Selbst getragene Krankheitskosten wie z.B. Arzneimittel, Arzt- und Heilpraktikerkosten, Krankenhauskosten sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Zu unterscheiden ist zwischen krankheitsbedingten Aufwendungen, die der Heilung dienen oder die die Krankheit erträglich machen (unmittelbare Krankheitskosten) sowie Aufwendungen, die nur gelegentlich oder als Folge einer Krankheit entstehen (mittelbare Krankheitskosten) und Aufwendungen für vorbeugende Maßnahmen (vgl. BFH v. 9.8.1991 - III R 54/90
, BStBl. II 1991, 920
). Nur unmittelbare Krankheitskosten sind dem Grunde und der Höhe nach regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (vgl. BFH v. 22.10.1996 - III R 240/94
, BStBl. II 1997, 346
). Aufwendungen für die Nutzung eines Telefons oder Fernsehgeräts bei stationärer Behandlung sind als Folgekosten keine unmittelbaren Krankheitskosten (vgl. BFH v. 14.10.1997 - III R 18/97
, BFH/NV 1998, 448
). Zu den unmittelbaren Krankheitskosten zählen aber die Aufwendungen für medizinische Hilfsmittel im engeren Sinne, wie Brillen, Hörapparate, Rollstühle (vgl. BFH v. 10.10.1996 - III R 209/94
, BStBl. II 1997, 491
). Diese werden nach der Lebenserfahrung ausschließlich von Kranken angeschafft werden, bei ihnen ist häufig eine Anpassung an die individuellen Gebrechen erforderlich und somit kann auch nicht von einem Gegenwert ausgegangen werden. Es entfällt die Notwendigkeit der Vorlage eines vor dem Kauf erstellten Amts- oder vertrauensärztlichen Attestes (vgl. BFH v. 14.10.1997 - III R 27/97
, BFH/NV 1998, 571
). Bei Hilfsmitteln im weiteren Sinne wie Spezialbetten oder Gesundheitsschuhen bedarf es dagegen der Vorlage eines ärztlichen Attestes. Bei medizinischen Hilfsmitteln im weiteren Sinn scheitert die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung an dem Gegenwert, wenn der angeschaffte Gegenstand nicht ausschließlich dem Erkrankten selbst zu dienen bestimmt ist, sondern auch für Dritte von Nutzen ist, z.B. Einbau einer Spezialdusche. Aufwendungen für Arzneimittel führen grds. nur zu außergewöhnliche Belastungen, soweit sie krankheitsbedingt zwangsläufig und durch einen Arzt oder Heilpraktiker verordnet sind. Bei einer andauernden Erkrankung mit anhaltendem Verbrauch bestimmter Arznei-, Heil- und Hilfsmittel reicht die einmalige Vorlage einer Verordnung. Da in diesen Fällen jedoch regelmäßig eine Kostenübernahme durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung erfolgt, ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Medikamente auf die Ausnahmefälle beschränkt, in denen trotz ärztlicher Verordnung eine Kostenübernahme durch die Versicherung abgelehnt wird (vgl. BFH v. 11.8.1991 - III R 70/88
, BFH/NV 1991, 386
) oder in denen Versicherungsschutz nicht besteht - Eigenanteil. Bei einer unheilbaren Krankheit sind die Aufwendungen für ein Medikament trotz Nichtzulassung abzugsfähig (vgl. FG München v. 19.12.2001 - 1 K 4737/00
, EFG 2002, 404
).
Strengere Anforderungen an den Nachweis der Zwangsläufigkeit werden regelmäßig in folgenden Fällen gestellt:
o Legasthenie oder einer anderen Behinderung eines Kindes, die für Behandlung eine auswärtige Unterbringung erfordert;
o Notwendigkeit der Betreuung alter oder hilfloser Menschen durch eine Begleitperson;
o Erwerb medizinischer Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind;
o psychotherapeutische Behandlungen;
o wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.
Insoweit ist regelmäßig die Vorlage eines vor Kauf oder Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Attests oder der ärztlichen Bescheinigungen eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich. Die zuständigen Gesundheitsbehörden haben gem. § 64 EStDV
auf Verlangen die für steuerliche Zwecke erforderlichen Gesundheitszeugnisse, Gutachten oder Bescheinigungen auszustellen. Kein ausreichender Nachweis ist die Bescheinigung über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitgebers während der Durchführung einer Maßnahme (vgl. BFH, Beschl. v. 12.9.1996 - III B 70/96
, BFH/NV 1997, 291
). Nur in Ausnahmefällen, wenn auf die Begründung abgestellt werden kann, dass vom Steuerpflichtigen nicht erwartet werden könne, dass dieser von der Notwendigkeit weiß, eine amtsärztliche Begutachtung im vorhinein vornehmen zu lassen, hat der BFH weitere Nachweiserleichterungen zugelassen (vgl. BFH v. 17.7.1981 - VI R 77/78
, BStBl. II 1981, 711
; v. 12.6.1991 - III R 102/89
, BStBl. II 1991, 763
; v. 10.10.1996 - III R 118/95
, BFH/NV 1997, 337
). Dies trifft bei Ihnen zu, so dass Sie ein amtsärztliches Gutachten zu erstellen haben, da Sie die Zwangsläufigkeit und damit den Abzug als außergewöhnliche Belastung zu beweisen haben. Insoweit haben Sie auch die Kosten für dieses Gutachten zu tragen.
Vor dem Finanzgericht können Sie sich selbst vertreten, allerdings nicht vor dem BFH.
Allgemein sollten Sie einen Anwalt mandatieren, um Fehler zu vermeiden.
Die Rechtsprechung des BFH vom 02.09.2010, VI R 11/09
ist eventuell auf Ihren Fall anzuwenden.
Mit besten Grüßen
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