Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes wie folgt:
Zur Frage der Einzelermächtigung:
Grundsätzlich besteht in Versicherungsverträgen wie dem von Ihnen abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsvertrag die Ihrerseitige Obliegenheit, dem Versicherungsunternehmen die Möglichkeit einzuräumen, dass es das Vorliegen eines Versicherungsfalles prüfen kann.
Kommt der Versicherungsnehmer dieser Obliegenheit nicht nach, kann es gem. § 28 VVG
unter Umständen dazu führen, dass das Unternehmen vom Vertrag zurücktreten kann oder aber leistungsfrei wird.
Um die Einschätzung des Versicherungsfalles nun vornehmen zu können benötigt das Unternehmen Informationen der behandelnden Ärzte. Wegen der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf Patientendaten dürfen Ärzte nun bei Vorliegen einer entsprechenden Schweigepflichtsentbindungserklärung die Informationen herausgeben.
Nun weisen Sie richtigerweise auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes hin (Beschl. v. 23. 10. 2006, 1 BvR 2027/02
), wonach das höchste deutsche Gericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Versicherungsnehmers in einem ähnlich gelagerten Fall in gewisser Weise über das ebenfalls hohe Interesse des Versicherungsunternehmens auf Offenbarung gegenübergestellt hat.
So führte das Gericht aus: „ Das Versicherungsunternehmen könnte zusammen mit der Mitteilung, welche Informationserhebungen beabsichtigt sind, dem Versicherten die Möglichkeit zur Beschaffung der Informationen oder jedenfalls eine Widerspruchsmöglichkeit einräumen. Im Übrigen bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, eine Schweigepflichtentbindung wie die hier umstrittene vorzusehen und dem Versicherten die denkbaren Alternativen freizustellen. Dem Versicherten müsse allerdings die Möglichkeit zu informationellem Selbstschutz geboten werden, die er auch ausschlagen kann."
In dem Beschluss wird aber auch ausgeführt, dass es „im Übrigen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestünden, eine (weit gefasste) Schweigepflichtentbindung vorzusehen und dem Versicherten die denkbaren Alternativen freizustellen. Dem Versicherten müsse allerdings die Möglichkeit zu informationellem Selbstschutz geboten werden, die er auch ausschlagen kann."
Mit anderen Worten hat das Gericht in dem Beschluss diejenige Vorgehensweise angeprangert, bei der das Versicherungsunternehmen dem Versicherten eine allumfassende Schweigepflichtsentbindungserklärung vorlegt und weiter keine Möglichkeiten aufzeigt, wie persönliche Daten zu schützen seien.
In Rede wurde die Möglichkeit gestellt, dass über jede Informationseinholung informiert werden muss und der Versicherte die Möglichkeit eines Widerspruches erhält.
Nun gibt die Ihnen vorgelegte Schweigepflichtsentbindungserklärung Ihnen nicht das Recht des Widerspruches. Insofern gäbe es hier durchaus Möglichkeiten den Eingriff in Ihre Persönlichkeitsrechte zu verkleinern.
Ich kann Sie aber mit Verweis auf § 28 VVG
nur warnen ohne Abstimmung mit dem Unternehmen eine von Ihnen verfasste Schweigepflichtsentbindungserklärung vorzulegen.
Die von Ihnen verwendete Schweigepflichtsentbindungserklärung sollte zunächst juristisch überprüft und – wegen der essentiellen in Rede stehenden Ansprüche aus der Versicherung – im Benehmen mit dem Versicherungsunternehmen erklärt werden.
Was die Befangenheit der Ärztin angeht, so müssen Sie beachten, dass Ihr Verfahren sich derzeit in dem Stadium befindet, in dem die Versicherungsgesellschaft die mögliche Einstandspflicht überprüft.
Dieses Überprüfungsrecht ist ein eigenständiges Recht des Unternehmens und die Prüfung wird auch nach eigenen Maßstäben des Unternehmens durchgeführt.
Ob die Prüfung rechtmäßig ist, kann später – nach einer erfolgten Ablehnung – geprüft werden.
In dem jetzigen Stadium gibt es noch keine Kategorie der Befangenheit. Derzeit stehen Ihren noch keine Rechtsmittel zur Verfügung. Dies ändert sich mit der Entscheidungsfindung und der Feststellung: Versicherungsfall ja oder nein.
Sodann haben Sie die Möglichkeit auf Feststellung der Einstandspflicht oder sogleich auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu klagen.
Im Rahmen solcher Verfahren würde dann die Befangenheit der Ärztin eine Rolle spielen – nämlich im Rahmen der Würdigung der Beweismittel.
Zum jetzigen Zeitpunkt sollten Sie sich eher darauf konzentrieren mögliche spätere Beweismittel zu sichern. Eventuell können Sie ein Gedächtnisprotokoll über den Ablauf des Verfahrens oder bestimmter Untersuchungen fertigen.
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Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Drewelow
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Rechtsanwalt Mathias Drewelow
Fachanwalt für Familienrecht
Sehr geehrter Herr Drewelow,
besten Dank für Ihre Antwort.
Sämtliche Bögen wurden ausgefüllt unbd der BUV zugesandt, d. h. die Ärztin zeigte sich kooperativ. Von daher war die Scheigepflichtsentbindungerklärung nun nicht mehr Thema.
Alle anderen Ärzte, Gutachter der PKV und unabhängige Gutachter, da vom Fach, konnten ordnungsgemäß beantworten und haben BU verifiziert und entsprechende Bögen der Versicherung anstandslos zukommen lassen. Eine Änderung, ggf. Besserung, des gesundheitl. Zustandes wäre erst mit einer erneuten Revisions-OP möglich, die aber gegenwärtig problematisch ist, weshalb alle behandelnden Ärzte (darunter 2 Professoren, bei denen ich in Behandlung war/bin) und Gutachter dringlich davor abgeraten haben, diese jetzt anzudenken, sondern frühestens in zwei Jahren. Sollte die BUV sich nicht kooperativ zeigen, werde ich meine Stammkanzlei beauftragen. Medizinisch betrachtet ist mein Fall mehr als eindeutig und die BUV ist eigentlich in der Pflicht zu regulieren. Hoffen wir es. Die Lebenswirklichkeit sieht gelegentlich so aus, wie hier beschrieben:
http://www.capital.de/finanzen/:Berufsunfaehigkeitsversicherung--Zahlt-er-oder-zahlt-er-nicht/100024132.html
Besten Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
ein interessanter Artikel!
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Mathias Drewelow
(www-mv-recht.de)