Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworten möchte:
zu 1):
Das Fernabsatzgesetz wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 in das BGB integriert, und zwar weitgehend identisch in den §§ 312b – 312 d BGB.
Nach § 312b Absatz 3 Nr. 6 BGB
gelten die Vorschriften über Fernabsatzverträge unter anderem nicht für die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Unterbringung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen. Darunter fällt auch das Anmieten einer Ferienwohnung, so dass Sie von den verbraucherfreundlichen Regelungen dieser Vorschriften, insbesondere in Bezug auf das Widerrufsrecht, leider nicht profitieren können.
zu 2):
Ein Widerruf nach Vertragsabschluss ist nach den allgemeinen Regeln des BGB nicht möglich.
Es wäre jedoch zu überlegen, ob überhaupt ein Vertrag zu Stande gekommen ist, da Sie keine Bestätigung Ihrer Reservierung erhalten haben. Normalerweise sind für einen Vertragsschluss nach §§ 145 ff. BGB
zwei übereinstimmende Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme, erforderlich, wobei die Annahmeerklärung demjenigen, der das Angebot gemacht hat, auch zugehen muss.
Das Angebot stellt dabei in Ihrem Fall nicht etwa die Webseite der Vermieter dar, sondern Ihre Reservierungs-Email. Eine Annahmeerklärung ist Ihnen erkennbar nicht zugegangen.
Dennoch kann nach § 151 BGB
, der diesen Fall regelt, unter zwei Voraussetzungen ein Vertrag zu Stande gekommen sein. Und zwar ist dies entweder dann der Fall, wenn eine Annahmeerklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn derjenige, der das Angebot gemacht hat, darauf verzichtet hat.
Nach der Rechtsprechung besteht eine solche Verkehrssitte zwar bei kurzfristigen Reservierungswünschen für Hotelzimmer mit kurzer Aufenthaltsdauer, dies trifft aber meines Erachtens nicht auf Ihren Fall zu, da Sie die Ferienwohnung für einen Zeitraum von immerhin 5 Tagen anmieten wollten. Wie lange vorher Ihre Reservierung erfolgte, haben Sie leider nicht angegeben. Vielleicht könnten Sie dies bei Bedarf im Rahmen der Nachfragefunktion noch nachholen – ich gehe aber bei der weiteren Beantwortung jetzt zunächst davon aus, dass Sie nicht kurzfristig reserviert haben. Auch ein Verzicht Ihrerseits auf die Annahmeerklärung ist meines Erachtens weder ausdrücklich noch stillschweigend erfolgt.
Somit ist ein Vertrag, der hätte widerrufen werden müssen – soweit ich dies nach erster überschlägiger Prüfung sagen kann – erst gar nicht zu Stande gekommen.
zu 3):
Eine Zahlungsverpflichtung Ihrerseits besteht daher meines Erachtens nicht. Ob die Endreinigung von Ihnen übernommen werden müsste, würde sich nach dem Vertragsinhalt des Gastaufnahmevertrages bestimmen, der aber nach meinen obigen Ausführungen ja gerade nicht zu Stande gekommen ist.
Um aber ganz sicher zu gehen, dass Sie auf der Webseite der Vermieter nicht doch eine entgegenstehende Regelung übersehen haben, möchte ich Sie zusätzlich bitten, mir die Adresse der Seite zur genauen Prüfung per email zukommen zu lassen.
Gerne stehe ich Ihnen darüber hinaus noch im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion zur Verfügung sowie – falls es zu Problemen kommt und Sie dies wünschen – für eine Vertretung. Kontaktieren Sie hierzu einfach mein Büro über die oben genannten Kontaktdaten auf 123recht.net.
Mit freundlichen Grüßen,
Iris Sümenicht
Rechtsanwältin
email: kontakt@kanzlei-suemenicht.de
Antwort
vonRechtsanwältin Iris Sümenicht
Turnerstr. 49
33602 Bielefeld
Tel: 0521/5577117
Web: https://www.recht-und-friedlich.de
E-Mail:
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Internetadresse des Vermieters geht Ihnen per Email zu.
Gerade habe ich noch einmal unsere Bekannten kontaktiert, über deren Namen die Ferienwohnung gebucht wurde. Die Buchung erfolgte bereits im September. Es wurde mir nun mitgeteilt, dass es doch eine Email-Antwort auf die Reservierungsanfrage gab, mit dem Inhalt, dass sich die Vermieter auf unseren Besuch freuen würden. Ist dies als zweite Willenserklärung oder Annahmeerklärung zu werten und wenn ja, ist hier der Vermieter in der Beweispflicht, dass wir diese Email auch erhalten haben?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die hier sowie per email übermittelten weiteren Informationen. Ich kann Ihnen nun folgendes mitteilen:
Die Mail der Vermieter mit dem Inhalt, dass diese sich auf Ihr Kommen freuen, ist als Annahme Ihres Angebots zu werten. Somit ist ein Vertrag zu Stande gekommen.
Beweispflichtig für den Zugang der Mail sind die Vermieter. Eine E-Mail gilt dann als zugegangen, wenn Sie unmittelbar nach ihrer Absendung in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt. Der Empfänger hat sie dann noch zur Kenntnis zu nehmen, also von seinem Mailserver abzurufen. Tut er dies nicht, gilt die Mail trotzdem in dem Zeitpunkt als zugegangen, in dem üblicherweise mit einem Abruf gerechnet werden kann, also bei Privatpersonen wohl am Ende eines Werktages. Es genügt somit die Abrufbarkeit beim Empfänger. Kritisch ist jedoch die Beweisführung. Die Abrufbarkeit ist nicht durch eine Receipt-Meldung des Mailprotikolls beweisbar. Anders aber wohl bei Empfangs- und insbesondere Lesebestätigungsmails (ob eine solche hier angefordert wurde, ist mir bisher nicht bekannt). Dann dürfte ein sogenannter Anscheinsbeweis für die zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit vorliegen.
Sie sollten außerdem bedenken, dass Ihre spätere Stornierungsmail natürlich ein Indiz dafür darstellt, dass Sie von einem Vertragsschluss ausgingen.
Vertraglich dürfte, da u. a. auch Endreinigung vereinbart war, ein sogenannter Beherbungsvertrag (der oft auch Gastaufnahmevertrag genannt wird) vorliegen. Dabei handelt es sich um einen gemischttypischen Vertrag mit Grundelementen aus dem Mietrecht und mindestens eines anderen Vertragstyps, etwa des Kauf- oder Dienstvertrages.
Der wesentliche Inhalt des Beherbergungsvertrages bestimmt sich nach § 535 BGB
. Danach haben die Vermieter die vereinbarte Ferienwohnung während der Mietzeit zur Verfügung zu stellen. Der Gast hingegen ist zur Entrichtung der vereinbarten Miete verpflichtet, und zwar unabhängig davon, ob er die Wohnung tatsächlich nutzt. Dies ergibt sich aus § 537 BGB
, der lautet:
§ 537 BGB
(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.
(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.
Da es in Ihrem Fall keine spezielleren Vereinbarungen gibt, schulden Sie also grundsätzlich die gesamte vereinbarte Miete (es sei denn, die Wohnung wurde anderweitig vermietet, was aber anscheinend nicht der Fall war und aufgrund der sehr kurzfristigen Stornierung auch nicht wahrscheinlich ist). Der Vermieter muss sich aber den Wert der ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. Dies dürften hier die Kosten der Endreinigung sein sowie evtl. Kosten für die Bereitstellung von Bettwäsche, falls dies vereinbart war.
Falls diese Kosten genau 20 % der vereinbarten Miete entsprechen, ist das Begehren der Vermieter auf Zahlung von 80 % demnach angemessen. Falls diese Kosten weniger als 20 % ausmachen, ist das Zahlungsverlangen sogar besonders kulant, da die Vermieter nach der Gesetzeslage auch mehr verlangen könnten.
Nur für den Fall, dass diese Kosten 20 % des vereinbarten Mietpreises übersteigen, können Sie die Zahlung des überschüssigen Betrages mit dem Hinweis auf die Regelung in § 537 BGB
verweigern.
Ich hoffe, Ihre Fragen nunmehr erschöpfend beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Iris Sümenicht
Rechtsanwältin