Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Geschäftsführung Ihres aktuellen Arbeitgebers darf Ihre Software nicht vereinnahmen, ohne von Ihnen eine Lizenz hierfür erhalten zu haben und eine hierfür vereinbarte Lizenzgebühr zu zahlen.
Grundsätzlich stehen Ihnen als Entwickler der Software nach wie vor die Urheberrechte daran zu.
Das von Ihnen entwickelte Computerprogramm unterliegt dabei gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG
i.V.m. §69a UrhG
dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes.
Ich gehe nach Ihren Schilderungen zunächst davon aus, dass Sie den Berechnungscode selbst geschrieben und nicht mit Hilfe eines Codegenerators hergestellt haben (mit Codegeneratoren geschriebene Codes stellen keine schutzfähigen individuellen Ergebnisse geistiger Schöpfung im Sinne des Urheberrechts dar, §69a Abs. 3 UrhG
).
Sie genießen als Schöpfer der Software gem. §7 UrhG
persönlich den Schutz als Urheber. Die Nutzungs- und Verwertungsrechte sind vorliegend auch nicht auf Ihren Arbeitgeber übergegangen.
Da Sie den Berechnungscode bereits vor der Tätigkeit bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber entwickelt und benutzt haben, liegt eine Abweichung vom gesetzlich beschriebenen „Normalfall" des §69b UrhG
vor, der dem Arbeitgeber die Rechte an Computerprogrammen seiner Arbeitnehmer einräumt.
§69b Abs. 1 UrhG
lautet:
„Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist."
Hier wurde die Software nachweislich nicht von Ihnen innerhalb des Arbeitsverhältnisses und auf Anweisung des Arbeitgebers geschaffen.
Aber auch die „Weiterentwicklung" (hier nur Anpassung des UserInterface) ist vorliegend nicht von §69b UrhG
umfasst, weil dies nicht im Rahmen Ihres eigentlichen Aufgabenbereichs geschah und Ihre Arbeitsvergütung dementsprechend auch nicht dafür gezahlt wurde.
Sie haben die Nutzungsrechte an Ihrer Software durch den Einsatz auch für Ihren aktuellen Arbeitgeber also nicht verloren, bislang aber quasi kostenfrei zur Verfügung gestellt. Wie Sie schreiben, sind keine Lizenzvereinbarungen getroffen worden und keine Vergütung für die Weiterentwicklung / Anpassung der Software gezahlt worden.
Hier besteht nun Handlungsbedarf. Ihr Arbeitsvertrag kann grundsätzlich nur einvernehmlich geändert bzw. ergänzt werden, d.h. wenn Sie und Ihr Arbeitgeber sich einig über die weitere Nutzung und Entwicklung der Software für diesen sind.
Da aber nun bereits ein erster Vertrauensverlust eingetreten ist, wäre es sinnvoll, eine Regelung unabhängig von Ihrem Arbeitsvertrag zu treffen, da Ihr Arbeitsverhältnis ja möglicherweise nicht mehr langfristig Bestand haben wird. Sie sollten Ihre Rechte an der Software so sichern, dass Sie – auch trotz nun vielleicht erfolgender Nutzungsregelung mit Ihrem Arbeitgeber – bei Ihnen verbleiben. Dies kann im Rahmen einer Lizenzvereinbarung geschehen. Dafür müssen Sie in einem ersten Schritt die Rechte gegenüber Ihrem Arbeitgeber schriftlich geltend machen.
Ob Ihre Rechtsschutzversicherung diesen Fall abdeckt, kann leider nicht pauschal beantwortet werden, da dies immer von den im einzelnen Vertrag geltenden Versicherungsbedingungen abhängt.
Bitte berücksichtigen Sie, dass hier zunächst nur eine überschlägige Vorprüfung auf Basis Ihrer Angaben erfolgen kann. Für die nähere Prüfung benötige ich hier Einblick in Ihren Arbeitsvertrag und die Versicherungsbedingungen, bitte laden Sie daher beide Dokumente hier zur Einsicht hoch, ich werde meine Antwort dann entsprechend ergänzen. Daneben steht Ihnen natürlich auch die kostenlose Nachfragefunktion zur Verfügung.
Da Ihr Arbeitgeber in dem ersten Gespräch so negativ reagiert hat, besteht erfahrungsgemäß kurzfristiger Handlungsbedarf zur Sicherung Ihrer Rechte an der Software. Im Zweifel sollten Sie mit Hilfe einer auf IT-Recht spezialisierten Kanzlei bei Ihnen vor Ort einstweiligen Rechtsschutz gem. §10 UrhG
in Anspruch nehmen, um die zukünftige Nutzung Ihrer Software durch Ihren Arbeitgeber zu untersagen bzw. nur gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr einzuräumen!
Mit freundlichen Grüßen
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