Guten Morgen,
gerne gehe ich auf Ihre Fragen wie folgt ein:
CE-Kennzeichnung:
Grundsätzlich müssen elektrische und elektronische Produkte, die in den Anwendungsbereich einschlägiger Richtlinien (wie der Niederspannungsrichtlinie und der Richtlinie 2014/30/EU (EMV-Richtlinie)) fallen, vor dem Inverkehrbringen in der EU die CE-Kennzeichnung tragen. Entscheidend ist hier, ob Ihr Endprodukt – auch wenn es als Bausatz verkauft wird – als „fertiges" elektrisches Gerät gilt. Werden alle relevanten Bauteile (Gehäuse, PCB, vorbeschaltete Elektronik) von Ihnen bereitgestellt und ist die Funktionalität im Endzustand klar definiert, sind Sie als Hersteller in der Regel dafür verantwortlich, dass das gesamte Gerät die entsprechenden Sicherheits- und EMV-Anforderungen erfüllt. Zwar gibt es im Bereich DIY-Bausätze teilweise Auslegungen, wonach der Endanwender durch eigenständige Zusammenbauarbeiten (etwa Löten von bestimmten Bauelementen) einen wesentlichen Montageschritt übernimmt – dies kann unter Umständen den Umfang der Herstellerverantwortung mindern –, jedoch ist diese Frage im Zweifel nicht eindeutig. Es empfiehlt sich, im Vorfeld genau zu prüfen – eventuell auch durch eine Fachstelle – ob Ihr Produkt als „vollständig" zu bewerten ist oder ob eine Ausnahme (etwa als reiner Bausatz für Hobbybastler) in Betracht kommen könnte. In der Praxis wird häufig verlangt, dass auch Bausätze die CE-Kennzeichnung tragen, sofern sie als Endprodukt verwendet werden können.
In Deutschland kommen hier Einrichtungen wie der TÜV (zum Beispiel TÜV SÜD oder TÜV Rheinland), Dekra oder das VDE Prüfzentrum infrage. Diese Stellen können für Ihr Produkt die notwendigen Tests durchführen, Ihnen entsprechende Zertifikate ausstellen und beratend zur Seite stehen, um die Einhaltung der relevanten EU-Richtlinien und Normen sicherzustellen.
WEEE-Richtlinie:
Die WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) gilt grundsätzlich für alle elektrischen und elektronischen Geräte, die auf den Markt gebracht werden. Dabei spielt es in erster Linie keine Rolle, ob das Gerät als komplett montiertes Endgerät oder als Bausatz angeboten wird. Wenn Ihr Produkt nach Zusammenbau als Elektro- bzw. Elektronikgerät verwendet wird, müssen Sie – als Inverkehrbringer – die entsprechenden Pflichten (Registrierung, Rücknahmepflichten etc.) erfüllen. Auch hier kann im Einzelfall diskutiert werden, ob die Eigenmontage durch den Endanwender zu einer Herabstufung des Verantwortungsumfangs führt; die gängige Rechtsauffassung ist jedoch, dass die Inverkehrbringung eines Bausatzes, der in seiner Gesamtheit sicherheitsrelevante Funktionen enthält, grundsätzlich auch unter die WEEE-Pflichten fällt!
Fachkenntnisse und DIY-Charakter:
Das Erfordernis, dass Bauteile (z. B. Bauelemente) durch Löten aufgebracht werden müssen, spricht dafür, dass der Zusammenbau des Endgeräts technisches Know-how voraussetzt. Insofern kann argumentiert werden, dass es sich um einen Bausatz handelt, der von einem fachkundigen Endanwender (oder Hobbybastlern mit entsprechenden Vorkenntnissen) selbst zusammengebaut werden muss. Dies kann sich – in Einzelfällen – auch entlastend auf bestimmte Pflichten auswirken, da das Produkt nicht als komplett vorgefertigtes Gerät in den Verkehr gebracht wird. Allerdings wird in der Regel vorausgesetzt, dass der Bausatz mit einer ausführlichen Montageanleitung versehen ist, sodass auch weniger erfahrene Nutzer das Gerät fachgerecht zusammensetzen können. Letztlich dürfte die Bewertung aber davon abhängen, wie umfangreich und schwierig die Montage tatsächlich ist.
EMV-Prüfung bei Kombination mit Funkmodulen:
Wenn Sie beispielsweise ein Funkmodul integrieren, wird die Gesamtsystemlösung hinsichtlich elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV/EMC) relevant. Selbst wenn der Bausatzcharakter vorliegt, muss das Endprodukt – nach dem Zusammenbau – den Anforderungen der EMV-Richtlinie genügen. Hierbei kann es sein, dass eine EMV-Prüfung notwendig wird, um sicherzustellen, dass das kombinierte System weder unzulässig Störungen aussendet noch durch externe Störungen beeinträchtigt wird. Falls Sie vorgefertigte, bereits zertifizierte Funkmodule einsetzen, kann dies den Prüfungsaufwand reduzieren, denn unter Umständen können Sie auf vorhandene Zertifikate verweisen. Allerdings muss regelmäßig geprüft werden, ob die Integration in Ihr Gesamtsystem keine negativen Auswirkungen auf die EMV-Eigenschaften hat. Ein Verkauf als Bausatz entbindet Sie in diesem Fall nicht per se von der Pflicht, eine entsprechende Konformität zu gewährleisten.
Zusammenfassend sollten Sie also – wenn Sie diese Produkte in Deutschland bzw. in der EU in Verkehr bringen möchten – im Idealfall die entsprechenden Konformitätsbewertungen (CE-Kennzeichnung, EMV-Prüfung) durchführen oder durch eine fachkundige Stelle (zB TÜV) bestätigen lassen. Die Regelungen der WEEE-Richtlinie gelten grundsätzlich auch für Bausätze, sofern diese als Elektro-/Elektronikgeräte eingesetzt werden. Der erforderliche Montageaufwand (Lötarbeiten etc.) kann zwar unter Umständen den Charakter eines Bausatzes unterstreichen, ändert aber nichts daran, dass die Sicherheit und EMV-Konformität des Endprodukts gewährleistet sein muss. Es empfiehlt sich meines Erachtens, eine technische Konformitätsprüfung in Anspruch zu nehmen, um den Markteintritt ohne gravierende Risiken zu realisieren.
Viele Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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