sie Ihre Antwort auf dem Hintergrund dieser Informationen etwas präzisieren?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Februar 2020 | 08:16

Vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Das Recht auf Verkehrsplanung hat weiterhin die Gemeinde, hier kann der betroffene Bürger (unabhängig von seiner Stellung als Urheber) im verwaltungsrechtlichen Verfahren seine Interessen geltend machen. Die Urheberrechte müssen hier zurücktreten, denn ansonsten wäre die Gemeinde ggf. für über 100 Jahre (das Urheberrecht gilt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers weiter) an die damals ausgeschriebene Verkehrsgestaltung gebunden, was mit den ständig wechselnden Anforderungen der Gesellschaft nicht vereinbar wäre.

Wenn die Verkehrsplanung verwaltungsrechtlich ordnungsgemäß festgestellt wurde, kann der Urheber dies nicht verhindern. Allerdings kann er verlangen, dass sein Werk dadurch so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Wenn die Sanierung und flüssigere Verkehrsführung auch mit Natursteinen und ausreichendem Abstand zum Brunnen umsetzbar ist, dann muss insoweit auf die Belange des Urhebers Rücksicht genommen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 21. Februar 2020 | 00:23

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Die gesetzlichen Grundlagen kannten wir. Diese Belehrungen kamen von der Gemeinde schon zuhauf. Wir erhofften uns eher Formulierungen, die wir (uns stützend) gegenüber der Gemeinde ins Kampfgetöse hätten einbringen können. Ihre Antwort spricht zu sehr im Konjunktiv, ist daher für uns nicht so gut brauchbar.
Sorry!

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 21. Februar 2020
5/5,0

Die gesetzlichen Grundlagen kannten wir. Diese Belehrungen kamen von der Gemeinde schon zuhauf. Wir erhofften uns eher Formulierungen, die wir (uns stützend) gegenüber der Gemeinde ins Kampfgetöse hätten einbringen können. Ihre Antwort spricht zu sehr im Konjunktiv, ist daher für uns nicht so gut brauchbar.
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