Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 BGB eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (BGH, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05 – Rdnr. 14, BGHZ 167, 40 ff.), wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (BGH, a.a.O., Rdnr. 15 ff.).
Eine Verkaufstätigkeit über die elektronische Handelsplattform eBay ist regelmäßig als gewerblich einzustufen, wenn der Anbieter als „Powerseller" registriert ist (OLG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 27.07.2004 – 6 W 54/04, GRUR 2004, 1042 und vom 22.12.2004 – 6 W 153/04, GRUR-RR 2005, 319, 320). Die (freiwillige) Registrierung als „Powerseller" ist jedoch umgekehrt keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese Einstufung kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wobei der Dauer und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.03.2007 - 6 W 27/07- Rdnr. 5).
Die Anzahl der Angebote innerhalb eines bestimmten Zeitraums ist eines der wichtigsten Indizien. Weiter konkretisiert hat der BGH dieses Indiz nicht. 91 Angebote in 5 Wochen wurde allerdings als gewerbliche Aktivität angesehen. Auch eine Mutter, die mit dem Verkauf der gebrauchten Bekleidung ihrer vier Kinder 80 Auktionen in einem Monat schaltete, wurde als gewerbliche Händlerin eingestuft (LG Berlin, Urteil vom 05.09.2006, Az. 103 O 75/06).
Der Anbieter von 10 neuen Markenartikeln (Bekleidung) wurde als Unternehmer angesehen (LG Frankfurt, Beschluss vom 08.10.2007, Az. 2/03 O 192/07).
Auch die Auflösung einer privaten Sammlung durch Verkauf über eBay kann bei einer großen Anzahl von angebotenen Einzelstücken als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert werden (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.03.2007 - 6 W 27/07 - Rdnr. 7).
Die Abgrenzung zwischen privater und unternehmerischer Aktivität kann im Einzelfall fließend sein. Es kommt immer auf eine Gesamtschau aller Umstände an. Man kann (und sollte) auch nicht allein auf BGH-Urteile abstellen. Die meisten Fälle werden nicht vom BGH entschieden. Ein Instanzgericht kann eine Abweichung von der BGH-Rechtsprechung immer damit begründen, der von ihm entschiedene Fall unterscheide sich von BGH-Fällen in Einzelheiten des Sachverhalts und sei deshalb anders zu bewerten.
In Ihrem Fall
- verkaufen Sie 20 Paar Schuhe jeweils einzeln; hier kann man von einer Vielzahl von Angeboten sprechen;
- es handelt sich um hochwertige Ware;
- es handelt sich um "neue" Ware.
Es widerspricht sich, wenn Sie einerseits ausführen, die Schuhe seien "neu", andererseits aber schon seit mehreren Jahren in Ihrem Besitz seien. (Können Sie letzteres durch Kaufquittungen nachweisen?).
In Ihrem Fall liegt nicht eindeutig eine private Verkaufstätigkeit vor. Dass die Auflösung und der Verkauf ihrer Sammlung über eBay als unternehmerisch-gewerbliche Tätigkeit von einem Gericht bewertet werden wird, kann nicht ausgeschlossen werden.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fällt die sog. "Spelulationssteuer" bei privaten Veräußerungsgeschäften von Nicht-Immoibilien an, wenn zwischen Erwerb und Weiterverkauf der Gegenstände weniger als ein Jahr liegt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Neuman,
danke für die Rückmeldung. Das meiste war mir bis dato schon bekannt.
In Bezug auf OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.03.2007 - 6 W 27/07, wo sie auch den Verkauf einer Sammlung erwähnen - Hier hat der Beklagte innerhalb eines Jahres fast 500 (!!!) bewertete Geschäfte getätigt.
Sie, als auch ich haben ja bereits festgestellt, dass eines der wichtigsten Indizien für ein gewerbliches handeln der Umfang ist innerhalb eines Zeitraumes. Ich stellte nun diese 20 Artikel ein, aufgrund Sammlungsauflösung. Es kommen keine weiteren dazu. Somit sollte doch der von Ihnen erwähnte Fall bzgl. der Sammlung in keinster Weise mit meinem verlgleichbar sein in der Schwere, da man bei 20 Artikeln, im Gegensatz zu 500, nicht von einer großen Anzahl sprechen kann und ich darüber hinaus die Sammlung nicht über einen längeren Zeitraum verkaufe, sondern mit einem Schlag zum Verkauf anbiete.
Zu Ihrer Frage: Kaufbelege liegen mir zum Teil noch vor, ich habe die Schuhe aber auch zum Teil von Dritten privaten VK erworben. Von diesen habe ich Größtenteils die originalen Rechnungen, die belegen, dass die Schuhe keine Fälschungen sind. Im Zweifelsfall könnte man diese unnötiger Weise, auch aals Zeugen benennen.
