Sehr geehrte Fragestellerin,
ich beantworte Ihnen gerne Ihre Frage aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben. Bitte beachten Sie, dass die nachstehenden Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können.
Die von Ihnen geschilderten Taten stellen strafrechtlich bezüglich des Einbehaltens der Praxisgebühr eine veruntreuende Unterschlagung gemäß § 264 Abs. 1 und 2 StGB
sowie bezüglich der von Ihnen ausgestellten Rezepte eine Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall nach § 267 Abs. 1 und 2 Nr. 3 StGB
dar. Die Vernichtung des Praxisgebührenheftes ist als Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 zu werten.
Der Strafrahmen für eine veruntreuende Unterschlagung beträgt gemäß § 246 Abs. 2 bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Der Strafrahmen für die Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall nach § 267 Abs. 3 Nr. 3 beträgt bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die von Ihnen begangenen Delikte stehen untereinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB
), da Sie mehrere Straftaten begangen haben. Demnach wird eine Gesamtstrafe gebildet. Die Gesamtstrafe wird gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 und 3 StGB
durch Erhöhung der höchsten Strafe gebildet. Dabei wird auch der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Taten berücksichtigt. Bei der wiederholten Begehung gleichartiger Taten ist ein enger Zusammenzug der Einzelstrafen zu einer Gesamtstrafe zu berücksichtigen. Das bedeutet für Sie konkret, dass auch wenn Sie 60 Unterschlagungen bzw. 30 Urkundenfälschung begangenen haben, der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zu berücksichtigen ist.
Bei der Strafzumessung ist gemäß § 46 StGB
die Schuld des Täters zu berücksichtigen. Strafschärfend ist z.B. eine hohe kriminelle Energie des Täters oder ein hoher Schaden. Strafmildernd zu berücksichtigen, sind fehlende Vorstrafen, ein Geständnis, Reue sowie eine Schadenswiedergutmachung. Das Gericht wird hier zu berücksichtigen haben, dass Sie nicht vorbestraft sind, ein spontanes Geständnis abgelegt haben, da Sie Ihre Tat bedauern und dass Sie den Schaden wegen der Rezepte wiedergutmachen wollen.
Nach dem Gesagten müssen Sie jedoch durchaus mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Wenn Sie zu einer Freiheitsstrafe von weniger als zwei Jahren verurteilt werden, was durchaus nicht im Bereich des Unwahrscheinlichen liegt, kann gemäß § 56 Abs. 2 StGB
die Vollstreckung der Freiheitsstrafe noch zur Bewährung insbesondere wegen der hier strafmildernden Umstände zur Bewährung ausgesetzt werden.
Es ist Ihnen jedoch zu raten sich einen Strafverteidiger zu suchen, um damit Ihre Interessen und Sie von einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu bewahren, da wegen der Urkundenfälschungen das Vertrauen in den Rechtsverkehr im Umgang mit ärztlichen Rezepten durch Sie erheblich beeinträchtigt wurde. Für weitere Fragen sowie eine gerichtliche Vertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dominik Bildt
Rechtsanwalt & Strafverteidiger
Sehr geehrter Herr Bildt,
ich danke Ihne für Ihre schnelle und ausführliche Auskunft!
Ich hatte heute einen Termin bei einem Anwalt für Strafrecht der meinen Fall übernehmen wird!
Ich wollte hier bei 123recht gerne noch eine Meinung von einem Anwalt.
Mein Anwalt meinte, dass es eine Geldstrafe oder Bewährung wird.
Es kommt doch in erster Linie darauf an, wie streng der Richter ist oder? Jeder Richter würde es doch anders bestrafen? Kann man das so sagen?
Von den 600 Euro habe ich bisher 320 Euro an die Krankenkassen zurückgezahlt, in 4 Wochen übergibt die Polizei den Fall an die Staatsanwaltschaft.
Wegen den Rezepten: Mein Anwalt hat gemeint, dass er sich nicht sicher ist, ob es Urkundenfälschung ist und ob das die Staatsanwaltschaft verfolgt. Sind Sie sich sicher, dass es Urkundenfälschung ist?
Mit freundlichen Grüßen
K.F.
Sehr geehrte Fragestellerin,
eingedenk der Tatsache, dass Sie sich aus freien Stücken an die Polizei gewendet haben und den Arbeitsplatzverlust in Kauf genommen haben, dürfte auch mit einer Geldstrafe zu rechnen sein. Der Richter wird in Ihrem Falle die Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens ansiedeln. Er wird auch berücksichtigen, dass Sie bereits Wiedergutmachung leisten und Ihre Taten bereuen. Vor allem aber sind Sie nicht vorbestraft und haben von sich aus entschieden, in die Legalität zurückzukehren. Hinzu kommt, dass Sie sich in Geldschwierigkeiten befunden hatten und keinen Ausweg gesehen haben. Dies führt zu einem geringeren Unwertgehalt. Nach meiner Erfahrung verfahren Strafrichter sehr wohlwollend, gerade wenn sich der Beschuldigte von sich aus - ohne dass bereits ein Tatverdacht vorgelegen hätte - den Strafverfolgungsbehörden stellt. Die wohl größte Strafe haben Sie bereits durch den Verlust des Arbeitsplatzes hinnehmen müssen. Auch dies wird der Richter berücksichtigen.
Insofern bleiben Sie unbesorgt, denn mit einer harten Strafe haben Sie nicht zu rechnen.
MfG RA Bildt