Sehr geehrter Fragesteller,
unter Berücksichtigung der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen möchte ich nachfolgend gerne die von Ihnen gestellte Anfrage beantworten.
Beachten Sie jedoch bitte, dass im Einzelfall weitergehende Informationen für eine fundiertere Einschätzung der Rechtslage erforderlich sein können und dass das Fehlen relevanter Informationen dazu führen kann, dass die Einschätzung unter Berücksichtigung solcher Informationen eine andere sein könnte. Auch kann diese Einschätzung in vielen Fällen ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen.
Bei der Beantwortung habe ich folgende Annahmen zugrunde gelegt:
- Im Rahmen einer Bestellung eines Leasing-Vertrages (rechtlich noch unverbindliche Aufforderung Ihrerseits an den Leasinggeber, Ihnen gegenüber ein Angebot abzugeben, sog. invitatio ad offerendum, oder aber initiales Angebot, welches dann durch Übersendung des Fahrzeugüberlassungsvertrages abgeändert wurde - kann dahinstehen) wurden 10.000 Freikilometer angegeben.
- Im Fahrzeugüberlassungsvertrag (echtes neues Angebot seitens des Leasinggebers) wurden dann 20.000 Freikilometer angeben. Dieses Angebot haben Sie angenommen.
- Später, nach Vertragsschluss, haben Sie den Leasinggeber auf diesen Umstand hingewiesen. Man hat Ihnen dann erklärt, es handele sich um einen Tippfehler und hat Ihnen sodann ein neues Angebot mit fünf Euro Rabatt unterbreitet.
Demzufolge stellt sich die Rechtslage wie folgt dar:
Ich rate Ihnen, das neue Angebot anzunehmen. Denn dieses ist günstiger für Sie als die bestellten Konditionen und Sie vermeiden so Rechtsunsicherheit und eine - aus meiner Sicht mit geringen Erfolgsaussichten versehene - rechtliche Auseinandersetzung.
Vorliegend ist aus meiner Sicht der Vertrag über 20.000 Freikilometer zunächst wirksam zustande gekommen. Denn eine Auslegung des Vertrages dahingehend, dass es sich um eine offensichtliche Falschbezeichnung handelte, scheidet meines Erachtens aus. Hierfür spricht ja auch schon, dass Sie selbst als Empfänger des Angebots dieses - jedenfalls potenziell - als Entgegenkommen betrachtet haben. Ein solches Verständnis ist auf jeden Fall nachvollziehbar. Eine offensichtliche Falschbezeichnung liegt daher nicht vor.
Allerdings ist der Vertrag nach meinem Dafürhalten wirksam angefochten worden. Der Leasinggeber hat geäußert, dass es sich um einen Tippfehler (sog.. Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB) handelt und mit dem neuen Angebot signalisiert, dass er nicht an diesem Vertrag festhalten möchte. Dies ist für eine wirksame Anfechtungserklärung nach § 143 BGB ausreichend. Der Anfechtungsgrund gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB liegt nachvollziehbar vor. Diesen hätte der Leasinggeber zwar zu beweisen. Angesichts der anderslautenden Bestellung, dürfte dies aber wohl gelingen. Auch die Anfechtungsfrist nach § 121 Abs. 1 BGB ist eingehalten. Eine andere rechtliche Bewertung der Rechts- sowie Beweislage erscheint mir schwer bis nicht vertretbar.
Damit ist der bisherige Vertrag rückwirkend unwirksam und Sie haben keinen Anspruch auf das Auto zu diesen Konditionen mehr. Das führt erstens zu einer Rückabwicklung und zweitens dazu, dass der Leasinggeber überhaupt keinen Vertrag mit Ihnen schließen müsste. Insofern liegt ein Entgegenkommen des Leasinggebers vor, zu dem er rechtlich nicht verpflichtet wäre.
Da Sie den Vertrag zu einer fünf Euro höheren Rate und 10.000 Freikilometern abgeschlossen hätten, gehe ich davon aus, dass die neuen Konditionen für Sie erst recht akzeptabel wären und rate Ihnen insofern zur Annahme des Angebots.
Zur Klarstellung noch: Da kein wirksamer Vertrag über 20.000 Freikilometer (mehr) vorliegt, wäre eigentlich jede Weiternutzung ohne vertragliche Grundlage ein Vertragsbruch. Wie im Rahmen einer Rückabwicklung die Nutzung dann betragsmäßig zu bewerten sein würde, wäre ein Kapitel für sich. Allerdings wäre dies jedenfalls für Sie ungünstiger.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen bestmöglich geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lenz
-Rechtsanwalt-
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Lenz
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Rechtsanwalt Christian Lenz
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Ist das so zu verstehen, dass der Vertrag theoretisch auch am letzten Tag des Vertrages (ein Jahr später), sprich am Tag der Rückgabe, anfechtbar gewesen wäre und somit Rückwirkend unwirksam, was zur Konsequenz gehabt hätte, dass ich die mehr gefahrenen Kilometer (Als Beispiel 10.000 km) hätte nachbezahlen müssen?
Auch habe ich bemerkt, dass die versprochenen 5 Euro Zusatzrabatt nicht wie versprochen in den aktualisierten Vertrag aufgenommen wurden, was bedeutet es wurde wieder fehlerhaft im Vertrag gearbeitet. Hat dies irgendeine Auswirkung darauf, dass das neue Angebot jetzt ungültig ist?
Auch würde ich gerne wissen, ob diese Situation mir erlauben würde vom Vertrag zurückzutreten und das ganze Rückzuabwickeln von meiner Seite?
Vielen Dank im Voraus!
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Rückfrage, die ich gerne beantworten möchte.
Grundsätzlich hat die Anfechtung unverzüglich zu erfolgen. Dies kann im Einzelfall auch nach einem Jahr der Fall sein. Hier jedoch nicht mehr, da ja bereits Kenntnis vom Anfechtungsgrund vorliegt.
Die Rückabwicklung bedeutet, dass Sie Nutzungsersatz zu zahlen hätten. Wie hoch dieser wäre, müsste auch unter Berücksichtigung des Vertrages bemessen werden
Der aktuelle Stand ist nach meiner Auffassung, dass aktuell kein Vertrag vorliegt. Das heißt, Sie müssten gar nicht aktiv zurücktreten, um eine Rückabwicklung zu verlangen. Bei der Rückabwicklung ist auch zu berücksichtigen, dass Sie einen Schadenersatzanspruch gegen den Leasinggeber aus 122 BGB haben. Hier kann ich keine pauschale Einschätzung geben. Dies bedarf einer genaueren Betrachtung.
Mein Rat ist: Sprechen Sie noch einmal mit dem Leasinggeber und weisen auf den versprochenen Rabatt hin, bevor Sie unterzeichnen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lenz