vielen Dank für Ihre Hilfe zu dem folgenden Sachverhalt:
- Für einen in 7 Tagen geplanten privaten Umzugstermins bot ein Umzugsunternehmen an, die Räumlichkeiten vorab zu begutachten.
Nach Klärung des Umfangs und der voraussichtlichen Kosten wurde ein ein Festpreis seitens des Umzugsunternehmens angeboten. Nachdem der Kunde Bedenkzeit erwünschte bot das Umzugsunternehmen an, das aktuelle Angebot schriftlich festzuhalten, da selbiges sonst verfallen würde. Dazu wurde ein vorgefertigtes Schreiben mit den Angaben zur Abholadresse, Lieferadresse und des Preises ergänzt und von beiden Parteien unterschrieben. Der Kunde befand sich im Glauben ein unverbindliches Angebot dadurch festzuhalten, damit dieses im Falle einer Vertragsannahme nicht verfalle.
Nachträglich (1 Tag später) entscheidet der Kunde, aufgrund eines mittlerweile als überteuer herausgestellten Preises, das Angebot nicht anzunehmen. Daraufhin fordert das Umzugsunternehmen 30% des vereinbarten Festpreises als Entschädigung für das Nichtzustandekommen des Vertrages und verweist auf das unterschriebene Formular.
Bei dem Formular handelt es sich tatsächlich um einen Arbeitsschein, der die Leistung als komplett erfüllt bestätigt; d.h. Durchführung des Umzugs sowie keine entstandenen Schäden. Zudem enthält dieser Arbeitsschein keinerlei Hinweise auf die AGB sowie etwaige Rücktrittsformalitäten. Lediglich beinhaltet dies einen Hinweis auf §§ 451 - 451h HGB
bezüglich der Transportleistung.
Frage:
1) Ist es rechtens einen Arbeitsschein vor Durchführung einer Leistung auszufüllen?
2) Ist ein solcher Arbeitsschein gleichzustellen mit einem Vertrag?
3) Besteht die Möglichkeit eines Rücktritts/Widerrufs bei einem solchen Arbeitsschein?
4) Ist der Kunde verpflichtet eine 30% Entschädigung zu zahlen für eine Leistung die nicht erbracht wurde auf Basis eines Arbeitsscheins anstatt eines Vertrages?
5) Die Naivität des Kunden einmal dahingestellt, etwas blauäugig zu unterschrieben, aber kann hier von einer Enttäuschung seitens des Umzugsunternehmens ausgegangen werden, wenn diese den Anschein eines unverbindlichen Angebots erwecken, sich aber tatsächlich einen Arbeitsschein ausstellen lassen?
6) Besteht für den Kunden eine Möglichkeit aus diesem "Vertragsverhältnis" auszusteigen?
Wie Sie schreiben, hat sich der Kunde mit dem Vertreter des Umzugsunternehmens lediglich über ein unverbindliches Angebot verständigt und dieses schriftlich festgehalten. Ein verbindlicher Vertrag ist aus diesem Grunde nicht zustande gekommen.
Auch die Tatsache, dass der Kunde einen "Arbeitsschein" unterschrieben hat, begründet keine Pflichten. Die im Arbeitsschein genannte Arbeit wurde vom Kunden weder in Auftrag gegeben noch vom Unternehmen tatsächlich geleistet.
Für eine Forderung von 30 % des angebotenen Preises besteht kein Raum. Zum einen liegt bereits kein wirksamer Vertrag vor. Zum anderen besteht auch keine vertragliche Anspruchsgrundlage für eine derartige Forderung. Falls das Unternehmen eine solche Forderung in seinen AGB enthalten hat, hätten die AGB vor einem Vertragsschluss ausgehändigt werden müssen. Dies ist in Ihrem Fall jedoch nicht geschehen.
Ich würde dem Kunden daher raten, das Unternehmen anzuschreiben und sämtliche Forderungen zurückzuweisen. Dabei sollte ausdrücklich hervorgehoben werden, dass ein wirksamer Vertrag nicht abgeschlossen wurde.
Sollte das Unternehmen an seiner Forderung festhalten, könnte daneben auch eine Meldung gegenüber der Verbraucherzentrale angekündigt werden. Negative "Publicity" ist oft ein recht wirksames Mittel, um unberechtigten Forderungen zu begegnen.
Ich hoffe sehr, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben. Bei Unklarheiten stehe ich für eine Nachfrage gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian D. Franz, Rechtsanwalt