Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bei der Gesundheitsfürsorge für Strafgefangene handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe, siehe §§ 56 ff. StVollzG. Zwischen dem Gefangenen und dem Träger der JVA besteht daher ein öffentlich-rechtliches Unterordnungsverhältnis.
Hieraus wiederum folgt, dass zwischen dem Gefangenem und dem Arzt durch eine Behandlung grundsätzlich keine eigenen privatrechtlichen Vertragsverhältnisse entstehen; dies gilt selbst dann, wenn diese öffentlich-rechtliche Aufgabe auf private Unternehmen übertragen wurde, so das LG Offenburg mit Urteil vom 17.4.2013 — Aktenzeichen 6 O 208/12
.
Dies bedeutet aber nicht, dass der Gefangene schutzlos gestellt ist oder der behandelnde Arzt geringere Sorgfaltspflichten hat. Denn da der Arzt hoheitlich tätig wird, greift im Falle einer Pflichtverletzung die Amtshaftung gemäß Artikel 34 GG
i.V.m. § 839 BGB
. Für Behandlungsfehler muss daher der Staat einstehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Rechtsanwalt Jan Wilking
Vielen Dank
Ist es demnach so, dass diese Amtshaftung gleichrangig zum § 630 ff BGB
zu sehen ist, incl. der Dokumentationspflichzen und der Sorgfaltspflichten ?
Demnach verstehe ich sie also richtig, dass der Arzt einen Laien anhören muss und bei Verdacht auf eine Krankheit gründlich von sich aus eine mögliche Krankheit von Amts wegen selber erforschen muss, also ermitteln muss was vorliegt falls er unabhängig von Patienten das Gefühl hat, da stimmt was nicht ?
Die Anwältin teilte in der verlinkten Frage bereits mit das auch Zwang ausgeübt werden kann und wenn ein Arzt nichts macht obwohl Anzeichen da sind nach § 323a StGB
unterlassene Hilfeleistung sei.
So wie ich sie also abschließend verstehe, ist der Arzt auch verpflichtet den Patienten zB zu fragen ob er Änderungen an sich festgestellt hat
Dieser Ablauf der Aufklärung und Erkundigung (Diagnose) ist ja in § 630 BGB
geregelt, gehe ich recht in der Annahme das dies sowie die Sorgfaltspflichten auch in der jva analog gleich geregelt sind ?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln gelten vorrangig die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, § 61 StVollzG. Die grundsätzlichen Regelungen der §§ 630a ff. BGB
sind aber in der Regel analog anwendbar, insoweit ist der Kollegin vollumfänglich zuzustimmen.
Zu beachten ist hierbei auch § 56 Absatz 2 StVollzG, wonach der Gefangene u.a. die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zu unterstützen hat. Besteht aber entgegen der Laienansicht des Gefangenen der Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung, ist der Arzt auch verpflichtet, weitere Nachforschungen zu betreiben. Unter den Voraussetzungen des § 101 StVollzG sind hierbei auch Zwangsmaßnahmen zulässig.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt