Sehr geehrte Ratssuchende,
sofern ich Ihre Sachverhaltsschilderung richtig verstehe, bitten Sie um Auskunft, ob die Kosten des Inkassobüros gegenüber dem sich in Verzug befindlichen Mieter erstattungsfähig sind.
Insoweit ist zunächst anzumerken, dass die Kosten eines Inkassobüros nach der überwiegenden Rechtsprechung als „Kosten der Rechtsverfolgung" grundsätzlich einen Verzögerungsschaden darstellen (so u.a. BGH, Urteil vom 24.05.1967 – Az.: VIII ZR 278/64
; OLG Oldenburg, Urteil vom 24.04.2006 – Az.: 11 U 8/06
).
Allerdings ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Kosten für die Einschaltung eines Inkassobüros dann wohl nicht erstattungsfähig sind, wenn für den Gläubiger der Forderung aus den gesamten Umständen ersichtlich ist, dass der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig bzw. zahlungsunfähig ist und somit vorhersehbar ist, dass im Anschluss noch ein Rechtsanwalt mit der Forderungseintreibung beauftragt werden muss (so OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.06.1986 – Az.: 6 U 234/85
; OLG München NJW 1975 832
ff.).
In diesem Falle würde der Gläubiger, der das Inkassounternehmen beauftragt, diese Kosten nicht ersetzt verlangen können. Ob Ihre Schuldner erkennbar zahlungsunfähig bzw. zahlungsunwillig sind, kann naturgemäß von hieraus nicht beurteilt werden.
Ferner weise ich Sie darauf hin, dass einem gewerblichen Großvermieter wohl grundsätzlich kein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1
, 2, 286 Abs. 1, Abs.2 Nr. 1 BGB
auf Erstattung von Inkassokosten zusteht (AG Dortmund, Urteil vom 8.8.2012 – Az.: 425 C 6285/12
). Ob diese Rechtsprechung auf Sie Anwendung findet, vermag ich mangels Kenntnis des Umstandes, ob Sie ein gewerblicher Großvermieter sind, nicht zu beurteilen.
Die Höhe der Inkassokosten ist nach der überwiegenden Rechtsprechung wegen der in § 254 BGB
normierten Schadensminderungspflicht des Gläubigers auf die Sätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) beschränkt (so u.a. OLG Köln, OLGZ 72 411
; AG Peine, JurBüro 1996, 648
; AG Würzburg, MDR 2002, 32
). Nutzt ein Gläubiger nicht die Bereitschaft der Rechtsanwaltschaft zum Inkasso, sondern entscheidet er sich für das teurere Angebot der Inkassobüros, so muss er die entstehenden Mehrkosten selbst tragen (Palandt/Grüneberg, § 286 BGB
Rn. 46).
Ob die zwischen Ihnen und dem Inkassobüro vereinbarte „Provision in Höhe von 40%" die Obergrenze der Erstattungspflicht überschreitet, kann von hieraus nicht abschließend beurteilt werden. Sollten die durch das Inkassobüro einbehaltenen Beträge über den Sätzen des RVG liegen, so müssten Sie diese Kosten – wegen der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB
– selbst tragen.
Ich hoffe, Ihnen insoweit einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Ich weise abschließend darauf hin, dass es durch Hinzufügen und Weglassen wesentlicher Umstände im Sachverhalt durchaus zu einer komplett anderen rechtlichen Bewertung kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Wahnfried
Rechtsanwalt
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