Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Grundsätzlich gilt, dass nach dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung jeder Ehegatte für sich selbst verantwortlich ist und selbst seinen Lebensunterhalt zu bestreiten hat.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Eine Ausnahme ist ein nachehelicher Unterhaltsanspruch wegen Krankheit.
Ein solcher Fall könnte ich hier vorliegen.
2.
Sie schreiben, Ihre geschiedene Ehefrau sei Alkoholikerin. Der Begriff des Alkoholikers ist im allgemeinen Sprachgebrauch sehr vielschichtig, ich unterstelle aber, dass Ihre geschiedene Ehefrau alkoholkrank ist.
In einem solchen Fall besteht grundsätzlich ein nachehelicher Unterhaltsanspruch wegen Krankheit. Allerdings kommt es auf den Einzelfall an. Maßgebend ist die Frage, ob sich Ihre geschiedene Ehefrau wegen der Alkoholkrankheit ärztlich behandeln lässt. Im Fall einer ärztlichen Handlung werden sie vermutlich Nachehelichen Unterhalt zahlen müssen.
Lässt sich Ihre geschiedene Ehefrau jedoch nicht behandeln oder verweigert sie sogar eine medizinische Behandlung, wird sie ihren Unterhaltsanspruch verlieren.
D.h., die erste Weichenstellung für die Beurteilung ist die Frage, ob die Alkoholerkrankung der geschiedenen Ehefrau behandelt wird oder nicht.
Gibt es keine Behandlung und nimmt die Ehefrau ihre Alkoholsucht einfach hin, wird sie keinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt mehr haben.
Gibt es eine Behandlung, müsste man prüfen, welcher Art die Behandlung ist und wie ernsthaft die geschiedene Ehefrau die Behandlung wahrnimmt, um wieder „trocken" zu sein.
3.
Ihre Ehefrau wird sich einer ärztlichen Behandlung unterziehen müssen oder eine gezielte Suchttherapie zu absolvieren haben. Ferner muss die geschiedene Ehefrau nachweisen, welche Heilbehandlungen und Therapiemaßnahmen erfolgt sind. Das hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2006 entschieden.
Kommt Ihre Ehefrau diesen Pflichten nicht nach, kann das zum Ausschluss des Unterhaltsanspruchs führen.
Im Streitfall muss Ihre geschiedene Ehefrau den Nachweis erbringen, dass sie krankheitsbedingt nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Guten Morgen Herr Raab,
vielen Dank für die Antwort. Ich hatte den Hausverkauferlös erwähnt, um zu erfahren ob dieser als Beitrag zum Lebensunterhalt herangezogen werden kann?
Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Ein Unterhaltsanspruch setzt stets auch voraus, dass der potentielle Unterhaltsberechtigte, hier also Ihre Ehefrau, bedürftig ist.
Die Bedürftigkeit wird man verneinen können, wenn ein ausreichendes Vermögen vorhanden ist.
2.
Von maßgeblicher Bedeutung ist der Betrag, den Ihre geschiedene Ehefrau aus dem Verkauf der gemeinsamen Immobilie erhalten hat. So macht es unterhaltsrechtlich einen erheblichen Unterschied, ob sich der Anteil, den Ihre Ehefrau bezogen hat, beispielsweise auf 50.000 € beläuft oder auf 1 Million €.
Man wird, sollte sich, wie in meinem Beispielsfall, der Erlös, der an die Ehefrau geflossen ist, auf einen Betrag in der Größenordnung von 50.000 € belaufen, argumentieren können, dass dieser Betrag nicht für den laufenden Unterhalt herangezogen werden muss, sondern auch als Grundlage für eine Altersversorgung dienen kann.
Hier kommt es aber auf den jeweiligen Einzelfall an. Pauschal kann man die Frage, ob der Verkaufserlös beim Unterhalt berücksichtigt werden muss, nicht beantworten.
Ist der Erlös, der an Ihre Ehefrau geflossen ist, verhältnismäßig hoch und ist ihre Ehefrau, zum Beispiel aufgrund von Lebensversicherungen, im Alter abgesichert, wird eine Anrechnung in Betracht kommen. Wie hoch diese Anrechnung ist, hängt von dem Verkaufserlös einerseits ab und auch von der Frage, ob eine ausreichende Alterssicherung vorhanden ist. Im Streitfall wird der Richter eine entsprechende Wertung vornehmen.
Als Grundlage kann man in etwa folgenden Weg aufzeichnen: Sofern die geschiedene Ehefrau einen nachehelichen Unterhaltsanspruch hat (Krankheit), kommt es darauf an, ob sie so vermögend ist, dass sie von ihrem Vermögen leben kann und auch im Alter abgesichert ist.
3.
Die Frage, ob und gegebenenfalls wie viele Bewerbungen Ihre Ehefrau nachweisen muss, hängt vom Zustand ihrer Erkrankung ab. Aus der Sachverhaltsschilderung lässt sich nicht ersehen, ob Ihre geschiedene Ehefrau überhaupt noch arbeitsfähig ist.
Sollte sie arbeitsfähig sein, reicht es sicherlich nicht aus, wenn sie im Monat zehn Bewerbungen schreibt. Eine Größenordnung von vielleicht 50 oder mehr Bewerbungen wäre angemessen. Aber auch diesbezüglich müsste ich wissen, ob die geschiedene Ehefrau überhaupt noch in der Lage ist, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen.
Das sind wesentliche Problempunkte, die es gilt herauszuarbeiten, bevor man weitere Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlagen hat.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt