Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Das Bundesarbeitsgericht, BAG, Urt. v. 11.04.2006, 9 AZR 610/05
, hat dazu ausgeführt:
Eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam. Sie benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen.
Die Frage ist hier, ob dieses auch derart in Ihrem Arbeitsvertrag steht, also nicht danach differenziert wird, wie und durch wen eventuell das Arbeitsverhältnis beendet wird, sondern nur pauschal von Beendigung die Rede ist.
Nach Ihrer Schilderung gehe ich momentan davon aus, dass tatsächlich nur pauschal von einer Beendigung gesprochen ist.
Dieses können Sie mir am Besten noch im Wege der hier kostenlos möglichen Nachfragefunktion mitteilen, mir also den genauen Inhalt der Klausel zitieren.
Die Klausel ist jedenfalls derart, wenn sie so im Arbeitsvertrag enthalten ist, unwirksam, egal wie dann tatsächlich das Arbeitsverhältnis beendet wird (also hier durch Sie selbst).
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
hier der Wortlaut der Rückzahlungsvereinbarung:
Vereinbarung über die Rückzahlung von Kosten für berufliche Bildungsmaßnahmen zwischen der X Bank und Herrn W. wird folgende Vereinbarung geschlossen:
1.) Die X-Bank erstattet dem Angestellten die Kosten in Höhe von 4000 Euro für folgende Bildungsmaßnahme Y (hier wurden die genauen Termine aufgelistet) sowie die in diesem Zusammenhang entstehenden Übernachtungskosten.
2.) Herr W. verpflichtet sich die Rückzahlung des o.g. Betrages sowie der Übernachtungskosten, wenn sein Arbeitsverhältnis innerhalb von 48 Monaten nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme aus einem Grund, den Herr W. selbst zu vertreten hat (z.B. eigene Kündigung, Aufhebungsvertrag, personen- oder verhaltensbedingte ordentliche oder außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers) aufgelöst wird und zwar wie folgt: Je vollen Kalendermonat, der an der Gesamtfrist fehlt, 1/48 des unter Ziffer 1 genannten Betrages bzw. bei Ausscheiden vor Beendigung der Fortbildungsmaßnahme die bis dahin angefallenen Kosten in voller Höhe.
3.) Der Anspruch auf Rückzahlung wird fällig, sobald das Arbeitsverhältnis nicht mehr ungekündigt fortbesteht.
Bitte gehen Sie auch bei Ihrer Beantwortung auf die meiner Ansicht nach sehr lange Bindungsfrist von 48 Monaten ein, gegen die nur eine Seminardauer von 9 Tagen steht.
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihr Zitat der Klausel. Dazu nehme ich wie folgt Stellung:
Nach BAG, Urt. v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07
, gilt:
Gibt der Arbeitgeber eine zu lange Bindungsdauer (im Fall des BAG: 5 Jahre, hier 4 Jahre) vor, ist die daran geknüpfte Rückzahlungsklausel grundsätzlich insgesamt unwirksam. Ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht.
Die Bindungsdauer darf den Arbeitnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligen. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach Regelwerten, die jedoch einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind.
Jedoch kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die unzulässige Bindungsdauer auf eine zulässige zurückgeführt werden, wenn es wegen der einzelfallbezogenen Betrachtung für den Arbeitgeber objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer im Einzelfall zu bestimmen. Verwirklicht sich dieses Prognoserisiko, ist die Bindungsdauer durch ergänzende Vertragsauslegung zu bestimmen.
In Anbetracht dessen, dass es - wie Sie selbst sagten - nur 9 Tage ein Seminar hatten, scheint sich in Tat danach die Frage zu stellen, ob 4 Jahre nicht schon zu lange wären.
In denke, dieses lässt sich hier bejahen, da das BAG in der oben zitierten Entscheidung ausgeführt hat:
"Die Ausbildungszeit beläuft sich im Streitfall auf drei Monate und die Gesamtkosten stellen mit rund 4500 Euro (ähnliche Summe wie bei Ihnen) keine außergewöhnliche Belastung für den Arbeitgeber dar. Aus diesem Grund käme allenfalls eine zulässige Bindung von zwei Jahren in Betracht.
Eine geltungserhaltende Reduktion mit einer Reduzierung der überschüssigen Bindungsdauer auf das (noch) rechtlich zulässige Maß (2 Jahre) kommt nicht in Betracht. Eine solche Rechtsfolge ist im Gesetz nicht vorgesehen (§ BGB § 306 BGB
).
Auch eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet grundsätzlich aus. Sie kommt allenfalls in Betracht, wenn das Festhalten an dem Vertrag bei vollständiger Unwirksamkeit der Klausel für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das kann bei Rückzahlungsklauseln ausnahmsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber mit einem ungewöhnlichen Prognoserisiko belastet ist, etwa dann, wenn es für ihn objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da die Vereinbarung einer fünfjährigen Bindungsdauer offensichtlich unwirksam ist (was dann auch für 4 Jahre sicherlich gelten dürfte)" - Zitat Ende.
Daher können Sie sich meines Erachtens durchaus auf die vorgenannte Entscheidung berufen und dieses gegenüber Ihrem Arbeitgeber einwenden, wenn er Rückzahlung begehrt.
Die Klausel ist nach meiner Einschätzung unwiderbringlich nichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt