Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst darf ich darauf hinweisen, dass die vertragliche Regelung der Schönheitsreparaturen i.d.R. vorgeht. Sollten Schönheitsreparaturen nicht erwähnt sein (was möglich ist bei einem so alten Mietvertrag), so ist davon auszugehen, dass die gesetzliche Regel gilt, wonach Schönheitsreparaturen Sache des Vermieters sind (§ 535 Abs. 1 S. 2
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). In diesem Fall sind die Tapeten in jedem Fall Vermietersache.
Wenn Ihre Eltern während der Mietzeit jeweils die Schönheitsreparaturen durchgeführt haben, so halte ich es mit der Rechtsprechung für eine unangemessene Benachteiligung, wenn man Ihnen zusätzlich die Entfernung sämtlicher Tapetenschichten auferlegt will, unabhängig vom tatsächlichen Zustand. Insbesondere wenn die Tapeten noch überstrichen werden können und dadurch ein angemessener Renovierungsstand erzielt werden kann, kommt eine Entfernung der Tapeten nicht in Betracht. Denn dadurch würde dem Mieter eine höhere Instandhaltungspflicht auferlegt, als sie der Vermieter dem Mieter selbst schulde.
Siehe hierzu: LG Mannheim, Urteil vom 19. August 1976, Az: 4 S 41/76
Quelle: ZMR 1977, 153-154
Ich halte daher die Forderung Ihres Vermieters für unberechtigt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.Abschließend darf ich Sie noch auf die Bewertungsfunktion hinweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die prompte und kompetente Antwort.
Nachfrage: der Hausbesitzer beruft sich darauf, daß er die Wohnung ohne Tapeten vor 50 Jahren vermietet habe und er unsere Tapeziererei als bauliche Veränderung sieht und deshalb den ursprünglichen Zustand ( nur verputzte Wände) wieder will "er will kein Papier auf den Wänden". Im Vertrag steht "besenrein mit allen Schlüsseln übergeben". Vor allem im Wohnzimmer hat mein Vater unter der damals modernen Grastapete eine dünne Styroportapete geklebt. Beim Ablösen der Grastapete ergibt sich also eine Oberfläche wie eine heute übliche Gipskartonwand, die lediglich noch gespachtelt und neu gestrichen werden müsste. Das Ablösen der Styroportapete wäre eine Katastrophe, da mein Vater eine Art Fliesenkleber benutzt hat, den man nur mit hohem Aufwand von der Wand bekäme (Grund für das Styropor war das damals sehr sparsame Heizen durch den Bauherrn).
Mein Kompromissvorschlag war:
Diele mache ich Tapete weg
Wohnzimmer entferne ich Grastapete, aber, dort wo vorhanden, nicht die Styroportapete
Anderes Zimmer bleibt sehr feine und völlig unbeschädigte Rauhfasertapete
Schlafzimmer belasse ich Tapete mit sehr leichter Struktur (hinter Kleiderschrank keine Tapete), die schon einmal ohne Probleme überstrichen war.
Wäre dies ein Kompromiss, mit dem ich auch bei einem Rechtsstreit gute Chancen hätte? (Bisher vom Hausbesitzer abgelehnt)
Vielen Dank für ihre Mühe
Ja, das wäre ein angemessener Kompromissvorschlag, insbesondere weil Sie eine Renovierung nach dem tatsächlichen Renovierungsbedarf gestaffelt ist.
Sollte sich der Vermieter auf den Kompromiss nicht einlassen, bleibt es bei meiner Antwort auf die Ausgangsfrage.