Unberührt dessen biete ich diese Artikel an - Es sollte doch, wie auch vielen Urteilen des BGH zu entnehmen, in erster Linie um nachweisbare Verkäufe gehen, also Bewertungen als Verkäufer auf dem Profil des eBay Verkäufers die tatsächliche Verkäufe beweisen - Ich habe bisher ein paar Schuhe verkauft und habe innerhalb von 14 Jahren ca. 20 Bewertungen als Verkäufer erhalten - Somit ist doch offensichtlich, dass ich keine gewerblichen Absichten habe, wenn ich nun eine Sammlung auflöse?
Wie schätzen Sie die Chance ein, wenn ich abgemahnt werde? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Abmahnkanzlei das Risiko eingeht, "das Ganze bis zum Ende durchzuziehen"? - Ich von meiner Seite werde keine strafbewährte Abmahnung unterzeichnen und bin bereit das voll durchzuziehen und auch bekannt zu geben gegenüber dem möglichen Abmahner. Natürlich könnte ich das auch gewinnen, vielleicht auch nicht. Jedenfalls besteht doch auch ein sehr hohes Risiko für den Mandanten der Kanzlei bzw. der Kanzlei das Risiko, dass sie erhebliche Kosten dadurch u.U. tragen müssen?
Ich bedanke mich hinsichtlich der Antworten auf Nachfragen im Vorraus.
Sehr geehrter Fragesteller,
eine Abmahnkanzlei wird gegen Sie vorgehen, wenn Sie von einem anderen Marktteilnehmer, der mit Ihnen konkurriert, hierzu beauftragt wird. Da eine Kanzlei an jedem Fall Geld verdient, wird sie die Messlatte, bei der sie ihrem Auftraggeber von einer Rechtsverfolgung abrät, nicht sehr hoch anlegen.
Die Anzahl Ihrer Bewertungen ist lediglich ein Indiz für das Vorliegen unternehmerischen Handelns - aber kein ausschließliches. Es kann hinter andere Merkmale, die auf unternehmerisches Handeln schließen lassen, zurücktreten. Außerdem können Sie eine unternehmerische Tätigkeit erst vor kurzem aufgenommen haben. Was vor 14 Jahren war, ist wenig aussagekräftig.
Wichtig ist, dass Sie nachweisen können, wann Sie die Schuhe erworben haben. Wenn Sie die Schuhe in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Weiterverkauf erworben haben, spricht dies sehr stark für eine gewerbliche Betätigung und gegen das Anlegen einer Sammlung. Es wäre daher sehr vorteilhaft für Ihre Rechtsposition, wenn Sie nachweisen können, dass der Erwerb der Schuhe durch Sie zum Zeitpunkt Ihrer Verkaufsbemühungen schon mehrere Jahre zurücklag. (Dies kann in einem Prozess auch durch Zeugenaussagen nachgewiesen werden. Zu bedenken ist aber, dass sich Zeugen nach mehreren Jahren oft nur noch schlecht oder gar nicht mehr erinnern können. Urkunden und schriftliche Belege sind immer die besseren und zuverlässigeren Beweismittel.)
Es gibt keine feste Untergrenze für die Zahl der Verkäufe und Verkaufsangebote, die im Internet gemacht werden müssen, damit eine Verkaufstätigkeit als gewerblich qualifiziert wird. (Es zählen auch Verkaufsangebote, nicht nur die tatsächlich getätigten Verkäufe.) Wenn z.B. ein Gericht entschieden hat, dass bei 500 Verkäufen ein gewerbliches Handeln vorliegt, folgt daraus nicht, dass bei weniger als 500 Verkäufen kein gewerbliches Handeln angenommen werden kann. Dies kann auch schon bei wesentlich weniger als 500 Angeboten/Verkäufen der Fall sein. Ich weise nochmals auf die oben zitierten Entscheidungen hin, die 10 bzw. 80 Verkäufe bereits als ausreichend für eine gewerbliche Tätigkeit angesehen haben.
Es wäre unseriöse "Kaffeesatzleserei", genaue Prozentzahlen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit zu nennen, dass Sie rechtlich in Anspruch genommen bzw. verklagt werden, oder dass Sie in einem Rechtsstreit unterliegen (etwa : "Ihr Unterliegensrisiko beträgt genau 36,87%."). Genau kann man das nicht voraussagen, da Gerichte nicht immer einheitlich entscheiden, und auch nicht jede denkbare Fallkonstellation bereits entschieden worden ist. Es besteht aber für Sie ein, wenngleich auch nicht zwingendes, aber doch nicht unerhebliches Prozess- und Unterliegensrisiko. Darauf sollten sie sich einrichten.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt