Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:
Da ich gewisse Unstimmigkeiten in Ihrer Schilderung sehe, kann ich bei meiner Antwort nur von folgendem Sachverhalt ausgehen, den ich vorab kurz zusammenfasse. Sollte diese Zusammenfassung nicht zutreffend sein, nutzen Sie bitte die kostenlose Funktion der Nachfrage zur Klarstellung.
Der Eigentümer der Tiefgarage ist nicht identisch mit den Wohnungseigentümern des Hauses. Auf der Tiefgarage liegt allerdings eine Baulast, welche den Wohnungseigentümern bzw. deren Mieter eine entsprechende (alleinige/vorrangige?) Nutzungsmöglichkeit der Tiefgarage zusichert. Die Brandschutzauflagen betreffen sodann das Haus und nicht die Tiefgarage. Da die Bewohner aufgrund des fehlenden Brandschutzes sowie der bevorstehenden Schließung aus dem Haus ausziehen, fällt dementsprechend auch die Anmietung der Tiefgaragenstellplätze weg.
Ein Schadensersatzanspruch des Eigentümers der Tiefgarage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. einzelne Wohnungseigentümer setzt eine Anspruchsgrundlage voraus. Diese erfordert grundsätzlich einen Verstoß gegen eine vertragliche oder gesetzliche Pflicht, einen Schaden sowie eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden. Zudem ist die Frage eines Mitverschuldens bzw. einer Schadensminderungspflicht zu beachten.
Eine vertragliche Vereinbarung kann ich aus Ihrer Schilderung nicht entnehmen. So geben Sie nicht an, dass z.B. zwischen dem Eigentümer der Garage und der WEG eine Vereinbarung getroffen wurde, eine entsprechende Auslastung des Hauses oder eine der Garage zu garantieren o.ä..
Danach käme m.E. nur ein Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht in Betracht, wie Sie sich etwa aus § 823 BGB
ergibt.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass § 823 BGB
keinen allgemeinen Vermögensschutz darstellt. D.h. nicht allein das Wegbrechen der Mieteinnahmen ist geschützt. Vielmehr ist ein Eingriff in das Eigentum selbst erforderlich. Dieses wurde durch den Beschluss (als Eingriff) allerdings nicht angegriffen.
Eine Fallgruppe des § 823 BGB
stellt allerdings auch ein Eingriff in den sog. „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ dar. Der Eigentümer der Tiefgarage könnte argumentieren, dass durch die beabsichtigte Schließung des Hauses eine Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebes vorliegt. Zu beachten ist allerdings, dass diese Fallgruppe einen sog. „betriebsbezogenen Eingriff“ voraussetzt. Da § 823 BGB
keinen allgemeinen Vermögensschutz sichert, erfordert ein betriebsbezogener Eingriff eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes (Palandt, BGB-Kommentar, § 823 Rz. 128). Keinen Eingriff in diesem Sinne stellt daher eine nur mittelbare Beeinträchtigung dar.
Ein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff liegt durch den Beschluss, das Haus nicht entsprechend den Auflagen zu sanieren, m.E. nicht vor.
Zudem wäre selbst bei einem unmittelbaren Eingriff zu berücksichtigen, dass dieser Eingriff auch rechtswidrig sein müsste.
Die Frage der Rechtswidrigkeit erfordert eine umfassende Interessens- und Güterabwägung mit den im Einzelfall kollidierenden Interessensphären (Palandt, BGB-Kommentar, § 823 Rz. 126). D.h. auf der einen Seite die Interessen des Eigentümers der Tiefgarage an der Ausübung seines Gewerbebetriebes und auf der anderen Seite die Interessen der Eigentümer des Hauses.
Einen Vorrang der Interessen des Eigentümers der Tiefgarage vor denen der Eigentümer des Hauses kann ich in Ihren Angaben nicht erkennen.
So war insbesondere die Baulast bekannt.
Bei der Abwägung und der Frage der Rechtswidrigkeit wäre auch zu beachten, dass Wohnungseigentümer grundsätzlich keiner sog. positiven Stimmpflicht unterliegen (Bärmann, WEG-Kommentar, § 26 Rz. 182, 183 m.w.N.). Positive Stimmpflicht bedeutet, dass die Mehrheit das Zustandekommen von zwingend notwendigen Beschlüssen nicht treuwidrig vereiteln darf. Da bei treuwidrigem Verhalten der WEG-Mehrheit für die Minderheit die Möglichkeit der Beschlussanfechtung besteht, wird diese positive Stimmpflicht nicht für erforderlich gehalten. Mangels positiver Stimmpflicht nebst Möglichkeit der Beschlussanfechtung ist ein Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern wegen der Art und Weise seiner Stimmrechsausübung aber auch grundsätzlich nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Dies gilt sowohl dann, wenn aufgrund einer missbräuchlichen Ausübung des Stimmrechts ein nachteiliger Beschluss gefasst wird, als auch in den Fällen, in denen ein vorteilhafter Beschluss verhindert wird (KG, WuM 1991, 130
; Staudinger/Bub, § 25 Rz. 240). Eine Schadensersatzpflicht kommt daher ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn durch ein Abstimmungsverhalten vollendete Tatsachen geschaffen werden, die selbst durch Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes nicht hätten verhindert werden können.
Auch dies liegt m.E. nicht vor.
Zudem sehe ich Probleme bei der Frage der Kausalität sowie des Mitverschuldens bzw. der Schadensminderungspflicht. Denn in diesem Zusammenhang wäre m.E. z.B. auch zu beachten, dass mit Wegfall der Nutzung des Hauses auch die Baulast (wenigstens insoweit) ihre Rechtfertigung verlieren dürfte, so dass dann auch eine anderweitige Vermietung möglich gewesen wäre.
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, sehe ich insgesamt erhebliche Probleme bei der Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche.
Da hinzu noch die Fragen der Beweisbarkeit der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen zu beachten sind, rate ich Ihnen, den konkreten Sachverhalt von einem Kollegen vor Ort eingehen prüfen zu lassen, wenn Sie die weitere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht ziehen. Anhand Ihrer Angaben wären weitere Ausführungen hier nur Spekulation, da für eine nähere Bewertung die Kenntnis sämtlicher Umstände und Hintergründe, Vereinbarungen und Verträge erforderlich wäre.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.
Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit - gerne auch per eMail - mit mir in Verbindung setzen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
§ 823 Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) 1Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. 2Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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