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Serverstandort und Umsatzsteuer

| 9. Januar 2007 13:56 |
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Steuerrecht


Es wird eine internationale Single-Community betrieben. Die zahlenden Kunden kommen aus Deutschland, Österreich, Italien - und auch außerhalb der EU - aus der Schweiz.

Die Leistung für die Kunden (Kontaktaufnahme der Mitglieder untereinander) wird auf einem Server in der Schweiz erbracht. Der Sitz des Unternehmens ist in Deutschland.

Hierzu 2 Fragen:

1) wo entsteht die Umsatzsteuerpflicht für diese Leistung?
2) ist in diesem Fall ein Server als Betriebsstätte anzusehen?

Sehr geehrter Fragesteller,

die Frage, ob ein im Ausland aufgestellter Server als Betriebsstätte anzusehen ist, ist bisher nicht abschließend geklärt. § 12 AO definiert als Betriebsstätte "jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient." Diese Definition paßt nicht auf einen Server, berücksichtigt allerdings auch nicht die Besonderheiten des eCommerce.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat in einem - allerdings nicht zur Umsatz- sondern zur Einkommensteuer ergangenen - Urteil vom 06.09.2001 in Anlehnung an das Pipeline-Urteil des Bundesfinanzhofs einen in der Schweiz betriebenen Server als Betriebsstätte angesehen. Dieses Urteil wurde jedoch vom Bundesfinanzhof wieder aufgehoben, wenn auch aus anderen Gründen, ohne dass der Bundesfinanzhof zu der Frage der Betriebsstätteneigenschaft Stellung genommen hätte.
Die Finanzminister der Länder haben in einem gleichlautenden Erlaß ihrerseits die Finanzverwaltungen angewiesen, im Ausland betriebene Server nicht als Betriebsstätten anzusehen.

Demgegenüber vertritt der Steuerausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in einem im Jahre 2001 überarbeiteten Stellungnahme zum OECD-Muster-Doppelbesteuerungsabkommen die Ansicht, dass ein Internet-Server sehr wohl eine Betriebsstätte im Sinne des Art. 5 OECD-Musterabkommen sein kann. (Das Musterabkommen wird insbesondere für die Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen herangezogen.) Als Betriebsstätte soll ein Server hiernach dann gelten, wenn mittels der ihm zuzurechnenden Software ein bedeutender Teil der gesamten geschäftlichen Transaktion abgewickelt wird. Tätigkeiten mit Hilfscharakter wie etwa die Internet - Werbung oder Kundeinformation oder die Annahme von Aufträgen, aber auch die Inanspruchnahme eines ausländischen Providers sollen nicht darunter fallen. Personen müssen in einer Betriebsstätte nicht vorhanden sein. Das heißt, auch ein vollautomatisch arbeitender Server, der Inhalte und Software für andere Computer zum Abruf bereit hält, kann eine Betriebsstätte begründen.

Auch wenn diese Entscheidungen alle zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung gefällt wurden, dürfte für die Umsatzsteuer nichts anderes gelten. Daher ist es meines Erachtens vertretbar, den Server in der Schweiz als Betriebsstätte anzusehen, vorausgesetzt, dass dort wirklich die gesamte Leistung für die Kunden erbracht wird. Dies hätte zur Folge, dass für diese Tätigkeit keine deutsche Umsatzsteuerpflicht bestünde. Ob diese Ansicht letztendlich aber Bestand haben wird, kann heute leider immer noch nicht mit Gewissheit gesagt werden.

Soweit sich die Tätigkeit auf Informationsauslieferung sowie Datenverarbeitungstätigkeiten beschränkt, entfiele im übrigen selbst bei einer Verneinung einer schweizerischen Betriebsstätte zumindest für die Kunden aus Nicht-EU-Ländern (also etwa für Schweizer Kunden) die Umsatzsteuerpflicht gemäß § 3a Abs. 3 , 4 Nr. 4 und 5 UStG.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen ersten Angaben geholfen zu haben.
Für eine Rückfrage stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Meisen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht

Rückfrage vom Fragesteller 9. Januar 2007 | 19:26

Sehr geehrter Herr Meisen,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, die uns die gegenwärtige Rechtsunsicherheit zu diesem Thema aufgezeigt hat.

Wie ist es möglich Entscheidungen der Finanzgerichte zu diesem Thema in Erfahrung zu bringen bzw. wo werden diese lückenlos veröffentlicht?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Januar 2007 | 18:36

Sehr geehrter Fragesteller,

eine lückenlose Veröffentlichung der Urteil der Finanzgerichte gibt es nicht. Selbst die Urteile des Bundesfinanzhofs werden nicht lückenlos veröffentlicht. Ein versierter Fachanwalt für Steuerrecht kann hier jedoch regelmäßig weiterhelfen, da er selbstverständlich die aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung beobachtet und soweit einen Überblick hat.

In Ihrem Fall existieren allerdings außer den bereits zitierten Entscheidungen und Rundschreiben leoder noch keine relevanten Entscheidungen.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Meisen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht

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