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Steuererklärung bei Auswanderung im Januar

| 12. Dezember 2021 13:53 |
Preis: 50,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


17:05

Ich bitte um eine Einschätzung zu folgender Situation:

Ende Januar 2019 bin ich aus Deutschland nach Australien ausgewandert, wo ich seitdem lebe und arbeite. Einen Wohnsitz in Deutschland habe ich nicht mehr, nur noch eine Behelfsadresse meiner Familie zum Erhalt von Post.

Vor meiner Auswanderung war ich selbständig tätig und habe jedes Jahr meine Steuererklärung gemacht, so auch kurz vor meiner Auswanderung für das Jahr 2018, das letzte volle Jahr, in dem ich in Deutschland gelebt habe. In den wenigen Wochen im Januar 2019 habe ich nur wenig gearbeitet, aber durch Rechnungen vom Dezember 2018, die erst im Januar 2019 bezahlt worden, habe ich trotzdem knapp 5.000 € Einkommen erhalten.

Mein Problem ist, dass ich vergessen habe, für das Jahr 2019 eine Steuererklärung zu machen, denn daran habe ich wegen meiner Auswanderung nicht mehr gedacht. Auch mein damals für mich zuständiges Finanzamt hat mir bis heute keine Erinnerung geschickt und ich denke, beide Seiten haben die Steuererklärung vergessen. Dieses Thema kam erst vor wenigen Tagen wieder auf, als ich Post von meiner damaligen Krankenkasse bekam, die meinen Beitrag für Januar 2019 nachberechnen möchte und dafür meine Steuererklärung von 2019 braucht.

Folgende Fragen stellen sich mir nun:

- Bin ich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn ich nur wenige Wochen im Jahr 2019 in Deutschland gelebt habe und in dieser Zeit nur knapp 5.000 Euro eingenommen habe?

- Denken Sie, das Finanzamt hat mich auch vergessen, denn ich habe ja keine Post mit Aufforderung zur Abgabe erhalten, oder sieht das Finanzamt vielleicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit bei einer Auswanderung im Januar von einer Steuererklärung ab?

- Da dies eine Angelegenheit mit meiner Krankenkasse ist, die aufgrund meiner Steuererklärung von 2019 meinen Beitrag für Januar 2019 nachberechnen möchte, könnte ich dies mit der Krankenkasse so klären, dass ich für Januar 2019 den Höchstbeitrag zahle? Oder kann meine Krankenkasse verlangen, dass ich in jedem Fall die Steuererklärung vorlege und vielleicht sogar mein Finanzamt informieren, dass diese nicht vorliegt?

- Würden Sie mir raten, dass ich meine Steuererklärung für 2019 jetzt noch nachmache, obwohl die Aufforderung des Finanzamts fehlt? Ich bin besorgt, weil ich schon so sehr im Verzug bin und mir das Vergessen vielleicht negativ ausgelegt wird (Strafe oder Anzeige?). Ich hatte es wirklich vergessen, Deutschland ist so weit weg.

Außerdem frage ich mich, wie ich jetzt logistisch überhaupt noch eine Steuererklärung machen könnte, denn ich habe keinen Zugang zu ELSTER mehr und meine Steuerunterlagen liegen in Deutschland.

Auf den Brief der Krankenkasse muss ich mich trotzdem melden und ich weiß nicht, wie ich jetzt vorgehen soll.

Vielen Dank im voraus für Ihren Rat.

12. Dezember 2021 | 15:07

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
Tel: 0611-13753371
Web: https://deutschland-schulden.de
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

auch wenn Sie nur noch im Januar Einnahmen in Deutschland erzielt haben sind Sie weiterhin noch verpflichtet eine Steuererklärung für die inländischen Einnahmen abzugeben und ebenso dazu verpflichtet dem Finanzamt mitzuteilen, wie hoch Ihre Einkünfte im Ausland gewesen sind.

Grundsätzlich gilt nach deutschem Recht, dass sich der durch den Progressionsvorbehalt ergebende Steuersatz, welcher auf Sie entfällt, nach dem gesamten Einkommen im Jahr zu bemessen ist. Wenn Sie also in Deutschland 5.000 € Einnahmen hatten und im Ausland weitere 55.000 € zu wäre Ihr Steuersatz so zu bemessen, als ob Sie die gesamten 60.000 € in Deutschland verdient hätten. Nehmen wir an der Steuersatz wäre dann 30%, dann müssten Sie entsprechend auf die 5.000 € aus deutschen Einkünften 30 % an Abgaben zahlen.

Die Pflicht zur Steuererklärung wird auch nicht entfallen, sondern es wird dabei bleiben, dass das Finanzamt weiterhin eine Erklärung von Ihnen möchte. Auch wenn noch keine Mahnungen oder gar Zwangsgeldfestsetzungen erfolgt sind bleiben Sie grundsätzlich zur Anfertigung der Erklärung verpflichtet. Wenn Sie dies nicht tun können hier dann Zwangsgelder festgesetzt werden oder es erfolgt ein Schätzung und bei einer Wiedereinreise nach Deutschland kann je nach Konstellation zu Problemen kommen.

Sie sollten sich aber aktuell wegen der noch ausstehenden Erklärung keine allzu großen Sorgen machen, es würde vermutlich reichen darauf zu verweisen, dass Ihnen noch nicht alle Unterlagen aus Ihrem neuen Heimatland vorliegen, um die deutsche Steuererklärung zu erstellen. Das das Finanzamt auf die Abgabe einer Erklärung verzichtet ist eher unwahrscheinlich, allerdings dürfte die australische Steuererklärung und deren Ergebnis kaum angezweifelt werden. Für die deutsche Steuer dürfte es dann ausreichen, wenn Sie die 5.000 € hier erklären und im Übrigen auf das Ergebnis der australischen Behörden verweisen. Welche Dokumente dann wegen der Doppelbesteuerung genau ausgefüllt werden müssen kann Ihnen dann auch das Finanzamt mitteilen. Theoretisch wäre es nach § 150 Absatz 8 Abgabenordnung auch ausnahmsweise möglich die Steuererklärung ohne ELSTER und ohne die entsprechenden Formulare abzugeben, wenn Ihnen der Zugang hierzu nicht oder nur sehr schwer möglich ist.

Zitat:

§ 150
Form und Inhalt der Steuererklärungen
(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn
1. keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2. nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3. keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4. eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).
(2) ....
(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.


Sie sollten dem Finanzamt die Situation einfach schildern, wenn Sie in Deutschland niemanden vor Ort haben kann es durchaus sein, dass man Ihnen die Abgabe über Elter erlässt oder Ihnen zumindest behilflich ist oder das Ganze durch eine annehmbare Schätzung erledigt.

Die Krankenkasse wird die Beiträge grundsätzlich nach § 240 Absatz 4a SBG V aufgrund des letzten Steuerbescheides festsetzen.

Zitat:
§ 240 Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder
(1) Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. .....
(2)
(3)
(4)....
(4a) Die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge werden auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt; dabei ist der Einkommensteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen; Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit werden die Beiträge auf der Grundlage der nachgewiesenen voraussichtlichen Einnahmen vorläufig festgesetzt. Die nach den Sätzen 1 und 2 vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt. Weist das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nach, gilt für die endgültige Beitragsfestsetzung nach Satz 3 als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Für die Bemessung der Beiträge aus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gelten die Sätze 1, 3 und 4 entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht, wenn auf Grund des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides oder einer Erklärung des Mitglieds für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe des 30. Teils der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.
(4b) ...
(5).....


Hier dürfte es allerdings tatsächlich funktionieren, dass die Kasse für den Januar einfach den Höchstbeitrag festlegt und aufgrund der Abmeldung dann keine weiteren Ansprüche mehr stellt. Da Sie aber sowieso die Steuererklärung erstellen müssen können Sie diese dann dort einfach nachreichen.


Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen in jedem Fall noch einen schönen Sonntag.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Rückfrage vom Fragesteller 15. Dezember 2021 | 16:14

Ich danke Ihnen recht herzlich für die sehr gute Antwort und möchte die Möglichkeit der einmaligen Nachfrage nutzen:

In welcher Spalte der Steuererklärung gebe ich mein ausländisches Einkommen an und muss ich das Einkommen in der Landeswährung von Australien oder umgerechnet in EURO angeben? Wenn letzteres der Fall ist, wüsste ich nicht, ob ich den aktuellen Wechselkurs oder den von 2019 verwenden soll.

Danke im voraus für Ihren Rat und frohe Weihnachten sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. Dezember 2021 | 17:05

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

die Angaben sind in den Zeilen 21 und 22 und in Euro zu machen, Sie sollten aber am Besten noch den Sachverhalt erklären und vor allem den Steuerbescheid aus Australien mitsenden.

Entscheidend ist nicht der aktuelle Wechselkurs, sondern der Wechselkurs aus 2019.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke

Bewertung des Fragestellers 14. Dezember 2021 | 09:58

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