Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Streupflicht in einer Privatstrasse

| 8. Oktober 2010 18:50 |
Preis: 60€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


10:55

Guten Tag,
hier mein Fall ;-) :
Ich besitze ein Reihenendhaus am Ende einer Privatstrasse (Sackgasse- endet bei mir). Diese Privatstrasse (ca. 53m lang) gehört allen Eigentümern dieses Reihenhauskomplexes (8 Parteien).Eine diesbezügliche Verordnung meiner Heimatstadt sagt, dass in solch einem Falle die Eigentümergemeinschaft einer Privatstrasse Streupflicht im Winter hat.
Jedes Jahr ärgere ich mich, weil die meisten Eigentümer dieser Streupflicht nicht nachkommen. Meine Ermahnung, dass es für uns alle sehr teuer werden könnte, wenn etwas passiert, ignorieren die meisten. Wenn es extrem teuer werden sollte, denke ich, dass auch keine Haftpflichtversicherung einen Schaden übernehmen würde.
Eine Lösung wäre einen Winterdienst zu beauftragen, aber dazu sind nicht alle Miteigentümer bereit.
Kann ich sie mit einer Klage zwingen?
Eine zweite Lösung wäre, dass ein Streudienst die letzten drei Häuser bedient (diese Nachbarn wären bereit zu zahlen). Dann müssten die anderen uns aus der Haftung für den Rest der Strasse entlassen. Geht das?
Vielen Dank für Ihre Antwort

8. Oktober 2010 | 19:57

Antwort

von


(517)
Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:

Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf der Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Schilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Nachfolgend nehme ich zu der/den von Ihnen gestellten Frage(n) Stellung, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Die Räum- und Streupflicht ergibt sich aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers. Dieser muss als Verantwortlicher für seinen Weg oder seine Straße notwendige Vorkehrungen zum Schutz Dritter treffen. Wenn der Eigentümer dieser Pflicht nicht nachkommt, so ergibt sich seine Haftung regelmäßig aus § 823 Abs. 1 BGB oder § 839 BGB .

Für die Sicherung eines Weges ist grundsätzlich immer der Eigentümer selbst zuständig. Bei Privatwegen also den Grundstückseigentümer und bei öffentlichen Straßen und Wegen üblicherweise zuerst die Kommune.

In Bezug auf Gehwege wird die Verkehrssicherungspflicht regelmäßig durch Satzung oder Verordnung der Gemeinde oder Stadt auf die Anlieger, d.h. auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen.

Grundstückseigentümer können die ihnen obliegende Verkehrssicherungspflicht auch auf beliebige Dritte übertragen.

Sollte der Eigentümer nicht in der Lage sein selbst für die Räumung und Streuung seiner Wege zu sorgen, z.B. weil er auswärts wohnt, so ist er sogar verpflichtet einen Dritten damit zu beauftragen. Der Eigentümer wird mit dieser Übertragung jedoch nicht vollständig aus der Verantwortung entlassen, sondern ihm verbleibt eine Überwachungspflicht. Er muss kontrollieren, ob sein Mieter oder der Dritte der Verkehrssicherungspflicht auch tatsächlich nachkommt.

Sind mehrere Personen Eigentümer eines Weges oder eines anliegenden Grundstücks, so liegt die Verkehrssicherungspflicht bei jedem einzelnen Miteigentümer. Die Eigentümergemeinschaft kann diese jedoch auch auf einen Dritten übertragen, ebenso wie beim einzelnen Eigentümer verbleibt jedoch jedem Miteigentümer eine Überwachungs- und Kontrollpflicht. Kommt es zu einem Unfall, so haften alle Miteigentümer gesamtschuldnerisch, d.h. jeder Einzelne steht in vollem Umfang für den entstandenen Schaden ein.

Bei einem Unfall, haftet der Verkehrssicherungspflichtige dem Verletzten zivilrechtlich aus § 823 Abs. 1 BGB auf den Schaden, der diesem aus dem Unfall entsteht. Dies umfasst nicht nur Arzt- und eventuelle Krankenhauskosten, sondern auch einen vorhandenen Erwerbsausfall und ein zumeist nicht unbeträchtliches Schmerzensgeld.

Neben den zivilrechtlichen Ansprüchen können denjenigen, der seiner Verkehrssicherungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist, auch noch strafrechtliche Sanktionen wegen fahrlässiger Körperverletzung treffen. Auch wenn es zu keinem Unfall kommt, so droht meist ein nicht unerhebliches Bußgeld, wenn die Räum- und Streupflicht vernachlässigt wird.

Die Private Haftpflichtversicherung sichert die Privatperson auch als Mieter oder Eigentümer einer ausschließlich zu Wohnzwecken verwendeten Wohnung ab. Dies bezieht sich z.B. auch auf die Räum- und Streupflicht. Ein selbstbewohntes Einfamilienhaus ist also über die Privathaftpflichtversicherung mit entsprechendem Versicherungsschutz abgedeckt

Wie bei allen Haftpflichtschäden, so haftet der Eigentümer auch hier mit seinem gesamten Vermögen und - bis zur Pfändungsgrenze - mit seinem Einkommen. Eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht schützt den Eigentümer, sein Einkommen und sein Vermögen vor solchen Forderungen.

Einen direkten Anspruch eines Eigentümers gegen einen Nachbarn auf Durchführung der Streupflicht gibt es bedauerlicherweise nicht. Jedoch gilt in Ihrem Fall dahingehend die Ausnahme, dass es sich um einen gemeinschaftlichen Privatweg handelt.

Insoweit stellen die Eigentümer eine Schuldnergemeinschaft dar. Aus dieser Gemeinschaft ergeben sich Rechte und Pflichten. Eine dieser Pflichten ist, vorliegend die Räum- und Streupflicht.

Kommt insoweit ein Miteigentümer dieser Verpflichtung nicht nach und kommt es dann zu einem Unfall, haftet zwar alle Eigentümer gesamtschuldnerisch im Außenverhältnis (gegenüber dem Verletzten) jedoch ergibt sich im Innenverhältnis ein Ausgleichsanspruch über den unterlassenen Eigentümer. Insofern können die Regelungen für die Gesellschaft angewendet werden.

Demzufolge darf sich niemand schädigend gegenüber der Gemeinschaft/Gesellschaft verhalten und kann bei vertrags- und rechtswidrigen Verhalten auch in Anspruch genommen werden. Daher ist es Ihnen auch möglich, z.B. die übrigen unwilligen Eigentümer, sofern diese nachweislich der Räum- und Streupflicht nicht nachkommen, gerichtlich dazu zu zwingen, dieses nachzuholen oder eben ggf. die Zustimmung zu einer kostenpflichtigen Beseitigung durch ein Fremdunternehmen verlangen.

Um jedoch eine klageweise Klärung zu ersparen und die Nachbarschaft nicht zu gefährden, empfehle ich jedoch regelmäßig die Betroffenen Teilnehmer in eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit zu bringen. Dies kann durch eine gemeinschaftliche Straßenordnung oder eben auch einen Streu- und Räumplan umgesetzt werden, welches jedoch auch die erforderliche Zusammenarbeit erfordert.

Ich empfehle Ihnen daher insoweit, sofern Sie den Klageweg anstreben, damit einen versierten Kollegen zu beauftragen, da in diesem Verfahren erforderlich sein wird, nachzuweisen, dass die übrigen Miteigentümer Ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht oder nur unzureichend nachkommen. Dies ist mitunter schwierig, da sich lediglich Momentaufnahmen einfangen lassen können, aber eben ein konkreter dauerhafter Verstoß nur müßig nachweisen lässt. Die Klage auf Zustimmung zur Übertragung wäre dagegen eine bessere Alternative.

Darüber hinaus bestünde auch die Möglichkeit von Schadensersatz, wenn die Arbeiten durch Dritte übernommen werden. Dies betrifft weitestgehend die sog. GoA, mithin Geschäftsführung ohne Auftrag und berechtigt zum Ersatz entsprechender Aufwendungen.

Die Geschäftsführung ohne Auftrag (lat. negotiorum gestio) ist ein gesetzliches Schuldverhältnis. Es dient dem Ausgleich von Vor- und Nachteilen, die dadurch entstehen, dass eine Person („Geschäftsführer") eine Tätigkeit für einen anderen („Geschäftsherrn") übernimmt und dadurch in dessen Rechts- und Interessenkreis eingreift, ohne von diesem beauftragt oder anderweitig dazu berechtigt zu sein.

Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann der Geschäftsführer nach §§ 677 , 683 S. 1 , 670 BGB nur, wenn die Besorgung des fremden Geschäftes für den Geschäftsherrn objektiv und subjektiv nützlich ist. Hingegen unterliegt die unwillkommene Einmischung einer strengen Haftung des Geschäftsführers nach den §§ 677 , 678 BGB .

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat nach § 677 BGB das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

Der mutmaßliche Wille wäre dahingehend zu ergründen, dass grundsätzlich auch niemand in der Gemeinschaft haften möchte und die Abstumpfung der Straße objektiv nützlich ist, um diese Konsequenz zu vermeiden.

Jedoch sollten Sie sich zunächst mit der Gemeinschaft auseinandersetzen und die Angelegenheit dort in einer Versammlung zur Sprache bringen, bevor eine Eskalation in der Gemeinschaft droht.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen, geholfen haben einen ersten rechtlichen Überblick in dieser Rechtsangelegenheit zu gewinnen. Sie können natürlich gerne über die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen.


Rechtsanwalt Sascha Lembcke

Rückfrage vom Fragesteller 9. Oktober 2010 | 18:27

Vielen Dank für die ausführliche Anwort. Eine Sache verstehe ich nicht ganz. Was meinen Sie mit:
"Die Klage auf Zustimmung zur Übertragung wäre dagegen eine bessere Alternative. "?
Vielen Dank und viele Grüsse

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Oktober 2010 | 10:55

Ihre berechtige Nachfrage möchte ich wie folgt beantworten.

Sicherlich hab ich mich da unklar ausgedrückt. Es soll natürlich Klage auf Zustimmung der Übertragung der Räum- und Streupflicht auf ein Drittunternehmen heißen.

Dies wäre wie beschrieben eine Form der gerichtlichen Geltendmachung der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Bei dieser können Sie getätigte Aufwendung als Schadenersatz geltend machen, während Sie bei der Zustimmungsklage gleich feststellen lassen können, dass die übrigen Miteigentümer der Beauftragung eines Drittunternehmes zuvor zustimmen müssen.

Denn bei einer Verpflichtungsklage, d.h. die Eigentümer zu verpflichten die Räum- und Streuarbeiten durchzuführen hätten Sie den Nachteil, dass Sie bei Verstoß jedesmal vollstrecken müssten, oder die Eigentümer mittels Ordnungsgeld zur Durchführung der Streupflicht zwingen müssten, was etwas umständlicher ist, als die Einholung und Durchsetzung der Zustimmung.

Ich hoffe das ich Ihre Nachfrage damit präzisieren konnte.

Bewertung des Fragestellers 13. Oktober 2010 | 14:53

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Sascha Lembcke »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 13. Oktober 2010
4,2/5,0

ANTWORT VON

(517)

Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Miet- und Pachtrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Inkasso, Vertragsrecht, Verkehrsrecht