Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
In dem Schriftstück aus dem Jahr 1994 ist eine "Preisvorstellung" geäußert worden. Dies stellt schon dem Wortverständnis nach etwas Unverbindliches dar, an das sich keine Seite gebunden fühlen muss. Die Behörde kann daher bei ihrem Kaufvertragsangebot nun von dieser "Preisvorstellung" abweichen.
Es ist verständlich, dass Ihnen dieses Angebot nicht gefällt. Reagieren Sie also, indem Sie erklären, Sie stellten sich einen Kaufpreis von 20,00 DM +x pro Quadratmeter vor, und verweisen Sie hierfür auf das Schriftstück aus dem Jahr 1994. Legen Sie dar, wie es zu der damaligen "Preisvorstellung" kam. Fragen Sie außerdem nach, auf welche Tatsachengrundlage die Behörde ihr jetziges Preisangebot stützt (welches Gutachten und welche Vergleichsgrundstücke die Behörde bei der Preisermittlung herangezogen haben will). Damit sollten Sie über genügend Material verfügen, damit der Kaufpreis deutlich nach oben korrigiert wird. Bedenken Sie, dass die Behörde ihr Angebot zu Beginn natürlich niedrig halten will.
Eine definitive Frist zu setzen ist schwierig. Sollten Sie in einer großen Stadt wohnen, sollten Sie die Frist länger halten (z.B. bis Anfang Juni), ansonsten sollte die Frist ca. drei Wochen betragen. Die Fristsetzung hat aber keine besondere Bedeutung. Sie befinden sich derzeit in der Verhandlungsphase mit der Stadt und können dabei keine Ultimaten setzen. Für eine Klage ist es derzeit noch viel zu früh.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. Für eine Nachfrage stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,
Ihre Auskunft zur Sache ist sehr ernüchternd. Was die Preisgestaltung angeht, erhält das Amt damit praktisch einen Freibrief. Ein freiwilliges Zugeständnis in Sachen Preis, ist nach dem letzten Telefonat jedenfalls kaum zu erwarten. Es sei denn, ich hätte etwas rechtlich relevantes in der Hand.
Hinzu kommt die unbestreitbare Tatsache, dass Ämter zumindest in der Vergangenheit keinesfalls wirtschaftlich gedacht haben. Sie lassen sich m.E. mit einer gewissen Sturheit beklagen, da der Sachbearbeiter das Kostenrisiko schliesslich nicht selbst zu tragen hat.
Nachfrage:
War das Strassenbauamt nicht verpflichtet, v o r Baubeginn Preisverhandlungen aufzunehmen, wenn die Preisvorstellung 20 DM/qm nicht bezahlt werden sollten, bzw. wie weit lässt sich aus den dadurch verlorenen seinerzeitigen Einspruchsmöglichkeiten und sonstigen verlorenen Rechtmitteln noch etwas gewinnen?
Mit freundlichen Grüssen
Es ist leider so, dass eine "Preisvorstellung" nun einmal keine verbindliche Wirkung entfalten kann. Nur dann, wenn aufgrund des gesamten damaligen Geschehensablaufs anzunehmen ist, dass ein Vertrauenstatbestand für Sie geschaffen wurde, dass Sie wirklich mindestens 20 DM pro Quadratmeter erhalten werden, kann man zu einem anderen Ergebnis kommen.
Trotzdem erhält das Amt so oder so keinen "Freibrief". Das Amt möchte Ihnen eine Fläche abkaufen. Es muss Ihnen hierfür ein Kaufpreisangebot machen und Sie können es annehmen oder auch ablehnen und stattdessen einen anderen, höheren, Kaufpreis fordern, unter Verweis auf die Abreden im Jahr 1994. Wenn Sie hiermit keinen Erfolg haben sollten und daher ein Enteignungsverfahren mit nur einer geringen Entschädigungssumme eingeleitet werden, dann können Sie ein gerichtliches Verfahren anstrengen, gerichtet auf die Zahlung einer höheren Entschädigung. Heranziehen können Sie dann wieder die Abrede aus dem Jahr 1994 und ggf. ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten. Dies sollten Sie dann aber von einem Rechtsanwalt betreuen lassen.
Wie gesagt, im Moment sind Sie jedoch noch in der Vorphase. Sie sollten Ihre Einwände gegen das Angebot der Verwaltung schriftlich formulieren (ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwalts) und dies der Verwaltung zusenden. Erst dann, wenn keine Einigung mit der Verwaltung erzielt werden kann, steht Ihnen der Weg zum Gericht offen.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)