Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben und des ausgelobten Einsatzes wie folgt beantworte:
Da Sie bereits mehrfach gegenüber Ihrem Bauträger Beseitigung der noch bestehenden Mängel also in rechtlicher Hinsicht "Nacherfüllung" verlangt haben, dies aber erfolglos geblieben ist, stehen Ihnen nunmehr die Mängelrechte gemäß § 634 Nrn. 2 - 4 BGB
zu.
Danach haben Sie verschiedene Möglichkeiten. Sie können die noch bestehenden Mängel selbst beseitigen und Ersatz der dafür entstehenden Aufwendungen verlangen;
vom Vertrag zurücktreten;
die Vergütung mindern;
Schadensersatz, bzw. Ersatz vergeblicher Auwendungen verlangen.
Da Sie, sehr geehrter Herr Frangensteller, sich für die Variante "Einbehalt des noch offenen Restvergütungsanspruchs" entschieden haben, um mit diesem Geld die noch offenen Arbeiten ausführen und bestehende Mängel beseitigen zu lassen, möchten Sie von Ihrem Recht zur "Selbstvonrnahme" Gebrauch machen.
Dementsprechend steht Ihnen gegenüer dem Besteller auch das Recht zu, angemessenen Vorschuss für die ordnungsgmeäße Ausführung der noch offenen Arbeiten zu verlangen. Wie Sie bisher berechnet haben, entsprechen die Kosten der Mangelbeseitigung in etwa der Höhe Ihres Einbehalts.
Das von Ihnen an den Unternehmer gerichtete Schreiben sollte daher einerseits die Erkärung enthalten, dass Sie nach zweimaliger erfolgloser Mangebeseitigung seitens des Unternehmers nunmehr weitere Nachbesserungsversuche ablehen und von Ihrem Recht auf Selbstvornahme gebrauch machen.
Dazu könnten Sie etwa wie folgt formulieren:
"Da die von mir geforderte Nacherfüllung Ihrerseits bereits zweimal fehlgeschlagen ist, bin ich nicht dazu bereit Ihnen weitere Versuche der Nacherfüllung zuzugestehen. Vielmer mache ich nunmehr von dem mir zustehenden Recht Gebrauch, die noch bestehenden Mängel selbst zu beseitigen und Ihnen die dazu erforderlichen Kosten zu berechnen."
Ferner sollten Sie erklären, dass die von Ihnen geschätzten Kosten für die Mängelbeseitigung in Etwa Ihrem Einbehalt ensprechen.
Dazu könnten Sie etwa wie folgt formulieren:
"Nach meinen Berechnungen entsprechen die zur Beseitigung der noch bestehenden Mängel voraussichtlich entstehenden Kosten in etwa der Höhe der von mir einbehaltenen Restvergütung, die Ihnen bei ordnungsgemäßer Ausführung unseres Vertrages noch zustehen würde.
Anstelle von Ihnen weitere Vorschusszahlungen für die Mängelbeseitigung zu fordern, erkläre ich deshalb in Höhe der für die ordnungsgmäße Vertragserfüllung voraussichtlich noch entstehenden Kosten die Verrechnung mit den von mir einbehaltenen Beträgen. Diese berücksichtigend komme ich zu dem Ergebnis, dass derzeit keine offenen Zahlungsforderungen mehr bestehen.
Unmittelbar nachdem die noch offenen Arbeiten erledigt sind, werde ich Ihnen den Termin für den Beginn der fünf jähigen Gewährleistungsfrist mitteilen."
Der letzte Satz trägt dem Umstand Rechnung, dass Sie davon ausgehen, dass bisher noch keine Abnahme der Werkleistung erfolgt ist. Etwas anderes kann sich jedoch aus Ihrem Einzug ergeben. Je nach Lage des Falles beträgt die Gewährleistungsfrist dann nicht 5 Jahre ab dem Zeitpunkt der Mängelbeseitigung, sondern vielmehr 5 Jahre seit Ihrem Einzug.
Ferner werde ich zu den detaillierten Einzelheiten Ihres Falles erst Stellung nehmen können, wenn Sie mir Ihren Vertrag mit dem Bauträger nebst allen Anlagen, Prospekten und sonstigen zugehörigen Dokumenten sowie sämtliche bisher gewechselte Korrespondenz übersandt haben.
Bis dahin hoffe ich Ihnen für die Erstellung Ihres Schreibens weitergeholfen zu haben.
Bitte beachten Sie, sehr geehrter Ratsuchender, dass dies nur eine erste Einschätzung auf der Basis des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts sein kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
LL.M. Markus Koerentz, Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M.
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Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M.
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Sehr geehrter Herr Koerentz,
vielen Dank für Ihre Antwort, die mich allerdings nicht ganz zufrieden stellt (vielleicht weil ich sie nur nicht verstehe).
Sie sprechen in Ihre Antwort von "Nacherfüllung der Mängel", allerdings sind die Mängel eher der kleinere Part. Vielmehr geht es sich hier um noch nicht erledigte Arbeiten. Ist das egal und meinen Sie damit das gleiche?
Desweiteren würde ich ja gerne auch eine Frist im Schreiben reinbringen dass mein Ergebnis dass keine Zahlungsforderungen mehr bestehen vom Bauträger auch automatisch anerkannt wird, oder ist das nicht notwendig? So wie Sie die Textzeilen schreiben, fühlt sich für mich das Schreiben nicht "endgültig abgeschlossen" an. Ich möchte also wirklich quasi mit dem Erhalt der Empfangsbestätigung der Post mit der Beseitigung der offenen Punkte beginnen, ohne dass ich da evt. noch vor böse Überraschungen zu stehen komme.
Mit einer fehlenden Bauabnahme meine ich dass es nichts schriftliches gegeben hat wo die Abnahme dokumentiert ist und evt. noch ausstehende Arbeiten bis zu Tag X erledigt werden. Zumindest ist das mein Verständnis einer Bauabnahme und nicht der Einzug ins nicht fetiggestellte Objekt. Ich kann Ihnen gerne weitere Informationen zukommen lassen, soll ich Sie dazu anrufen?
Mit freundlichen Grüßen,
Daniel Geers
Durch Ihre Nachfrage werfen die Problematik, Anwendung der Mängelrechte vor Abnahme auf. Eine der umstrittensten Fragestellung des heutigen Baurechts, da es noch keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.
1.
Für die von Ihnen geschilderte Fallkonstellation, Nichtfertigstellung des Werkes auch 20 Monate nach Ablauf der Fertigstellungsfrist muss es jedoch im Ergebnis das Selbstvornahmerecht des Bauherrn geben. Dementsprechend sind die Mängelgewährleistungsvorschriften entsprechend anwendbar, da sich der von Ihnen beauftragte Unternehmer seit geraumer Zeit im Verzug befindet.
2.
Ergänzende darf ich Sie auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, Urteil vom 25.06.2002, Az. X ZR 78/00
hinweisen.
In dem zugrunde liegenden Fall ging es um Ansprüche des Bauherrn gegen einen Bauunternehmer, der nur sehr schleppend arbeitete. Deswegen entzog ihm der Bauherr schließlich den Auftrag. Es erfolgte keine Abnahme. Der Bauherr schaltete einen Drittunternehmer ein, der die Leistungen fertig stellte. Wegen Mängeln der Arbeiten des Unternehmers verlangte der Bauherr schließlich Ersatz des Beseitigungsaufwands und des Minderwerts.
Das dem BGH als Vorinstanz vorgeschaltete OLG verneinte die Ersatzansprüche des Klägers mit der Begründung es müsse eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geben. Dies sah der BGH anders und bejaht einen Anspruch auf Ersatz der mit erforderlichen Aufwendungen für die Selbstvornahme. Dementsprechend war der Bauherr auch schon vor der Abnahme des Werkes zur Ersatzvornahme anstelle des Bauunternehmers befugt.
3.
Übertragen auf diesen Fall bedeutet dies, dass eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht zwingend erforderlich ist, jedoch auch nichts schadet. Sicherheitshalber könnten Sie den Eingang Ihres Schreibens wie folgt formulieren:
Sehr geehrter….,
Sie haben die in unserem Bauwerkvertrag vorgesehene Fertigstellungsfrist inzwischen für einen Zeitraum von 20 Monaten überschritten. Gründe für Ihre Fristüberschreitung teilen Sie nicht mit. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie die weitere Vertragserfüllung verweigern.
Bevor ich Sie auf Aufwendungs- und Schadensersatz für die von mir nunmehr selbst vorzunehmenden Arbeiten in Anspruch nehme, gebe ich Ihnen hiermit jedoch eine letzte Gelegenheit, die vertraglich vorgesehenen Arbeiten auszuführen.
Ihren Beginn mit den noch ausstehenden Arbeiten erwarte ich bis spätestens 07.05.2012. Setzen Sie sich deshalb bis zum 04.05. 2012 zwecke Ablaufplanung mit mir in Verbindung. Sollte ich bis zu diesem Termin nichts von Ihnen gehört haben, werde ich davon ausgehen, dass Sie zur weiteren Leistungserbringung weder willens noch in der Lage sind. Für diesen Fall behalte ich mir weitere Schadensersatzansprüche ausdrücklich vor.
Im Übrigen gehe ich schon jetzt von einer Nicht - Nacherfüllung aus. Da die von mir geforderte Nacherfüllung ……
Hochachtungsvoll
Unterschrift
Sehr geehrter Herr Fragensteller. Gerne können Sie mich telefonisch oder per-E-Mail kontaktieren, wenn weiterer Erklärungsbedarf in Bezug auf meine Ausführungen besteht. Bisher gehe ich davon aus, dass der von Ihnen beauftrage Unternehmer die vertraglich vorgesehene Fertigstellungsfrist weit überschritten hat. Um verlässlichere Angaben mach zu können, wäre es allerdings erforderlich, mir Ihre Vertragsunterlagen und weitere Korrespondenz zu übersenden, damit ich mir eine genaueres Bild von der Lage Ihres Falles machen kann. Erst im Anschluss daran werden vertiefte Beratungsgespräche, egal ob telefonisch oder persönlich größeren Sinn machen. Derartige Schritte sollten Sie auf jeden Fall in Erwägung ziehen, wenn auch Ihre weitere Fristsetzung erfolglos bleibt.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen