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Nicht begründete Umsetzung

1. November 2024 15:55 |
Preis: 35,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit über 10 Jahren arbeite ich als ausgebildeter Erzieher im Bereich Ambulant Betreutes Wohnen.

Aufgrund der sehr weiten Entfernung zu meiner letzten Arbeitsstelle, habe ich mich im Herbst 2023 entschlossen, zum 01.11.2023 zu meinem jetzigen Arbeitgeber in der Nähe, ebenfalls als Erzieher im Ambulant Betreuten Wohnen, zu wechseln. Dort bin ich unbefristet und Vollzeit mit Arbeitszeiten von montags, dienstags, mittwochs und freitags von 09:00-17:00 Uhr und donnerstags von 11:00-19:00 Uhr, sowie an 2 Tagen pro Monat am Wochenende, beschäftigt. Also an einem Samstag und einem Sonntag.

Nach kurzer Zeit wurde dort eine Stelle in der Tagesstruktur (Stelle ohne aufsuchende Tätigkeit) frei und ich entschloss ich mich, mich darauf zu bewerben. Auf meine Nachfrage, ob ein Wechsel in diesen Bereich möglich sei, wurde mir von meinem Vorgesetzten mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei, da ich im ambulant BeWo gebraucht würde. Auf der Internetseite meines Arbeitgebers sah ich,
dass in der benachbarten Stadt ebenfalls eine offene Stelle in der Tagesstruktur angeboten wurde. Also bewarb ich mich darauf. Im Anschluss daran teilte man mir mit, dass meine Beschäftigung in der Tagesstruktur an meinem aktuellen Arbeitsort nun doch möglich sei und ich dort nach
meinem Sommerurlaub starten könnte. Leider wurde mir dies nicht schriftlich bestätigt, allerdings durch mehrere Führungskräfte zugesagt.

Kurz vor meinem Sommerurlaub trat der traurige Fall ein, dass mein Vater im Sterben lag, was mich psychisch aus der Bahn warf und ich 2 Wochen nicht arbeitsfähig war. Als ich nach dem direkt anschließenden Sommerurlaub zurückkehrte, teilte man mir morgens am ersten Tag mit, dass die Stelle in der Tagesstruktur nun doch nicht mehr für mich zur Verfügung stünde, da man nicht wusste, ob ich nach meiner 4-wöchigen Krankheit überhaupt einsatzbereit wäre und stellte mir im Anschluss daran den neuen Kollegen dieser Stelle vor. Diese Begründung war offensichtlich aus der Luft gegriffen, da ich ja nur 2 Wochen krankheitsbedingt abwesend war und nicht 4. Dies schien den Vorgesetzten auf meinen HInweis hin allerdings keineswegs peinlich zu sein und zeugte von reiner Willkür.

Daraufhin erledigte ich meine bisherige Arbeit weiter, wenn auch etwas unmotiviert, nach diesem Vertrauensbruch und sehr fragwürdigem moralischen Verhalten.

Ich fing an, mich anderweitig nach Stellen umzusehen und habe dies nicht verheimlicht. Leider führten meine Bewerbungen bislang nicht zum Erfolg.

Im Oktober diesen Jahres war ich erneut 3 Wochen arbeitsunfähig. Während meiner AU erhielt ich einen Anruf meines Arbeitgebers auf mein privates Handy, den ich mich nicht imstande sah, zu beantworten. Ich bat allerdings um schriftliche Mitteilung, worum es gehe. Einen Tag darauf erhielt ich ein Einwurfeinschreiben mit der Mitteilung meiner Umsetzung mit dem Starttermin eine Woche
später in den Gruppendienst mit behinderten Menschen. Dieses Schreiben war sehr kurz gehalten, ohne Angabe einer Begründung und ohne jegliche Information über die künftige Stelle.

Diese Tätigkeit umfasst im wöchentlichen Wechsel eine Früh- (06:00-14:00 Uhr) und Spätschicht (13:00-20:00 Uhr) sowie zwei komplette Wochenenddienste (also 4 Tage). Zwar gibt es einen entsprechenden Ausgleich an einem anderen Wochentag, diese Arbeitszeiten sind aber meiner Meinung nach unzumutbar für mich, als Familienvater zweier Kinder und Ehemann einer ebenfalls berufstätigen Frau. Während der Spätschichten würde ich meine Kinder gar nicht sehen und gemeinsame Freizeitaktivitäten am Wochenende sind auch nur noch beschränkt möglich.
Des Weiteren umfasst die Tätigkeit pflegerische Aspekte sowie die Medikamentenvergaben, die ich nicht gelernt habe. Es liegt ebenfalls nicht in meiner Natur mit behinderten Menschen zu arbeiten und die Situation ist sehr belastend für mich.

Gerne hätte ich Ihren Rat, ob diese Umsetzung rechtens ist und ob ich mich damit einverstanden zeigen muss.

Für mich gilt der Tarifvertrag des TvÖD AVR der Caritas SuE.

Ich freue mich über eine Einschätzung, ob dieses Verhalten meines Arbeitgebers korrekt ist oder ob eine Chance besteht, diese abzulehnen.

Vielen Dank und beste Grüße
M.A.

1. November 2024 | 16:46

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Schilderung wirft mehrere arbeitsrechtliche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Versetzung und der Zumutbarkeit der neuen Arbeitsbedingungen. Nachfolgend möchte ich die rechtlichen Aspekte beleuchten.

1. Versetzung und Weisungsrecht des Arbeitgebers

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht, das ihm erlaubt, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 106 Gewerbeordnung). Dieses Weisungsrecht wird jedoch durch den Arbeitsvertrag, Tarifverträge und gesetzliche Bestimmungen begrenzt.

Da für Sie die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas Anwendung finden, sind insbesondere die Regelungen der Anlage 33 relevant, die besondere Bestimmungen für den Sozial- und Erziehungsdienst enthalten. Diese Richtlinien können spezifische Vorgaben zur Versetzung und den damit verbundenen Arbeitsbedingungen enthalten.

Es ist davon auszugehen, dass die Versetzung grundsätzlich vom Weisungsrecht umfasst ist. Der Arbeitgeber ist dennoch verpflichtet sein Recht nach billigem Ermessen auszuüben. Die Tätigkeit sowie die damit einhergehenden Bedingungen müssen für Sie zumutbar sein.

2. Zumutbarkeit der neuen Arbeitszeiten

Die neuen Arbeitszeiten mit wechselnden Früh- und Spätschichten sowie regelmäßigen Wochenenddiensten stellen eine erhebliche Änderung dar. Die Zumutbarkeit solcher Arbeitszeiten hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter familiäre Verpflichtungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Es gibt keine allgemeingültige gesetzliche Definition für "zumutbare Arbeitszeiten" für Eltern. Allerdings sind Arbeitgeber verpflichtet, bei der Gestaltung von Arbeitszeiten auf die familiären Belange der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Insbesondere für alleinerziehende Elternteile hat die Rechtsprechung anerkannt, dass Arbeitgeber bei der Anordnung von Überstunden oder Schichtarbeit die Betreuungspflichten berücksichtigen müssen. Auf Seiten des Arbeitgebers müssen dahingegen betriebliche Belange die Entscheidung stützen und gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.

Eine abschließende Bewertung ohne die Gründe des Arbeitgebers zu kennen ist nicht möglich. Ihre Schilderung lässt allerdings einige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versetzung zu. Es erscheint eher so, dass der Arbeitgeber Ihnen die Arbeit erschweren möchte.

3. Anforderungen an die Qualifikation

Die neue Tätigkeit umfasst pflegerische Aufgaben und die Vergabe von Medikamenten. Wenn Sie hierfür nicht entsprechend qualifiziert sind, könnte dies problematisch sein. Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter grundsätzlich nur für Tätigkeiten einsetzen, für die sie qualifiziert sind, es sei denn, es werden entsprechende Schulungen angeboten und die Qualifizierungen nachgeholt.

4. Vorgehensweise

- Gespräch mit dem Arbeitgeber: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, um Ihre Bedenken hinsichtlich der neuen Tätigkeit und der Arbeitszeiten zu äußern. Möglicherweise kann eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.

- Einschaltung der Mitarbeitervertretung: Falls vorhanden, können Sie die Mitarbeitervertretung oder den Betriebsrat einschalten, um Unterstützung zu erhalten.

- Schriftliche Stellungnahme zur Versetzung: Formulieren Sie Ihre Bedenken nach dem Gespräch ggf. schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber und fordern Sie ihn auf, die Versetzung rückgängig zu machen.

- Klage: Wenn alle Maßnahmen scheitern bleibt nur der Weg vor das Arbeitsgericht. Denn solange kein anderslautendes Urteil existiert, sind Sie verpflichtet der Weisung zunächst nachzukommen, um keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu riskieren.

Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter und stehe Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Hussein Madani
Rechtsanwalt


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