Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst bedanke ich mich für Ihre Frage.
Die Vorschrift des § 283 StGB
stellt
wirtschaftlich verantwortungsloses Handeln unter Strafe stellt, dass die Interessen der Gläubiger und insbesondere der Kreditwirtschaft gefährdet.
Einen Zeitrahmen, in dem eine Vermögensverschiebung unter dem Tatbestand des § 283 StGB
fällt, gibt der Gesetzgeber nicht vor.
Nach dem Abs. 1 ist der objektive Tatbestand des Bankrotts dann gegeben, wenn der Schuldner bei Überschuldung oder drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit Bestandteile seines Vermögens Beiseite schafft ( § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB
), wozu auch die Schenkung von Vermögenswerten an Dritte gehört. Nach § 18
der Insolvenzordnung droht ein Unternehmen zahlungsunfähig zu werden, wenn es voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Es handelt sich um eine Prognose der Liquiditätsentwicklung. Kann diese wie hier in Ihrem Fall dergestalt mit hoher Wahrscheinlichkeit dahingehend getroffen werden , dass bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses die Zahlungsunfähigkeit einer Person in fünf Jahren letztlich feststeht, dann ist das Tatbestandsmerkmal der drohenden Zahlungsunfähigkeit des § 283 StGB
gegeben. Insofern liegt Vorsatz vor, wenn die Person, obwohl Sie mit großer Wahrscheinlichkeit weiß, dass sie bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses in fünf Jahren zahlungsunfähig sein wird, dennoch Vermögen durch Schenkungen an Dritte Beiseite schafft und somit dem Zugriff der Gläubiger entzieht, auch wenn sich dies letztlich erst in fünf Jahren konkretisiert.
Demnach ist festzuhalten, dass der von Ihnen geschilderte Sachverhalt strafbar nach § 283 StGB
wäre.
Mit freundlichem Gruß
Peter Dratwa
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Peter Dratwa
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Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Hätte dann noch eine Nachfrage.
Habe nämlich bzgl. drohender Zahlungsunfähigkeit und Strafrecht mal gelesen:
"
...
a) Definition
Nach § 18 Abs. 2 InsO
droht die Zahlungsunfähigkeit, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Zu Recht ist der Begriff der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Insolvenzstrafrecht heftig umstritten. Dies gilt zunächst wegen seines ihm innewohnenden prognostischen Elements. Zwar ist unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG
) heraus der Prognosezeitraum für strafrechtliche Zwecke auf die überschaubare Länge von einem Jahr begrenzt.[28] Gleichwohl muss man sich im Kern die Frage stellen, ob der insolvenzrechtliche Begriff – ungeachtet der Begrenzung des Prognosezeitraums – überhaupt so übernommen werden kann..."
Daher meine Annahme, dass es evtl. doch so eine Grenze geben könnte.
Oder ist dieser Abschnitt anders zu verstehen?
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
sicher gibt es zu der drohenden Zahlungsunfähigkeit verschiedene Theorien. Da es sich vorliegend um eine Erstberatung handelt, würde eine entsprechende Erörterung den Rahmen jedoch hier erheblich sprengen. Sämtlichen Theorien ist jedoch eins gemeinsam: Wenn nämlich wie in Ihrem Fall eine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit zu einem bestimmten, wenn auch länger noch hin stehendem Zeitpunkt vorliegt und die Person dies auch weiß, was im Strafprozess ihr allerdings nachgewiesen werden muss und hier liegt in der Praxis das eigentliche Problem, dann kommt eine Verurteilung nach § 283 StGB
in Betracht.
Meine Aufgabe als Anwalt ist es, dem Mandanten den sichersten Weg aufzuzeigen. Nach der Rechtsprechung des BGH haben hierbei Theorien, die sicherlich in einem späteren Prozess eine Rolle spielen könnten, außer Acht zu bleiben. Denn die Entscheidung, welche Theorie nunmehr in Ansatz zu setzen ist, obliegt immer dem späteren Richter und kann vom Anwalt, zudem nmöglicherweise noch über mehrere Instanzen, nicht prognostiziert werden. Das Rechtsgut des § 283 StGB
ist vor allem der Schutz der Gläubiger vor einer unwirtschaftlichen Verringerung des Vermögens des Schuldners, den dieser zum Nachteil seiner Gläubiger vornimmt, wobei allerdings auch schon fahrlässiges Handeln nach § 283 Abs. 4 Nr. 1 StGB
ausreicht.
Demnach kann ich als Ergebnis nur festhalten, dass, wenn es wie in Ihrem Fall schon eine recht klare Prognose bezüglich einer Zahlungsunfähigkeit in einem bestimmten Zeitraum gibt, dann ist das Tatbestandsmerkmal der drohenden Zahlungsunfähigkeit gegeben und dann ist es Aufgabe der Person, eben alles zu tun, um die Zahlungsunfähigkeit nicht eintreffen zu lassen und nicht noch durch entsprechende Maßnahmen, wie Schenkungen an Dritte, zu manifestieren.
Mit freundlichem Gruß
Peter Dratwa
Rechtsanwalt