Sehr geehrte Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Dem Schuldner bleibt es grundsätzlich unbenommen, eine für ihn ungünstigere Steuerklasse zu wählen. Denn die steuerrechtlich freie Wahl der Steuerklasse des Schuldners ist eine höchst persönliche Entscheidung der Ehepartner, die nicht durch das Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht verändert werden kann. Wählt der Schuldner eine für ihn ungünstige Steuerklasse, dann muss er sich gem. § 850 h Abs. 2 ZPO
analog gegenüber den Gläubigern jedoch so stellen lassen, als hätte er die Lohnsteuerklasse, die üblicherweise von Arbeitnehmerehegatten ohne Schulden gewählt wird (vgl. BGH, Beschluss vom BGH, 03.07.2008, IX ZB 65/07
).
Nachdem Ihr Ehemann von der Steuerklasse III in die Steuerklasse IV wechseln wird, kann nicht ohne weiteres von einem Missbrauch ausgegangen werden. Haben Sie und Ihr Ehemann in etwa gleiches Einkommen, wird die Steuerklassenwahl IV/IV vielmehr nicht zu beanstanden sein. Anders wird dies dann beurteilt werden müssen, wenn Ihr Ehemann ein wesentlich höheres Einkommen hat und dennoch die Lohnsteuerklasse IV wählt. Selbst wenn ein sachlicher Grund für die Steuerklassenänderung zu verneinen ist, wird die Änderung im Ergebnis möglich, aber für die Berechnung der pfändbaren Beträge des Einkommens Ihres Ehemannes nicht zu beachten sein.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Jutta-Petry-Berger-__l102476.html
E-Mail:
Nach erneuter Rücksprache mit dem Treuhänder, teilt dieser mit, dass mein Mann nach Änderung der Steuerklasse das Risiko eingeht, aus der Wohlverhaltensperiode "rauszufliegen", da durch das verringerte Nettoeinkommen meines Mannes die Gläubiger benachteiligt werden würden. Ausschlaggebend wäre nur das Nettoeinkommen meines Mannes und nicht das Haushaltsnettoeinkommen. Es wäre auch nicht möglich, den Pfändungsbetrag nach Stkl III freiwillig abzuführen.
Besteht tatsächlich so ein Risiko und wenn ja, wie könnte man dem vorbeugen? Würde eine Anfrage bei dem zuständigen Amtsgericht eventuell weiterhelfen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
liegt ein sachlich rechtfertigender Grund für die Wahl der ungünstigen Steuerklasse nicht vor, so kann dies eine Gläubigerbenachteiligung indizieren, was im Ergebnis auch dazu führen kann, dass die Restschuldbefreiung versagt wird. Das Risiko der Versagung der Restschuldbefreiung wird insbesondere dann bestehen, wenn das Einkommen Ihres Ehemannes wesentlich höher ist. Gegen die Versagung der Restschuldbefreiung wird ggf. angeführt werden können, die Gäubigerbenachteiligung sei nicht wesentlich und aufgrund des Zahlungsangebotes Ihres Ehemannes fehle eine Schädigungsabsicht. Ein gewisses Risiko der Versagung der Restschuldbefreiung wird bei Änderung der Steuerklasse allerdings bestehen bleiben.
Nachdem die Steuerklasse III die Ausnahme für den Fall ist, dass die Einkommen der Eheleute stark differieren, die Steuerklassen IV/IV hingegen für beide den Regelfall darstellen, § 38b Satz 2 Nr. 4 EStG
, sollten die Differenzen anhand einer Lohnsteuerberechnung nochmals exakt berechnet und ggf. erneut das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter gesucht werden. Im Übrigen wird der Insolvenzverwalter bei der Wahl der ungünstigeren Steuerklasse bei dem Insolvenzgericht beantragen müssen, dass das Einkommen des Schuldners "fiktiv" nach der günstigeren Steuerklasse zu versteuern ist und so der Pfändungsbetrag berechnet werden muss. Dies erklärt seinen Hinweis, es sei nicht möglich, die Pfändungsbeträge freiwillig zu zahlen. - Ob das Insolvenzgericht in der Angelegenheit Auskünfte erteilen wird, bleibt abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin