Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage(n), die ich wie folgt beantworte:
( 1 ) Gemäß § 98 StPO
dürfen Beschlagnahmen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden.
Nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO
soll der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt hat, binnen 3 Tagen eine richterliche Bestätigung beantragen, wenn der Betroffene bei der Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat.
( 2 ) Die sogenannte " Gefahr im Verzug " muss von den ermittelnden Beamten mit Tatsachen begründet werden. Fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus.
Ein tatsächlicher oder rechtlicher Irrtum über das Vorliegen dieser Gefahr macht das Ergebnis der Anordnung nach Auffassung der Rechtsprechung nur bei Willkür unverwertbar ( LG Osnabrück StV 91,152
; AG Offenbach NStZ 91,247
).
Von einem unnötigen Taktieren rate ich ab, zumal Sie ja die auf der Festplatte gespeicherten Daten dringend benötigen und auch ich hinsichtlich der persönlichen Gestaltung Ihrer Inneneinrichtung nicht einmal den Verdacht einer Straftat zu erkennen vermag.
Sie können gemäß § 98 Abs.2 Satz 2 StPO
jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.
( 3 )Gegen die richterliche Bestätigung der Beschlagnahmeanordnung oder die Ablehnung des Antrages nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO
ist die Beschwerde nach § 304 StPO
statthaft.
Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich ( eigenhändig unterschrieben ) eingelegt, § 306 Abs. 1 StPO
.
Eine Fristlauf wäre bei der Beschwerde nach § 304 StPO
nicht zu beachten. Mangels einer Gerichtsentscheidung können Sie derzeit jedoch keine Beschwerde nach § 304 StPO
einreichen.
( 4 ) An eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist zwar grundsätzlich zu denken. Ein bloßer Verfahrensfehler, wie der von Ihnen beschriebene ( Nichtbeantragung der richterlichen Entscheidung ), ist nach erster Beurteilung der Sach - und Rechtslage jedoch nicht ausreichend, um eine Dienstaufsichtsbeschwerde hinreichend zu begründen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
Anlage:
§ 98 ( Anordnung der Beschlagnahme )
( 1 ) Beschlagnahmen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen ( § 152
des Gerichtsverfassungsgesetzes ) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt darf nur durch den Richter angeordnet werden.
( 2 )Der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. Der Betroffene kann jederzeit die richterliche Entscheidung beantragen. Solange die öffentliche Klage noch nicht erhoben ist, entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk, die Beschlagnahme stattgefunden hat. Hat bereits eine Beschlagnahme, Postbeschlagnahme oder Durchsuchung in einem anderen Bezirk stattgefunden, so entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, die das Ermittlungsverfahren führt. Der Betroffene kann den Antrag auch in diesem Fall bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat. Ist dieses Amtsgericht nach Satz 4 unzuständig, so leitet der Richter den Antrag dem zuständigen Amtsgericht zu. Der Betroffene ist über seine Rechte zu belehren.
( 3 )...
( 4 )...
Sehr geehrter Herr Anwalt! Gleich nach Ihrer Antwort hatte ich per Fax beim Amtsgericht die richterliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO beantragt. Heute erhielt ich ein Schreiben des Gerichts. Darin sind alle damals beschlagnahmten Gegenstände nochmals als Liste aufgeführt. Darüber steht, dass die Beschlagnahme richterlich bestätigt wird, da die Gegenstände Beweismittel darstellen könnten. - Wohlgemerkt "darstellen KÖNNTEN", nicht "DARSTELLEN". Keine weitere Begründung, kein Hinweis darauf, was mir überhaupt KONKRET vorgeworfen wird (da steht immer noch "Betrug", so wie damals bei der Hausdurchsuchung). - Mir kommt es so vor, als ob der Richter das ganze "blind" entschieden hat. Er hat sich garantiert nicht näher mit dem Fall beschäftigt und er hat auch garantiert nicht den Staatsanwalt aufgefordert, Rechenschaft abzulegen. Auch der kurze Zeitraum, in dem die Entscheidung gefallen ist, ist für deutsche Gerichte doch sehr ungewöhnlich. Scheinbar kennen sich Staatsanwalt und Richter ganz gut, so dass der Richter dem Staatsanwalt einfach mal vertraut hat. Ich habe nun also ein Durchsuchungsprotokoll vom Mai 2006 und eine richterliche Bestätigung vom Februar 2007 - das stinkt doch schon zum Himmel und das hat doch mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts mehr zu tun! Ich kann also beweisen, dass das Ermittlungsverfahen bisher eher schlampig geführt wurde! - NUN MEINE FRAGE: Wie begründe ich eine Beschwerde nach § 304 StPO möglichst sinnvoll, so dass eine reale Chance auf Herausgabe der Gegenstände besteht? Wie wehre ich mich rechtlich gegen eine etwaige Ablehnung der Beschwerde?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage(n), die ich wie folgt beantworte:
Die Geschwindigkeit der Sachbearbeitung durch den Richter ist nicht zu beanstanden. Sie sollten sich mit der Kritik an der deutschen Justiz zurückhalten, zumal Sie für eine
Justizkumpanei keine schlüssigen Anhaltspunkte vortragen.
Die Prüfung des Gerichts, das dem Betroffenen vor der Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren hat ( § 33 III StPO
), gilt nicht der Frage, ob die Anordnung der Staatsanwaltschaft oder der Hilfsbeamten zu Recht ergangen ist, sondern erstreckt sich nur darauf,
ob die Beschlagnahme zur Zeit der Prüfung gerechtfertigt ist
( Schnarr NStZ 91, 214 mit weiteren Nachweisen ).
Der richterlichen Prüfung unterliegt aber, ob
GEFAHR IM VERZUG vorlag
und ob somit
die KOMPETENZ der Staatsanwaltschaft und ihrer Hilfsbeamten
für die Beschlagnahmeanordnung überhaupt gegeben war
( BVerfG NJW 02, 1333
).
Zu diesem Punkt könnte beispielsweise eine Beschwerde ansetzen, wenn nämlich mangels Gefahr in Verzug die Zuständigkeit für die Beschlagnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft und ihrer Hilfsbeamten nicht gegeben war. Um zu beurteilen, ob hier ein Ihre Grundrechte verletzender Verfahrensfehler besteht, muss die Beschlagnahmeanornung von einem Rechtsanwalt geprüft werden. Ohne Akteneinsicht kann also kaum eine seriöse Ausarbeitung der Beschwerde erfolgen.
Gegen eine ablehnende Entscheidung gegen die Beschwerde sind nach der StPO keine ordentlichen Rechtmittel statthaft. Daher sollten Sie um so mehr Wert darauf legen, dass diese von einem Anwalt auch fundiert ausgearbeitet wird. Ein "schnelles Fax" an das Gericht verspricht kaum Aussicht auf Erfolg.
Ich hoffe Ihre Frage(n) soweit zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt