Sehr geehrter Ratsuchender,
nachdem Sie Ihren Anwalt noch nicht mit der Erstellung einer Klageschrift beauftragt haben, kann er auch noch keine Gebühren für ein gerichtliches Verfahren verlangen. Soweit er Sie im außergerichtlichen Bereich beraten oder vertreten hat, kann er diese Leistungen dagegen schon in Rechnung stellen.
Auch wenn der Fall noch nicht abgeschlossen ist, kann der Anwalt die vollen (außergerichtlichen) Gebühren, die voraussichtlich anfallen werden, gemäß § 9
des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) jedenfalls als Vorschuss verlangen.
Um eine 1,8-Gebühr berechnen zu können, muss es sich zum Einen um eine Tätigkeit handeln, die über eine bloße Beratung hinausgeht. Ausreichend ist allerdings das Einarbeiten in den Fall zur Vorbereitung der Geltendmachung von Ansprüchen.
Zum Anderen kann der Anwalt für eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) von mehr als 1,3 nur dann verlangen, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist, und muss dies auch begründen.
Der Anwalt muss eine Beauftragung gemäß § 44
der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - nach seiner Inanspruchnahme ablehnen, wenn er den Auftrag nicht annehmen will.
Ich hoffe, meine Auskünfte helfen Ihnen weiter. Bei Unklarheiten können Sie gerne rückfragen.
Die oben genannten Vorschriften finden Sie unter den nachfolgend benannten Links:
http://www.gesetze-im-internet.de/rvg/index.html
http://www.gesetze-im-internet.de/rvg/anlage_1_79.html
http://www.gesetze-im-internet.de/brao/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Geyer,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
Den letzten Teil zur Beauftragung habe ich noch nicht ganz verstanden: Wir haben unserem Anwalt Mandat erteilt, er hat uns bisher außergerichtlich vertreten. Kann er jetzt noch eine Beauftragung zur Klage ablehnen oder hätte er das Mandat am Anfang schon ablehnen müssen?
Wenn er die Klagebeauftragung nicht ablehnen kann, müssen wir dann auch die Klagekosten vorleisten, bevor die Verfahrenskosten dem Gegner in Rechnung gestellt werden können (- positives Urteil ist absehbar)?
Was würden Sie uns im o.g. Fall raten, um eine wirtschaftliche Lösung zu erreichen?
Vielen Dank und viele Grüße
Sehr geehrter Ratsuchender,
es kommt darauf an, inwieweit Sie Ihrem Anwalt das Mandat erteilt haben, wenn Sie also bereits während des außergerichtlichen Verfahrens auch den Auftrag für die spätere gerichtliche Geltendmachung gegeben hätten, könnte auch der Klageauftrag von ihm nicht mehr abgelehnt werden (ohne sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig zu machen, siehe § 44 Satz 2 BRAO
). Ich habe Sie allerdings so verstanden, dass Sie bislang eben nur den Auftrag für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegeben haben, dann muss der Anwalt im Falle der Beauftragung mit der Klage unverzüglich ablehnen.
Auch wenn die Erfolgsaussichten positiv erscheinen, sind Sie gemäß § 9 RVG
auf Verlangen des Anwalts vorschusspflichtig, sobald er den Auftrag angenommen, bzw. nicht abgelehnt hat. Gerade dann, wenn die Beitreibung erstattungsfähiger Kosten von der Gegenpartei zweifelhaft ist, wird der Anwalt hiervon auch weitgehend Gebrauch machen. Insofern ist Ihnen zu raten, mit dem Anwalt im Rahmen des Klageauftrags hierüber zu verhandeln und eine Vereinbarung zu treffen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt