Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Sie leben mit Ihrer Frau in Zugewinngemeinschaft.
Sie haben Ihren beiden Töchter noch während der intakten Ehe, vor Trennung, durch notariellen Vertrag jeweils 100.000,00 € geschenkt.
Ihre Frau war zum Zeitpunkt der Schenkung hiermit einverstanden.
Grundsätzlich gilt, aufgrund der Zugewinngemeinschaft, für Verfügungen eines Ehegatten während der Ehezeit der § 1365 BGB.
§ 1365 BGB regelt, dass ein Ehegatte sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten kann, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Die Vorschrift des § 1365 BGB bezweckt zweierlei: Zum einen soll sie die Anwartschaft der Ehegatten auf den Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes schützen. Zum anderen soll sie verhindern, dass ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen Ehegatten durch Weggabe seines gesamten Vermögens der Familie ihre wirtschaftliche Grundlage entziehen kann.
§ 1365 BGB gilt nur für Verfügungen während bestehender Ehe.
Für die Frage, ab wann wertmäßig das Vermögen im Ganzen erreicht ist, muss ein Vergleich zwischen dem veräußerten und dem noch vorhandenen Vermögen vorgenommen werden. Bei größeren Vermögen bleibt das Rechtsgeschäft zustimmungsfrei, wenn dem Ehegatten mindestens 10 % des Vermögens verbleiben. Bei kleineren Vermögen liegt diese Grenze bei 15 %. Anders herum gesagt, handelt es sich um eine Verfügung über Vermögen im Ganzen, wenn der verfügende Ehegatte mindestens 90 % (bei größeren Vermögen) bzw. 85 % (bei kleineren Vermögen) weggibt.
Die eigentliche Schwierigkeit ergibt sich darin, dass § 1365 BGB nur zur Anwendung kommt, wenn der Vertragspartner (hier also Ihre Töchter) positiv weiß, dass es sich bei der Schenkung um das ganze oder nahezu das ganze Vermögen des Ehegatten handelt oder wenn er zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich diese Umstände ergeben (BGH FamRZ 1996, 792).
1. Haben Sie mit den Schenkungen an Ihre Töchter nicht über Ihr Vermögen im Ganzen verfügt, wie § 1365 BGB angibt, war die Einwilligung Ihrer Frau nicht notwendig.
2. Haben Sie mit den Schenkungen über Ihr Vermögen im Ganzen verfügt iSv § 1365 BGB hätte Ihre Frau der Verfügung zustimmen müssen. Verfügung ohne Zustimmung sind zunächst schwebend unwirksam. Der andere Ehegatte bekommt dann nochmal nachträglich die Möglichkeit, die Verfügung zu genehmigen. Verweigert der andere Ehegatte auch nachträglich seine Zustimmung, ist die Verfügung endgültig unwirksam und der Vermögensgegenstand kann zurückgefordert werden. Die Rückforderung kann sowohl durch den Verfügenden als auch durch den anderen Ehegatten geltend gemacht werden.
Die notwendige Zustimmung/Einwilligung des anderen Ehegatten ist eine empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung, § 183 BGB, auf die die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regelungen anwendbar sind.
Die Einwilligung bedarf keiner Form und kann durch Erklärung gegenüber dem Ehegatten geschehen, § 182 Abs. 1 BGB.
Evtl war Ihre Frau bei Beurkundung anwesend und hat vor diesem ihre Einwilligung erklärt.
Sie wären im Streitfall in der Beweispflicht.
Gilt für Sie Ziffer 1., so sind die Geldbeträge nicht mehr in den Zugewinn aufzunehmen. Für die Berechnung des Zugewinns eines jeden Ehegatten ist das Anfangsvermögen wie das Endvermögen zu ermitteln.
Gilt für Sie Ziffer 2., so wären - insoweit eine Zustimmung nicht belegbar ist und weiterhin durch Ihre Frau verweigert wird - nach Rückforderung der Verfügungen die Geldbeträge in den Zugewinn aufzunehmen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Silke Birkenmaier-Wagner
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E-Mail:
Rechtsanwältin Silke Birkenmaier-Wagner
Fachanwältin für Familienrecht
Der Erlös der Wohnungen lag bei über 400.000 Euro. Zudem besitze ich noch eine weitere Wohnung als Vermögen, die in der Ehe dazu kam.
Somit habe ich ja nicht über mein ganzes Vermögen verfügt und demnach bedarf es nicht die Zustimmung meiner Ehefrau oder?
Ihre Nachfrage darf ich wie folgt beantworten:
Insofern Sie nicht über Ihr Vermögen in Ganzen verfügt haben, sehe ich keine Verpflichtung Ihrer Frau zur Zustimmung.
Mit freundlichen Grüßen