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Selbstanzeige / Fehlende Belege und Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen

11. Mai 2016 11:30 |
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Steuerrecht


Beantwortet von

Hallo,
Gegeben sei folgende Situation:

Eine Person ist im Internet gewerblich tätig. Sie hat allerdings kein Gewerbe angemeldet, das Finanzamt nicht informiert und keine Steuern bezahlt. Nun möchte sie reinen Tisch machen – steht aber ob des Vollständigkeitsgebotes der Selbstanzeige vor großen Schwierigkeiten. Warum? Sie hat auch keine Buchhaltung angefertigt und es viele Jahre nur als Taschengeld Zuverdienst betrachtet.


Besteuerungsgrundlage Einkommenssteuer (im Inland nicht steuerbare Erträge)

2003-2004: ca. 300€ / Jahr (paypal belege existieren)
2005-2008: ca. 1000€ / Jahr
2009-2010: Nichts
2011-12: Ca. 200€ im Jahr
2013: ca. 1000 €/ Jahr
2014: ca. 22.000 /Jahr
2015: Erklärung noch nicht abgegeben

(2007 wurde eine Erklärung abgegeben, EÜR war negativ)

= Allein im Jahr 2014 und 15 wäre bei korrekter Buchführung Einkommenssteuer angefallen. Alle Beträge vorher lagen definitiv unter dem Freibetrag.

Umsatzsteuerschuld (Beziehungen von sonstigen Leistungen aus dem Ausland §13b)

2003-2011: Ca 50€/Jahr
2012: ca. 400€/ Jahr
2013: ca. 1000€ / Jahr
2014: ca. 3000€ / Jahr
2015: ca. 4000€ / Jahr
2016: ca. 1000€ bislang


Konkrete Fragen

1. THEORETISCH müssen ja nur zu steuerlich erheblichen Tatsachen Angaben gemacht werden. D.h für die EKS eine Erklärung des Jahres 14 (+15 im Rahmen der regulären Steuererklärung), sowie alle Jahre/Monate bis April 2016 bezüglich der UST.

PRAKTISCH….fehlen aber die Belege für 03-05 (wenn das Amt alle deutschen Konten abfragt/10 Jahre Aufbewahrungspflicht überschritten.) sowie von 05-10. Der Grund hierfür ist ein Kreditkartenkonto welches von einer Offshore Bank herausgegeben wurde, welche alle Belege gelöscht hat.

Ergo: Das Finanzamt kann eine Schätzung durchführen, welche die Selbstanzeige unvollständig machen würde und somit ungültig. Also muss SELBST geschätzt werden:

- Wie kann von einem Laien ein Schätzungsbetrag erarbeitet werden, welcher vom Amt möglicherweise akzeptiert wird?

- Ist es sinnvoll direkt die aus dem Gedächtnis geschätzten Umsätze anzugeben und explizit einen Sicherheitszuschlag zu benennen? (etwa: „Nach meiner Erinnerung gingen in den Jahren in denen die Offshore Kreditkarte bestand Zahlungen von etwa 1000€/Jahr ein. Ich veranschlage jedoch einen Sicherheitszuschlag / Schätzung von x€")

Bereits eine EKS Schätzung von 1€ für die nicht belegbaren 8 Jahre würde bereits das fast 9-fache des tatsächlichen Betrags sein.

Können durch die erklärbaren Jahre ab 2011 LEGITIME Rückschlüsse auf die Umsätze von 2003-2010 geschlossen werden? Wenn ja WIE konkret? Aus Erfahrung ist mir bekannt, dass das Amt selbst bei 0€/Umsatz im Vormonat z.T utopische Schätzungen vorlegt.

Deshalb benötige ich konkrete Erfahrungswerte / Handlungsvorschläge damit die Person eine Anzeige abgeben kann, die zumindest eine kleine Chance auf Erfolg hat.

Vielen Dank und noch einen schönen Tag

11. Mai 2016 | 13:03

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen nach erster summarischer Prüfung der Rechtslage wie folgt beantworten:

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage i.S.d. § 162 AO zu für Sie nachteiligen Ergebnissen führen wird. Dies allein schon deswegen, weil das Finanzamt die Besteuerunggrundlage recht hoch ansetzen wird, Ihnen aufgrund der schlechten Beweislage aber etwaige Rechtsmittel nicht wirklich helfen werden.

Darüber hinaus ergeben sich aus § 162 Abs. 2 AO als weitere Voraussetzungen der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, "wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag", "wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen"

Ich sehe hier eine Reihe von Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 AO erfüllt, so dass die Schätzung der Besteuerungsgrundlage hier in der Tat das Mittel der Wahl wäre.Auch das Finanzamt wird einen Sicherheitszuschlag anwenden.

bei einer eigenen Schätzung der Besteuerungsgrundlage ist ein Sicherheitszuschlag in der Tat angezeigt. Aber selbst dann wäre Ihre Schätzung auf Grundlage bestimmter nachweisbarer Vermutungen anzustellen.

Sie tragen gewisse Belege vor, diese sollten auf jeden Fall bei einer Schätzung hinzugezogen werden. Sie sollten für die vergangenen Jahre eine Aufstellung mit allen Ihnen dort noch bekannten Einkünften anfertigen, diese tabellarisch aufschlüsseln und einen Sicherheitszuschlag dort einfließen lassen.

Für die Jahre, für keine Belege vorliegen und Ihre Angaben einzig aus Ihrem Gedächtnis heraus erfolgen, wäre aus meiner das Anbieten einer Versicherung von Eides statt i.S.d. § 95 Abs. 1 AO denkbar.

Aufgrund der Strafbewertheit der Versicherung ist dies ein gewichtiges Beweismittel. Da kaum andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit vorhanden sind, wäre die Versicherung auch statthaft.

Vor 2003 bis 2012 waren Ihre Einnahmen aus dem Onlinehandel offensichtlich überschaubar. 2013 stiegen diese an und erreichten 2014 ihren Höhepunkt. Hier müssen Sie davon ausgehen, dass das Finanzamt ohne konkrete Hinweise nicht davon ausgehen wird, dass Sie in 2014 ca. 22.000,00 EUR Umsatz hatten, in 2013 aber nur ca. 1.000,00 EUR.

Das Finanzamt wird sich bei der Schätzung insbesondere an Ihren Vorjahresumsätzen und einem Branchenvergleich orientieren.

Abschließend erscheint es mir sinnvoll, offensiv mit dem Mangel an belegen umzugehen und diesen Klar herauszuarbeiten. Legen Sie Ihre Schätzungen dar, begründen Sie diese. Bieten Sie eine Versicherung von Eides statt an. Tragen Sie vor, warum die Einnahmen in der Vergangenheit lediglich ein Zuverdienst waren (Hauptberuf etwas anders, Studium etc.)

Das Finanzamt wird aus meiner Erfahrung diese Angaben sehr genau prüfen, doch kann Ihnen auch das Finanzamt nicht aufgrund der Umsätze in 2014 für jedes Jahr einen ähnlichen Umsatz andichten. Auch der Schätzungsbescheid muss einer gerichtlichen Überprüfung standhalten können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


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